Der 1. FC Köln hat am Dienstagvormittag seinen neuen Cheftrainer für die kommende Saison vorgestellt. Steffen Baumgart wechselt im Sommer ablösefrei vom SC Paderborn zu den Geißböcken. Dabei haben die Kölner Konkurrenten wie Hannover 96, den Hamburger SV oder auch Schalke 04 ausgestochen. Doch was für einen Trainer bekommt der FC mit Baumgart?
Trainertypus
Steffen Baumgart gilt als emotionaler und authentischer Trainer, der noch offen und ehrlich sagt, was er denkt. An der Seitenlinie scheint es oft, als würde der 49-jährige das Spiel mitspielen, steht auch bei Minustemperaturen im kurzärmligen Shirt in seiner Coaching-Zone und ist gerade während der Geisterspiele kaum zu überhören. “Das ist nicht immer gut”, lachte der neue FC-Coach noch Ende März im Podcast der Kroos-Brüder “Einfach mal Luppen”. Seine Emotionalität ist auch den Schiedsrichtern nicht verborgen geblieben. Häufig wandelt der Trainer dabei an der Grenze zum Unerlaubten. Als erster Trainer der Bundesliga-Geschichte sah Steffen Baumgart 2019 die Gelbe Karte, weil er sich über eine abgepfiffene Vorteilsituation zu sehr aufgeregt hatte.
Auch Horst Heldt beschrieb den neuen Coach der Geißböcke bei dessen Vorstellung als “emotionalen Leader”, der eine Mannschaft mitreißen kann. Baumgart gilt dabei als ein Trainertyp, den es bei den Geißböcken zuletzt am ehesten mit Holger Stanislawski gab. “Klar, einfach und unkompliziert” lautet dabei die Marschroute des Fußballlehrers, der seinen Laptop nach eigenen Angaben am liebsten nur ein- und ausschalten muss. “Für mich zählen immer die Mentalität und der Spaß am Sport. Wenn der verloren geht, können wir aufhören”, sagte Baumgart im Gespräch mit Toni und Felix Kroos. Spieler, die ihren Job nicht als Leidenschaft sehen, könne der Trainer daher auch nicht verstehen. “Mich nerven Spieler ungemein, die mit diesem geilen Job überfordert sind”, erklärte der 49-jährige und verdeutlichte seine Stärke als Trainer: “Ich bin bestimmt nicht der größte Taktikfuchs, aber ich kann jeden dazu bringen, dass er den Meter mehr läuft.”
Spielphilosophie
Steffen Baumgart gilt als Verfechter des schnellen Offensivfußballs. Dabei fordert der Trainer vor allem eins von seinen Spielern: “Fußball beginnt immer mit Leidenschaft, Laufen und Einsatzbereitschaft. Das kann jeder bringen”, sagte Baumgart, der Fußball auch mit Kampfsport vergleichbar sieht: “Am Ende geht es immer Mann gegen Mann, sich immer durchzusetzen gegen den anderen. Das macht Fußball für mich aus.“ Baumgart sieht sich dabei auf Augenhöhe mit seinen Spielern, will sich nicht als Chef auf eine höhere Ebene stellen. “Du wirst den Respekt nur haben, wenn die Jungs dir glauben und vertrauen können und wenn sie das Gefühl haben, du gibst für sie alles. Dann geben sie auch alles für dich.” Zwar gebe der Trainer die Spielidee vor, allerdings lasse er auch mit sich reden, wenn die Spieler Dinge anders sehen würden. “Man muss den Spielern auch zuhören können”, erklärte Baumgart.
Dass Baumgart vor allem auf Tempo und überfallartigen Fußball setzt, habe sich im Laufe seiner Trainerkarriere entwickelt. Dabei liege dies auch in der Natur der Sportart: “Das ist es doch, was die Leute sehen wollen – ein Fußballspiel. Das ist die größte Leidenschaft von so vielen Menschen. Da musst du alles daran setzen, dass die Leute zufrieden sind.” Zwar könne seine Idee wie zuletzt beim SC Paderborn nicht in jedem Spiel umgesetzt werden. Trotzdem sei es das Ziel, dem Gegner das Leben immer so schwer wie möglich zu machen: “Wenn du gegen uns nicht Vollgas gibst, tut es dir weh”, machte Baumgart seine Philosophie deutlich.
Trainerkarriere
Schon früh während seiner Spielerkarriere wusste Baumgart, dass er einmal Trainer werden wollte. Schon sein Opa sowie sein Vater waren Trainer – allerdings im Handballverein. “Es ist, glaube ich, das einzige, was ich richtig gut kann”, lachte Baumgart. 2009 wurde der gebürtige Rostocker als Trainer beim 1. FC Magdeburg vorgestellt. Über den SSV Köpenick-Oberspree und den Berliner AK ging es für Baumgart 2017 zum damaligen Drittligisten SC Paderborn, den der Trainer trotz elf Punkten aus fünf Spielen nicht mehr vor dem sportlichen Abstieg in die Regionalliga retten konnte. Durch den Zwangsabstieg von 1860 München aus der Zweiten in die vierte Liga jedoch hielten die Ostwestfalen dennoch die Klasse und stiegen im darauffolgenden Jahr sogar in die Zweite Liga auf. Ohne Umwege ging es für den SCP ein Jahr später mit Baumgart direkt weiter in die Bundesliga. Der Klassenerhalt sollte dem Underdog aber nicht gelingen. Nach vier Jahren entschied sich der 49-jährige nun im Frühjahr, seinen im Sommer auslaufenden Vertrag in Ostwestfalen nicht zu verlängern und eine neue Herausforderung zu suchen.
Spielerkarriere
Zum Profi wurde Steffen Baumgart in seiner Geburtsstadt Rostock. Dabei war nicht gleich klar, dass der heutige Trainer einmal im Fußball-Business landen würde. Als Bereitschaftspolizist machte er zusätzlich eine Ausbildung zum KfZ-Mechaniker. Mit einer kurzen Unterbrechung beim VfL Wolfsburg spielte der Angreifer dann knapp siebeneinhalb Jahre bei der Hansa. 2002 wechselte Baumgart zum 1. FC Union Berlin, wurde dort Mannschaftskapitän und stieg mit den Köpenickern 2003/04 aus der Zweiten Liga ab. In dieser Saison musste der Mittelstürmer auch eine 0:7-Niederlage beim 1. FC Köln verkraften. Damaliger FC-Trainer: Friedhelm Funkel, unter dem Baumgart sogar schon in Rostock selbst Spieler war. Nach dem Abstieg ging es für heutigen Fußballlehrer noch zu Energie Cottbus, dem 1. FC Magdeburg und schließlich zu Germania Schöneiche. Rückblickend betrachtet Baumgart Hansa Rostock als seinen Heimatklub, Union Berlin, Cottbus und letztlich den SC Paderborn als seine wichtigsten Klubs. “Das sind Vereine, die mich geprägt haben”, sagte Baumgart. Insgesamt kommt Baumgart in 225 Bundesliga-Spielen auf 29 und in 142 Zweitligaspielen auf 36 Tore.
Soziales Engagement
Baumgart gilt nicht nur auf dem Fußballplatz als Arbeiter, sondern ist auch abseits des Feldes engagiert und unterstützt verschiedene soziale Projekte. Seit März 2020 ist der Trainer Pate des Projektes Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage. “Das kam über meinen Co-Trainer Daniel Scherning, er hatte einen Neffen auf der Schule”, erklärte Baumgart das Zustandekommen. “Gerade wenn du im Sport unterwegs ist, weißt du, was Courage bedeutet, aber auch, was Vielfalt bedeutet.” Gerade der Umgang in einer Kabine sei dabei ein gesellschaftliches Paradebeispiel, erklärte der Fußballlehrer. In der heutigen Zeit sei es dabei wichtig, seine Stimme zu erheben. “Es ist wichtig, dass man sich äußert. Es ist wichtig, dass es uns gibt, die sagen: Ihr seid nicht die Mehrheit, ihr seid nicht die Stimmen. Wir sind viel mehr.”
Familie
Steffen Baumgarts Familie wohnt nach wie vor in Berlin, knapp einen Kilometer von der Alten Försterei entfernt. Seine Frau Katja, die lange Zeit als Leiterin eines Fanshops bei Union angestellt war, beschreibt der 49-jährige als den “wichtigsten Mensch in meinem Leben.” Das Paar hat drei gemeinsame Kinder und zwei Hunde.
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