Der 1. FC Köln erlebt eine Wiedergeburt alter Stärke im eigenen Nachwuchs, wie man sie zuletzt vor acht bis zehn Jahren gesehen hat. Es wachsen große Talente heran, häufig in Köln oder der Umgebung geboren, mitunter auch von außen hinzu geholt. Die Erfolge der U-Mannschaften sprechen eine deutliche Sprache. Nun wollen die Kölner diese Entwicklung nutzen und die besten Spieler an die Profis heranführen.
Köln – Als Wayne Rooney 2004 als 17-Jähriger für 37 Millionen Euro von Everton zu Manchester United wechselte, war dieser Transfer eine Sensation. Heute zuckt niemand mehr, wenn Real Madrid zwei Sommer hintereinander je 45 Millionen Euro für zwei 18-jährige Talente ausgibt, Borussia Dortmund ein vermeintlichen 100-Millionen-Euro-Paket für den 19-jährigen Erling Haaland schnürt oder in der U18 von Man United ein gewisser Hannibal Mejbri spielt, 16 Jahre alt und zehn Millionen Euro teuer.
Aus dem Transferwahnsinn um die besten Spieler der Welt ist ein Transferwahnsinn um die potentiell besten Spieler der Welt geworden. Oder in den Worten von Andreas Herzog, dem einstigen Spielmacher aus Österreich, der Anfang Dezember im Doppelpass sagte: “Heute bezahlt man einen Spieler nicht mehr dafür, was er schon geleistet hat, sondern für das, was er perspektivisch leisten könnte.” Passend dazu sagte Wolfsburgs Stürmer Daniel Ginczek kürzlich in der Bild: “Mit 17 Jahren habe ich in der B-Jugend 26 Tore gemacht. Wenn das heute so wäre, würden Manchester City oder Barcelona bei meinen Eltern auf dem Sofa sitzen, um mich zu verpflichten. Damals war ich aber nur froh, dass ich in die A-Jugend gekommen bin.”
Von Wydra bis Hwang: Auch der FC sucht Rohdiamanten
Auch beim 1. FC Köln fürchtet man aktuell, dass so mancher internationale Topklub bereits in den heimischen Wohnzimmer des einen oder anderen Großtalents aus dem Kölner Nachwuchsleistungszentrums zu Gast war. Andererseits machen es die Geissböcke ebenso, verpflichteten sie doch im Sommer erst den 16-jährigen Österreicher Philipp Wydra und gaben Nikolas Nartey schon wieder ab, nachdem dieser vor drei Jahren im gleichen Alter aus Dänemark nach Köln gekommen war, es aber nicht schaffte. Freilich sind die Kölner nicht in der Lage, Millionenbeträge für junge Talente zu bezahlen. Die Ablösen lagen im unteren sechsstelligen Bereich. Doch auch die jetzt beginnende Leihe von Jae-hwan Hwang folgt einem klaren Muster: Der FC ist wie alle Fußballklubs auf der Jagd nach großen Talenten, nach Rohdiamanten, die das Potential haben groß rauskommen.
Das wird wahrgenommen, das merken wir in den Gesprächen
Die Geissböcke können sich rühmen, in den letzten Jahren solche Talente selbst ausgebildet zu haben. Noah Katterbach und Ismail Jakobs sind zwei Beispiele und haben es kürzlich zu den Profis geschafft. Andere folgen diesem Traum und hoffen, es Jan Thielmann nachzumachen, der vor zwei Jahren aus Trier zum FC gekommen war, mit der U17 Deutscher Meister wurde und sich nun dreifacher Bundesliga-Spieler nennen darf. “Mit Jan Thielmann gab es natürlich zum Abschluss des Jahres noch mal ein deutliches Zeichen, dazu Noah Katterbach, Iso Jakobs und Darko Churlinov”, sagte NLZ-Chef Matthias Heidrich dem GEISSBLOG.KOELN. “Das wird wahrgenommen, das merken wir in den Gesprächen.”
Die Eltern und Berater der Nachwuchstalente im Kölner NLZ nehmen wahr, dass sich beim FC etwas verändert hat. Die Durchlässigkeit zu den Profis ist auf dem besten Wege wieder zu einem Faustpfand beim 1. FC Köln zu werden, zu einem Argument für die Talente, in Köln zu bleiben oder nach Köln zu wechseln. Nachdem Timo Horn, Yannick Gerhardt und mit Abstrichen Salih Özcan und Lukas Klünter die letzten Spieler aus dem eigenen Nachwuchs gewesen waren, die bei ihrem Verein den Sprung zum Profifußballer geschafft hatten, hatte es der FC gerade während der Zweitliga-Saison verpasst junge Spieler wie Nartey, Churlinov oder Katterbach behutsam auf- und einzubauen. Doch das holt der FC in in dieser Saison eindrucksvoll nach.
Mit Thielmanns Bundesliga-Debüt soll noch längst nicht Schluss sein, im Gegenteil: Mit Spielern wie Phillip Wydra, Florian Wirtz oder Justin Diehl hat der FC diverse Talente mit großer Perspektive in der U17, mit Marvin Obuz, Sebastian Müller, Sava Cestic oder Mathias Olesen weitere in der U19 und auch in der wiedererstarkten U21. Bei Wirtz und Thielmann kämpfen die Geissböcke aktuell um langfristige Verträge, letzterer steht bereits vor der Unterschrift. Gleiches soll für Katterbach gelten. Nicht nur Youssoufa Moukoko von Borussia Dortmund macht im deutschen Junioren-Bereich auf sich aufmerksam. Vor allem beim 1. FC Köln spielt aktuell im U-Bereich die Musik. Sehr zur Freude der Kölner Verantwortlichen. “Das ist eine Auszeichnung für den ganzen Nachwuchsbereich und es freut einen sehr, wenn die Spieler oben ankommen. Das ist unser oberstes Ziel und unsere erste Aufgabe”, sagte U19-Trainer Stefan Ruthenbeck im GBK-Gespräch.
Titel oder künftige Profis: Was ist im Nachwuchs sportlicher Erfolg?
Nun gilt es für die Nachwuchsbosse die erfolgreichen Mannschaften so aufzustellen, dass die besten Spieler Stück für Stück weiter nach oben geführt werden und dabei das Niveau in den Teams nicht leidet. “Das ist natürlich ein Spagat”, gab Heidrich mit Blick auf frühzeitige Beförderungen der besten Spieler in die nächsthöheren Mannschaften zu. “Was ist sportlicher Erfolg? Ist für uns im Nachwuchs sportlicher Erfolg die Chance auf einen Titel wie die Deutsche Meisterschaft im letzten Sommer mit der U17? Oder ist für uns der größte Erfolg, dass wir die Jungs bei den Profis stattfinden lassen können?” Eher letzteres, ist man beim FC überzeugt. Und so sollen die Spieler individuell gefördert werden und dort stattfinden, wo sie die beste Entwicklung nehmen können, damit sie möglichst bald und dauerhaft bei den FC-Profis landen können.
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