Das Wort “Geisterspiel” oder Fußballspiel “ohne Zuschauer” ist irreführend. Selbst wenn an diesem Wochenende in der Bundesliga die angesetzten Partien ausgetragen worden wären, hätte dies doch für mehrere hundert Menschen pro Spiel bedeutet ins Stadion zu gehen, um für die Austragung des Duells zu sorgen. So auch in Müngersdorf.
Köln – Hennes IX. wäre nicht dabei gewesen. Der Geißbock wäre auch ohne Absage des 26. Bundesliga-Spieltags im Kölner Zoo geblieben. Für ein Geisterspiel wäre das Maskottchen des 1. FC Köln nicht nach Müngersdorf gebracht worden. Hennes IX. hat Zwangsurlaub, solange die Bundesliga nicht wieder vor Zuschauern spielen wird.
Das Coronavirus hat nun also für das Aussetzen der Bundesliga auf unbestimmte Zeit gesorgt. In ganz Europa liegen die Bälle still im Ballnetz. Und so bleibt das rheinische Duell zwischen Borussia Mönchengladbach und dem 1. FC Köln am vergangenen Mittwoch zunächst das erste und einzige Geisterspiel in der Bundesliga-Geschichte. Das Duell im Borussia-Park zeigte jedoch, dass “Geisterspiel” freilich nicht der Wahrheit entsprach. Es waren viele Menschen im Stadion, größtenteils beruflich im Einsatz, aber auch als Zuschauer vor Ort. Wer sind all die Leute, die selbst bei einem Spiel ohne Zuschauer vor Ort sein müssen? Hier ein Überblick:
Mannschaften: Die Spieler, Trainer und Betreuer kommen in voller Mannstärke ins Stadion. 20 Kader-Spieler pro Team plus ein Staff von Trainern, Co-, Torwart- und Athletiktrainern, Ärzten, Physios, Teambetreuern, Zeugwarten und Busfahrern bringen es schnell auf 35 Personen pro Team, also 70 an einem Spiel.
Schiedsrichter-Team: Hauptschiedsrichter, zwei Assistenten, vierter Offizieller – dieses Quartett ist auch bei einem Geisterspiel natürlich vor Ort.
Medienabteilung: Beide Klubs bringen, wenngleich eine vereinbart verkleinerte Medienabteilung mit ins Stadion. Pressesprecher/in, Mediendirektor, Social-Media-Manager, Klub-TV und Liveticker – fünf Personen pro Team sind es beim Auswärtsteam, dazu kommen weitere Verantwortliche für die Medienbetreuung beim Heimspielteam.
Fanbetreuung: Was verrückt klingt, ist Realität. Auch wenn keine Zuschauer ins Stadion kommen, sind die Fan- und Sicherheitsbeauftragten beider Klubs auch bei einem Geisterspiel im Stadion. Der Grund: Kommen Fans trotzdem zum Stadion, müssen die Fanbetreuer den Kontakt zu ihnen suchen. So auch in Gladbach, als die Borussen-Anhänger vor und nach dem Spiel am Stadion auf die Mannschaft warteten.
Vereinsvertreter: Neben der Geschäftsführung und dem Vorstand beider Klubs sind einige wenige Gremienvertreter bei Geisterspielen zugelassen. Die genaue Anzahl bestimmt der jeweils gastgebende Verein. Mönchengladbach einigte sich mit Köln auf jeweils eine Loge, die ein Klub füllen konnte. Der FC kam mit zwölf FC-Vertretern, darunter mehrere Spieler, die nicht im Kader standen, sowie Vorstandsberater Jörg Jakobs und Mitgliederrat Stefan Müller-Römer. Die Gladbacher hatten einige Vertreter mehr im Stadion, was man auch daran merkte, dass diese bei den beiden Toren der Borussia lautstark jubelten. Andere Klubs hatten überlegt, am Wochenende gar für die größten Sponsoren die Tore zu öffnen, sodass noch einmal mehrere Dutzend anderer Personen Zugang zum eigentlichen Geisterspiel erhalten hätten.
TV-Produktion: Jedes Bundesliga-Spiel wird durch die Sportcast, ein 100-prozentiges Tochterunternehmen der DFL Deutsche Fussball Liga GmbH, produziert. Nach GBK-Informationen gehören in einem Erstliga-Spiel insgesamt 100 (!) Leute zum TV-Team, das das Fernsehbild produziert, das die Menschen an den Bildschirmen zuhause und unterwegs sehen. In einem Zweitliga-Spiel sind es immerhin noch 50 Leute.
Medienvertreter: In Mönchengladbach waren die Journalisten zugelassen, in Köln gegen Mainz wären sie ebenso dabei gewesen. Circa 50 Vertreter lokaler bis internationaler Medien sowie rund 25 Fotografen waren am Mittwoch vor Ort.
Sicherheit: Im Stadion und rund um das Stadion sind auch bei einem Geisterspiel Ordner und Polizei im Einsatz. Alle Personen mit Zugangsberechtigung müssen kontrolliert werden, Eingänge und Zonen innerhalb einer Arena eingehalten werden. Die genaue Ordnerzahl im Stadion für ein Geisterspiel ist nicht bekannt. In Mönchengladbach befanden sich alleine zwischen Eingang und Pressetribüne rund 20 Ordner.
Stadionbetrieb: Das Stadion muss geöffnet und in Betrieb genommen, technisch versorgt, die Flutlichtanlage eingeschaltet, die Videowände und Banden betrieben, der Stadionsprecher betreut und hinterher alles wieder dicht gemacht werden. Ein einzelner Hausmeister könnte dies nicht. Wie viele Menschen daran beteiligt sind, ist nicht bekannt.
Balljungen: Mindestens acht Balljungen sind bei jedem Bundesliga-Spiel im Einsatz. Auch ohne Zuschauer.
Rasenpflege: In Mönchengladbach gingen vor dem Spiel und in der Halbzeitpause insgesamt 16 Personen mit Harken auf den Rasen, um das Grün in Stand zu halten.
Catering: Da weder Getränke noch Essen von außen ins Stadion mitgenommen werden dürfen, müssen die Anwesenden durch ein Catering-Unternehmen versorgt werden. Mehrere Dutzend Personen sind dabei auf den verschiedenen Ebenen des Stadions auch bei einem Geisterspiel im Einsatz.
Insgesamt sind also selbst bei einem Geisterspiel über 400 Personen im Stadion im Einsatz, die Polizei außerhalb der Arena nicht eingerechnet. Zunächst wird es in der Bundesliga keine weiteren Geisterspiele geben. Jedoch wird angenommen, dass sobald die Bundesliga ihren Spielbetrieb wieder aufnimmt, nicht sofort wieder mit Zuschauern gespielt werden wird. Zumindest ist dies aktuell nach GBK-Informationen wahrscheinlich.
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