Der 1. FC Köln sitzt auf zahlreichen teuren Verträgen von Spielern, die sportlich keine Rolle mehr spielen. Geschäftsführer Alexander Wehrle hat diese Verträge selbst mit ausgehandelt. Nun muss der Finanzboss zusammen mit Sportchef Horst Heldt aufräumen und gleichzeitig mehr Geld für den Nachwuchs frei machen. Im Gespräch mit dem GEISSBLOG.KOELN erklärt Wehrle, welche Lehren der Klub aus der Krise gezogen hat.
Das Interview führte Marc L. Merten
GBK: Herr Wehrle, Ihr Geschäftsführer-Kollege Horst Heldt muss unter schwierigen Bedingungen den Kader für die nächste Saison umbauen. Wird die aktuelle Situation dazu führen, dass der FC in Zukunft die Spielerverträge anders aushandeln wird, zum Beispiel stärker leistungsbezogen oder mit kürzeren Laufzeiten?
ALEXANDER WEHRLE: „Pauschal kann man das nicht beantworten. Es gibt Situationen, in denen bekommst du einen Spieler nur, wenn du ihm drei Jahre gibst und nicht zwei. Das hängt auch von der Ablösesumme und dem Gehaltsvolumen ab, gerechnet auf die Vertragslaufzeit. Idealerweise sollten wir immer leistungsbezogene Verträge bevorzugen. Wichtig ist bei solchen Debatten immer, dass es zwei unterschiedliche Blickwinkel gibt: Den im Nachhinein und den zu dem Zeitpunkt, zu dem die Entscheidungen getroffen werden. In der Rückschau kann man Dinge immer anders beurteilen und natürlich erweisen sich Entscheidungen dann manchmal auch als Fehler. Niemand macht alles richtig, ich definitiv auch nicht. Aber in den konkreten Momenten haben wir aus meiner Sicht nachvollziehbar entschieden, mit Zustimmung aller zuständigen Gremien.“
Wie kann der FC die jetzigen Vertragssituationen lösen?
Die Spieler haben bei uns Arbeitsverträge und die werden wir einhalten. Wir werden niemanden wegjagen. Horst Heldt und Markus Gisdol haben mit den betroffenen Spielern aber schon klare Gespräche geführt. Jeder Spieler weiß, welche Möglichkeiten ihm die nächste Spielzeit beim FC bieten wird. Jeder Spieler hat Klarheit und kann nun entscheiden, welchen Weg er persönlich gehen will. Ich bin mir sicher, dass wir dann individuell Lösungen finden werden.
Werden mehr Geld in die Hand nehmen müssen
Der Nachwuchs soll eine immer größere Rolle spielen. Der Fall Florian Wirtz hat dem FC aber gezeigt, dass auch im Nachwuchs der Kampf um die besten Talente immer teurer wird. Muss der FC sein finanzielles Konzept dahingehend nach oben korrigieren?
Dass sich die Gehaltsstrukturen auch im Nachwuchs verändern, ist klar. Bei Toptalenten wird es zusätzlich Ausnahmen nach oben geben, die man als Verein dann auch mitmachen müsste. Es gibt aber auch weitere Faktoren, die für die Spieler und deren Eltern eine Rolle spielen. Wie nachweislich ist die Durchlässigkeit zu den Profis? Meinen es die Verantwortlichen ernst? Da können wir jetzt etwas nachweisen. Darüber hinaus sind wir in der Verantwortung, einem Jugendspieler während seiner fußballerischen Entwicklung auch eine solide schulische Bildung zu ermöglichen. Bei dem einen oder anderen Sonderfall werden wir dennoch unter Umständen mehr Geld in die Hand nehmen müssen als in der Vergangenheit.
Ist das eine Lehre aus dem Fall Wirtz?
In diesem Fall ging es um andere Faktoren, weshalb wir unsere internen Prozesse angepasst haben. Wir hätten Florian Wirtz gerne hier zum Bundesliga-Spieler gemacht und nicht in Leverkusen.
Erfahrungswerte aus diesem unerfreulichen Ereignis
Welche Prozesse mussten Sie verändern?
Die Abstimmung zwischen Lizenzspieler- und Nachwuchsabteilung, die Gesprächsfolgen mit Spielern, Eltern und Beratern. Wer tauscht sich wann und wie oft mit wem über welche Ebenen hinweg aus? Das wurde intern verändert. Das waren die Erfahrungswerte aus diesem unerfreulichen Ereignis.
In den letzten Monaten haben Sie auffällig viele Verträge mit Jugendspielern verlängert und öffentlich kommuniziert. Ist dies auch eine Folge der Veränderungen?
Ja. Wir haben mit diesen Spielern früher langfristig verlängert und es werden weitere Verlängerungen folgen.
Ein wichtiger Faktor für den Nachwuchs ist der Ausbau des Geißbockheims. Wie geht es weiter?
Wir müssen jetzt auf die Baugenehmigung warten. Die wird, so die Prognose, im Herbst kommen. Dann werden wir intern bestimmen, welche Bauabschnitte in welcher zeitlichen Reihenfolge von uns umgesetzt werden sollen.
Bis die ersten Klagen kommen.
Damit rechnen wir. Aufgrund des Zielabweichungsverfahrens, das positiv im Regionalrat beschieden wurde, sehen wir uns aber juristisch gut gerüstet. Wenn es dann zu Klagen kommt, müssen wir abwarten, ob es zu einer einstweiligen Verfügung kommt oder nicht.
Die Finanzierung ist viel komplizierter geworden
Steht die Finanzierung?
Die Planungen laufen, sind durch Corona aber nicht einfacher, sondern viel komplizierter geworden. Dennoch haben wir unterschiedliche Lösungsansätze, die wir schon länger diskutieren.
Welche Rolle spielt der Faktor Zeit?
Eine große Rolle. Wir weisen seit Jahren darauf hin, dass wir hier nicht mehr wettbewerbsfähig sind. Das Geißbockheim ist ein Gewölbe unter Denkmalschutz, in dem sich die Jungs unter schwierigen Bedingungen aufhalten müssen. Gerade in Corona-Zeiten ist die räumliche Enge eine große Herausforderung. Deswegen wollen wir möglichst früh in die Bauphase eintreten.
Der zweite Teil des großen GBK-Interviews mit Alexander Wehrle erscheint am Sonntag.
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