[nextpage title=”Das Blatt hat sich zum Positiven gewendet”]Timo Horn musste mit dem 1. FC Köln in dieser Saison bislang schon 30 Gegentreffer hinnehmen. Nur insgesamt 20 waren es in der Aufstiegssaison 2013/14. Im Interview mit dem GEISSBLOG.KOELN sprach der Torhüter über die Unterschiede zur letzten Aufstiegssaison, der aktuellen Unruhe im Verein und seinen Nationalmannschaftsambitionen.
Das Interview führte Marc L. Merten
GBK: Drei Siege in den letzten drei Spielen, am Mittwoch gab es eine Zu-Null-Wurst für den Sieg in Aue ohne Gegentor. Was hat sich für Sie geändert, sodass in den letzten drei Spielen die Ergebnisse wieder gestimmt haben?
TIMO HORN: Auswärts sind wir ja die ganze Saison über sehr konstant in unseren Ergebnissen, weil wir da etwas anders spielen als zuhause, etwas defensiver stehen. Auch, wenn wir nicht unbedingt spielerisch die bessere Mannschaft waren, haben wir in Aue und Ingolstadt lange die Null gehalten und dann zum richtigen Zeitpunkt unsere Tore geschossen. Wichtig war, dass wir unsere Spiele konzentriert runtergespielt haben. Die Ergebnisse waren in dieser Woche wichtig.
Was herrscht nach diesen drei Spielen für ein Gefühl in der Mannschaft?
Das Blatt hat sich zum Positiven gewendet. Nach Paderborn hingen die Köpfe, danach mussten wir uns wieder aufbauen. Mit den Siegen konnten wir das Selbstbewusstsein tanken, das merkt man auch im Training. Das müssen wir jetzt mit in die nächsten Spiele nehmen.
Sie sprechen Paderborn an: Wie haben Sie die Kritik an Ihrer Person nach dem 2:3 wahrgenommen?
Das ist völlig normal, wenn man als klarer Favorit in der Zweiten Liga spielt und dann in der Schlussphase ein Spiel so verliert. Davon ist niemand bei uns verschont geblieben. Manchmal passieren Dinge, die man nicht für möglich hält. Ich habe mich daraufhin versucht auf mein Spiel zu konzentrieren und ein paar Kleinigkeiten umgestellt. Aber mit den Erwartungen muss ich – müssen wir umgehen.
Die Leute denken dann: Der Horn ist doch größenwahnsinnig
Erleben Sie persönlich an sich gerichtet eine größere Erwartungshaltung, weil Sie als eine Art Über-Torhüter in der Zweiten Liga dargestellt wurden?
Ich persönlich komme gut damit klar. Mir war bewusst, dass ich mit meiner Entscheidung einen schwierigen Weg eingeschlagen habe. Und ich versuche, den mit aller Konsequenz zu gehen, allen Widrigkeiten zum Trotz. Für mich zählt nur der Aufstieg. Da muss man persönliche Ziele hinten anstellen.
Sie meinen die Nationalmannschaft?
Es ist mir wichtig, das mal klarzustellen: Das Thema interessiert mich aktuell überhaupt nicht. Das wird immer wieder von außen an mich herangetragen oder mir in den Mund gelegt. Klar denken die Leute dann: Der Horn ist doch größenwahnsinnig, spielt da in der Zweiten Liga und meint diese Ansprüche zu stellen. Das tue ich keineswegs. Ich verschwende aktuell keinen Gedanken daran und konzentriere mich nur auf den Aufstieg.
[nextpage title=”Unser Spiel hat sich grundlegend verändert”]
Sie haben schon einmal den Aufstieg geschafft. Was gibt es für Unterschiede zwischen der Saison 2013/14 und heute?
Man kann die beiden Spielzeiten nur schwer vergleichen. Wir haben einen deutlich stärkeren Kader als damals, mit höherer individueller Qualität, mit mehr Bundesliga-Erfahrung. Wenn ich alleine nur schaue, wer zuletzt bei uns von der Bank gekommen ist, das ist in der Liga schon einmalig. Damals war es eher so, dass wir über die Defensivarbeit gekommen sind, deutlich weniger Gegentore kassiert haben. Heute hat sich unser Spiel grundlegend verändert, wir gehen deutlich mehr Risiko, attackieren früher. Wenn wir von hinten rausspielen, habe ich früher oft alle Spieler rausgeschoben und den langen Ball auf Anthony Ujah gespielt. Wir haben sehr wenig zugelassen, sind aber auch kaum Risiko gegangen. Darin liegt sicher der große Unterschied.
Es gilt, zusammenzustehen und mit dem Erfolg zu wachsen
Damals begann ein Prozess, der eine Mannschaft geformt hat, die auch wegen ihrer menschlichen Nähe erfolgreich sein konnte. Aktuell hat man eher das Gefühl, dass es eine Zweckgemeinschaft ist. Wie unterscheiden sich die beiden Teams menschlich?
Damals hat sich das auch erst mit dem sportlichen Erfolg entwickelt. Das hat Monate, Jahre gedauert. Wir hatten im letzten Sommer einen großen Umbruch. Viele Spieler haben den Verein verlassen, wir müssen uns neu finden. Das geschieht gerade. Wenn wir den Aufstieg packen sollten, gilt es, zusammenzustehen und mit dem Erfolg zu wachsen. Das steht über allem für das Teamgefüge. Bleibende Erlebnisse, positive Erinnerungen, so entwickeln sich auch Freundschaften, sodass man füreinander einsteht. Dieser Prozess wurde letzte Saison durch den Misserfolg leider unterbrochen.
In den letzten Wochen gab es Hinweise auf Grüppchenbildung und die Spitzel-Affäre. Was hat das mit der Mannschaft gemacht?
Das ist natürlich nicht spurlos an uns vorbeigegangen. Wir sprechen intern darüber – und das ist auch gut so. Deshalb haben wir in dieser Phase alle auch noch mal eingefordert, miteinander zu sprechen, zusammenzustehen und alle für unser gemeinsames Ziel arbeiten. Davon profitiert auch jeder Einzelne. Jetzt geht es wieder in die richtige Richtung.
Dafür gibt es jetzt die Krise in der Führungsetage.
Solche Themen dürfen uns als Spieler aber nicht interessieren. Das ist nicht unsere Baustelle.
Das ist das Lebensgefühl, das den FC ausmacht
Sie kennen den FC aber schon seit Kindertagen und können mit Sicherheit vergleichen, oder?
Natürlich. Das waren aber noch ganz andere Zeiten, unschöne Zeiten. Das kann man zum Glück nicht miteinander vergleichen. Als junger Spieler hatte man Angst, im Training einen Fehler zu machen. Dann konnte man sich direkt einiges in diversen Sprachen anhören. Das ist heute in der Mannschaft ganz anders. Generell geht es beim FC aber ganz selten ruhig zu. Dafür ist er zu sehr von Emotionen getragen, dafür polarisiert er zu sehr. Das ist aber auch das Lebensgefühl, das den FC ausmacht und das so viele Menschen begeistert.
Was wäre denn Ihr großer Wunsch für den FC?
Dass wir so etwas wie im letzten Jahr nie wieder erleben. Es muss unser Ziel sein, aus unseren Fehlern zu lernen. Der Klub ist nicht umsonst sechs Mal in 20 Jahren abgestiegen. Da müssen wir genau hinschauen, analysieren und es besser machen. Wenn ich davon ein Teil sein kann, ist das mein größter Wunsch.
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