Keine Frage: Natürlich erinnern sich die Fans des 1. FC Köln noch an den letzten Sieg der Geißböcke in der Bundesliga. Schließlich war es der Derbysieg bei Borussia Mönchengladbach. Doch dieser Jubeltag ist nun schon zwei Monate her. Seit dem 6. Februar hat der FC nur noch zwei Punkte geholt. Trotzdem sieht man bei den FC-Verantwortlichen keinen Grund zum Handeln. Lieber delegiert man die Verantwortung weiter.
Ein Kommentar von Marc L. Merten
Nun gibt es also ein Ultimatum, die Sieg-Pflicht für Markus Gisdol mit dem FC gegen den 1. FSV Mainz 05. Die Verantwortlichen geben das wohl wichtigste Spiel der Saison noch einmal in die Hand ihres Erfolglos-Trainers. Zumindest eines ist nun klar: Der 51-jährige darf nicht mehr weiter verlieren. Das hat er lange genug gedurft. Jetzt haben selbst die geduldigen und gleichzeitig zögernden Verantwortlichen eingesehen, dass sie handeln müssen. Oder zumindest müssten. Denn noch müssen sie nicht.
Die Verantwortlichen delegieren ihre Verantwortung weiter
Ein Problem am Geißbockheim ist, dass die Verantwortlichen ihre Verantwortung in brenzligen Situationen gerne weiter delegieren. Der Vorstand überträgt sie an die Geschäftsführung, die Geschäftsführung schiebt sie zurück an den Vorstand, an den Gemeinsamen Ausschuss oder weiter an den Cheftrainer, der Trainer an die Spieler, und irgendwann verschwindet die Verantwortung irgendwo in den denkmalgeschützten Katakomben des Vereinsheimes. Ein bisschen erinnert das Kölner Versteckspiel vor der Verantwortung an das föderalistische Scheitern der Bundesregierung, der Ministerpräsidentenkonferenz, der Bundesländer, Städte und Kommunen in der Corona-Krise. Keiner will bei einer kniffligen Entscheidung in der ersten Reihe stehen, keiner will es am Ende gewesen sein, keiner will sagen: Bis hierhin und nicht weiter!
Dabei sprechen in der Corona-Krise genauso wie in der FC-Krise die Zahlen und Fakten eine mehr als deutliche Sprache. Der FC hat seit dem 6. Februar in sieben Spielen nur zwei Punkte geholt, dabei zehn (!) Punkte auf Mainz verloren, acht auf Augsburg, sechs auf Bremen und Hoffenheim, fünf auf die Hertha (bei einem Berliner Spiel weniger) und vier auf Bielefeld. Selbst auf die Peinlichkeit der Liga, den FC Schalke 04, hat der FC in dieser Zeit keinen einzigen Punkt gutmachen können. So schlecht wie der 1. FC Köln war in den letzten zwei Monaten nur der FC Schalke 04.
Fast alles verspielt – und doch kein Grund zum Handeln
Das ist die unbequeme Wahrheit. Die Ergebnisse sprechen für sich. Der FC hatte es seit Februar selbst in der Hand – mit acht Punkten Vorsprung auf Mainz, mit vier Punkten vor der Hertha und Bielefeld. Vor zwei Monaten hätte der FC durchstarten können, sollen und müssen, hätte sich zusammenreißen und den Klassenerhalt perfekt machen müssen. Stattdessen steht man zwei erfolglose Monate später noch immer mit dem gleichen Trainer, der gleichen Inkonstanz und den gleichen Problemen auf dem Rasen da, hat jeglichen Vorsprung auf die Konkurrenz verspielt und ist punktgleich mit dem direkten Abstiegsplatz 17.
Die Verantwortlichen sind davon überzeugt, weiterhin alles unter Kontrolle zu haben. Schließlich hat man es noch immer selbst in der Hand. Und natürlich ist nichts auszuschließen und dem FC zuzutrauen, dass er – nach Schalke und Bielefeld – auch Mainz schlägt und im Endspurt die nötigen Punkte holt. Doch nach einer zweimonatigen Sieglos-Serie ausgerechnet im womöglich wichtigsten Saisonspiel noch einmal auf jenen Trainer zu vertrauen, der von den letzten 37 Bundesliga-Spielen nur fünf gewonnen hat, ist fahrlässig.
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