Neuo-Athletiktrainer Niko Romm arbeitet mit Spielern wie Jonas Hector unter anderem an der Wahrnehmungsgeschwindigkeit. (Fotos: Bopp)

Training, das im Kopf beginnt: Romm schärft beim FC die Sinne

Seit Anfang des Jahres arbeitet Niko Romm als Neuro-Ahtletiktrainer und Ernährungcoach beim 1. FC Köln. Als erster Bundesligist verfolgen die Geißböcke damit einen Ansatz, der nicht nur Verletzungen vorbeugen, sondern auch die Leistungen der Spieler auf dem Platz steigern soll. Im Gespräch mit dem GEISSBLOG.KOELN stellte Romm seine Arbeit vor. 

Köln – Niko Romm wurde zu Beginn seiner Zeit beim 1. FC Köln häufig von den Spielern belächelt. Auf den ersten Blick haben die Übungen, die Romm mit den FC-Profis absolviert, nämlich kaum etwas mit dem Fußball auf dem Platz zu tun. Inzwischen ist die Arbeit mit dem Neuroathletik- und Ernährungcoach aber ein normaler Bestandteil des Trainingsalltags. Seit Anfang Januar gehört der studierte Betriebswirt beim FC zum Staff. Vor und während seiner Studienzeit absolvierte Romm zahlreiche Trainerausbildungen im Athletikbereich und war unter anderem für Ruderer und Hockeyspieler im Olympiastützpunkt in Essen zuständig. „Mir war immer klar, dass ich in dem Bereich arbeiten möchte. Aber ich wollte meinen Fokus ausweiten“, sagte der 42-jährige im Gespräch mit dem GEISSBLOG.KOELN über sein zusätzliches Studium.

Es gibt Momente, wo es nicht weitergeht

Seine beruflich bislang prägendste Zeit hatte Romm dabei in den USA, wo er als einer der ersten deutschen Trainer bei Mark Verstegen, der als Fitnessguru der Deutschen Nationalmannschaft bei der WM 2006 bekannt geworden war, alle Kurse durchlaufen hatte. In diesem Rahmen knüpfte der ehemalige Bundesliga-Hockeyspieler auch den Kontakt zum Fußball, arbeitete dort unter anderem mit Chad Forsythe zusammen, der neun Jahre lang den DFB als Athletiktrainer betreut hatte und inzwischen ‚Head of Athletic Performance‘ bei Arsenal London ist. Während seiner Zeit in Amerika, wo Romm für das von Verstegen gegründete Leistungszentrum EXOS tätig war und unter anderem zwei Wide Receiver auf das Auswahlverfahren für die National Football League (NFL) vorbereitete, lernte der gebürtige Kölner auch den heutigen FC-Athletiktrainer Max Weuthen kennen, der zu dieser Zeit ein Praktikum in den Staaten absolvierte. Nun arbeiten beide gemeinsam im Athletik-Trainerteam der Geißböcke.

Doch was genau macht Romm neben seiner Tätigkeit als Ernährungscoach beim FC? Als erster und bislang einziger Bundesligist haben die Geißböcke mit Romm einen Neuro-Athletiktrainer fest in ihrem Team installiert. Dabei geht es dem mehrfach ausgezeichneten Personal Trainer vor allem darum, neue Ansätze in der Leistungssteigerung, Rehabilitation und Verletzungsprävention zu finden. „Es gibt immer wieder Momente, in denen man bei der Arbeit mit Athleten an Punkte kommt, wo es nicht weitergeht“, erklärt Romm. „Manchmal gibt es zum Beispiel keine Antwort darauf, warum ein Knieschmerz nicht verschwindet, obwohl keine strukturelle Verletzung mehr vorliegt oder ein Muskel immer wieder zumacht.“ Um diese Probleme zu lösen, beschäftigt sich die Neuro-Ahtletik mit allen Sinnesorgangen und schult dabei im Besonderen die Augen, über die 70 bis 80 Prozent der Informationen das Gehirn erreichen, sowie das Gleichgewichtsorgan.

Technik verbessern durch Wahrnehmungsschulung

Ein wichtiger Punkt in der Arbeit mit den Spielern ist dabei die Wahrnehmungsgeschwindigkeit. Zwar wird vieles, was mit Tempo und Explosivität zu tun hat, auf dem Trainingsplatz mit Max Weuthen erarbeitet. Romm schaltet dabei aber noch einen Schritt vor und geht der Frage nach, wie schnell das Gehirn verschiedenste Informationen auf dem Platz aufnehmen und verarbeiten kann. Schließlich beeinflusst das Nervensystem auch die Bewegungsabläufe – sowohl ohne, als auch mit Ball. Das wiederum hat auch einen Effekt auf die Entscheidungsfindung und Passgenauigkeit. „Jeder Fußballspieler ist gut genug, um keine technischen Fehler zu machen und eine saubere Ballan- und -mitnahme zu haben. Alles andere ist eine Frage der Wahrnehmung“, sagt Romm und erklärt: „Das Gleichgewichtsorgan zum Beispiel arbeitet eng mit den Augen zusammen. Der Moment, indem ich zum Beispiel aus Reflex eine kurze Kopfbewegung mache, obwohl ich den Ball fixieren soll, ist die Millisekunde, in der die technischen Fehler entstehen. Wenn wir es schaffen, diese Lücke zu schließen, entstehen weniger technische Probleme.“ Dass Fußball mitunter auch viel Kopfsache ist, hat dabei also nicht nur nur eine psychologische Komponente. Vielmehr berechnet das Gehirn während eines Spiels oder einer Trainingseinheit kontinuierlich Entfernungen, Krafteinsätze und Spannungen. Je besser und schneller die unterschiedlichen Areale zusammenarbeiten und die visuellen Fähigkeiten sind, desto erfolgreicher sollen die Spieler auch auf dem Platz sein können.

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Das Angebot, in diesem Bereich zu arbeiten, überlasst der 1. FC Köln seinen Spielern selbst. Aktuell arbeitet Romm aber mit über der Hälfte aller Profis im Kader. Aufgrund der hohen Individualität unterziehen sich alle Spieler dabei zunächst einem rund anderthalbstündigen Einzelscreening aller Sinnesorgane. Danach gibt Romm den Spielern einen Trainingsplan und eigens erstelle Videos mit an die Hand und informiert das Team um Weuthen darüber, an welchen meist muskulären Schwachstellen im Krafttraining gearbeitet werden kann, um auch präventiv Verletzungen vorbeugen zu können.

Es kommt auf den ersten Blick seltsam rüber

Die ersten Berührungspunkte mit den Spielern hat Romm dabei aber häufig erst, sobald Problematiken auftreten, die nach dem üblichen Reha-Training mit Leif Frach nicht besser werden. Dabei habe Schmerz nichts mit der eigentlich betroffenen Struktur zu tun, berichtet Romm: “Schmerz ist eine Wahrnehmung des Gehirns.” Werden diese trotz Heilung nicht geringer, versucht der Neurotrainer die Frage zu beantworten, warum das Gehirn immer noch die Schmerzsignale empfängt. “Indem wir die Informationszuführung verbessern, können wir schnell dafür sorgen, dass der Schmerz nicht mehr da ist und dann den nächsten Schritt im Rehaprogramm gehen.” Dabei arbeiten alle Mitarbeiter des Funktionsteams stets transparent und eng verzahnt zusammen, sodass am Ende alle Abteilungen ihren Anteil am Heilungsprozess beisteuern konnten.

Inzwischen hätten sich die Spieler auch an das häufig mit seinen Hilfsmaterialien merkwürdig aussehende Training, wie beispielsweise dem Tragen einer “Strobo-Brille”, deren Gläser abwechselnd hell und dunkel werden, gewöhnt. „Es kommt auf den ersten Blick seltsam rüber, weil man es so vielleicht noch nicht in Verbindung mit Fußball gesehen hat“, gibt auch Romm zu. „Aber dadurch, dass die Jungs so schnell Verbesserungen in bestimmten Bereichen wie der Muskelansteuerung spüren, geben sie ein sehr gutes Feedback. Sie sind sehr feinfühlig, was ihren eigenen Körper betrifft. Worüber sich in den ersten drei Wochen vielleicht noch lustig gemacht wurde, ist jetzt ein normaler Bestandteil des Trainings.“

Schnelle Erfolge in der Verletzungsprävention

In zehn bis 12 Wochen können dabei erste Veränderungen und Verbesserungen erzielt werden. „Die Leistungsfähigkeit, zum Beispiel bei der Technik, braucht ein bisschen Zeit, weil das Nervensystem sehr viel Training braucht, um auf einen Reiz zu reagieren“, erklärt Romm. Schnellere Erfolge sind derweil in der Verletzungsprävention festzustellen. Lorbeeren gibt es dafür jedoch meist keine, schließlich lassen sich Verletzungen, die nicht auftreten, nur schwer messbar machen. Für Rafael Czichos, der in der Vergangenheit immer mal wieder mit muskulären Problemen zu kämpfen und deshalb auch im Dezember vergangenen Jahres vier Spiele verpasst hatte, hat sich die Zusammenarbeit mit Romm aber bereits ausgezahlt. „Seitdem wir in jeder Trainingsvorbereitung eine gezielte und individuelle Voraktivierung machen, ist er muskulär verletzungsfrei. Das sind die Dinge, bei denen man die Erfolge sofort sieht“, sagte Romm über den Innenverteidiger, mit dem er bereits nach dessen schwerer Verletzung an der Halswirbelsäule im Frühjahr 2020 zusammengearbeitet hatte. Nach dem Zusammenprall im Spiel gegen Hertha BSC, bei dem Czichos’ Kopf in nahezu 90 Grad abgeknickt war, ging es für Romm vor allem darum, die Gefahrenwahrnehmung bei dem Abwehrspieler wieder abzubauen. „Das Gehirn speichert sich die Verletzungsposition als potentiell gefährlich ab. Sobald eine Bewegung wieder in diese Position gezogen wird, sagt das Gehirn: Oh, es wird gefährlich.” Durch die Arbeit mit dem Gleichgewichtsorgan und der wiederholten Rückkehr in die Extremposition kann so die natürliche Handbremse des Körpers nach und nach wieder gelöst werden.

Seit sieben Monaten ist Romm nun fest im Team der Kölner und es dürfte mitunter auch der Verdienst des 42-jährigen sein, dass während der intensiven Vorbereitung bislang mit Sava Cestic erst ein einziger Spieler aufgrund einer Muskelverletzung ausgefallen ist. Beim 1. FC Köln will man mit dem gezielten Einsatz der Neuro-Athletik, die längst im nationalen wie internationalen Spitzensport angekommen ist und mit der vereinzelt auch Profis wie Serge Gnabry oder Timo Baumgartl arbeiten, ein Vorreiter in der Bundesliga sein. Niko Romm soll dabei bei den Kölnern bislang noch ungenutzte Leistungsreserven freisetzen, während die Spieler ihre Ziele für die kommende Saison fest im Blick haben. Im wahrsten Sinne des Wortes.

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