Der 1. FC Köln stellt sich der Investoren-Frage. Dieser Schritt ist wichtig für den Klub, denn kaum eine Frage spaltet die Mitgliederschaft mehr als jene nach potentiellen Anteilsverkäufen. Der Mitglieder-Stammtisch am Sonntag hat dieser Diskussion eine inhaltliche Grundlage gegeben, jedoch auch die Probleme in dieser Debatte zu Tage gefördert. Denn zentrale Fragen werden gar nicht erst diskutiert.
Ein Kommentar von Marc L. Merten
Nach knapp 90 Minuten, also praktisch zu Beginn der Nachspielzeit des Stammtischs, fragte ein FC-Mitglied: “Warum sind wir eigentlich hier?” Was er meinte: Dass der Vorstand gegen Anteilsverkäufe ist, war längst bekannt. Dass der Mitgliederrat und der Südkurve e.V. gegen Anteilsverkäufe sind, war längst bekannt. Warum also dieses Showlaufen einer vermeintlich offenen Diskussion?
Das Gegenargument kam wenige Minuten später. Ein anderes Mitglied erklärte, es sei wichtig, dass überhaupt geredet werde, dass informiert werde. Und genau das hat das Event am Sonntag geliefert, zumindest in den zwei Vorträgen von Professor Breuer (Sporthochschule) und FC-Vizepräsident Eckhard Sauren. Sie lieferten eine wichtige und richtige Einführung in ein komplexes Thema, das allzu häufig zu emotional und zu unsachlich diskutiert wird.
Denkanstöße werden nicht verfolgt
Was jedoch nach der Einführung kam, hätte es kaum noch gebraucht. Denn in der Podiumsdiskussion kam praktisch nichts Neues dazu. Beispielsweise widersprach Werner Wolf dem extra geladenen Investoren-Experten und Wissenschaftler Breuer, dessen Forschung ergeben hat, dass Investoren überraschend selten auf wirtschaftliche Rendite, also auf Geld, aus sind. Wolf war einfach nur anderer Meinung, nahm das Forschungsergebnis weder auf, noch suchte er eine inhaltliche Auseinandersetzung.
Und so passierte es mit zahlreichen Gedanken, Ansätzen, Fragestellungen. Ob Moderator Christoph Biermann oder die Diskutanten auf dem Podium, niemand nahm sich der präsentierten Inhalte mal näher an und zeigte sich offen für neue Denkansätze. Es hätte sich beispielsweise gelohnt darüber zu diskutieren, welche Motive potentieller Investoren denn überhaupt zum FC passen würden. Es hätte sich auch gelohnt zu hinterfragen, was der FC aus den laut Wolf “intelligenten” Modellen von Arminia Bielefeld oder Eintracht Frankfurt und Bayern München lernen könnte.
Horror-Szenarien statt die Frage der Identität
Vor allem hätte es sich gelohnt die Frage von Professor Chris Anderson zu diskutieren: „Wer sind wir und wo wollen wir hin? Welchen Wettbewerb wollen wir als 1. FC Köln annehmen und was brauchen wir dafür, um darin zu bestehen?” Denn genau um diese Frage der Identität geht es doch letztlich. Am Sonntag hätte es die Chance gegeben, dass sich Verantwortliche und Mitglieder offen auf theoretischer Ebene über unterschiedliche Investoren-Modelle unterhalten, dass man sie diskutiert, Vor- und Nachteile abwägt, um ein tieferes Verständnis für die Chancen und Risiken zu entwickeln.
Doch genau das gab es nicht. Stattdessen wurden die bekannten Horror-Szenarien aufgezählt. Die Berliner Geldverbrennung mit Lars Windhorst, die Hamburger Kühne-Katastrophe, das stets falsche Argument, dass das Geld eines Investors, einmal ausgegeben, danach einfach weg sei, ohne dass es dafür einen Gegenwert gebe. Sogar die WM in Katar durfte nicht fehlen, klar, es war ja auch ein Stammtisch. Doch etwas weniger Parole hätte es dann doch getan, schließlich hat der 1. FC Köln mit der WM in Katar so viel zu tun wie die Kölner Politik mit Verlässlichkeit und Vertrauen.
Rewe hat beim FC 14,3 Prozent Mitspracherecht
Stattdessen hätte es sich gelohnt, die Killer-Phrase zu diskutieren, ein Investor wolle immer mitreden. Schließlich sitzt beim 1. FC Köln seit Jahren Rewe-Boss Lionel Souque als Aufsichtsrats-Chef im Gemeinsamen Ausschuss (GA) und entscheidet über jeden großen Deal beim FC mit – wohlgemerkt als Chef des Hauptsponsors, nicht als Anteilseigner. Mit seiner einen Stimme im siebenköpfigen GA verfügt Souque also um ein Mitbestimmungsrecht von 14,3 Prozent. Zum Vergleich: Audi, Allianz und Adidas besitzen beim FC Bayern Anteile in Höhe von je 8,3 Prozent. Wo liegen also da die Unterschiede? Auch darüber hätte man sich am Sonntag unterhalten können.
Das geschah jedoch nicht. Man darf zwar hoffen, dass es weitere solcher Diskussionsrunden gibt, doch der FC-Vorstand hat die Chance vertan, sich als aufrichtiger Interessent an einer offenen Diskussion zu präsentieren. Stattdessen wurde nur klar, dass sich das Trio mit jeder Faser festgelegt hat, niemals Anteile zu verkaufen. Auch das ist natürlich eine Einstellung, die jeden Respekt verdient. Warum aber dann diese scheinbar auf einen offenen Ausgang ausgerichtete Diskussion, wenn der Ausgang doch gar nicht in Frage steht?
Wie will der FC in die Zukunft investieren?
In den vergangenen Jahren hat der 1. FC Köln immer dann die größten Fehler gemacht, als man viel Geld hatte. Man könnte also sagen: Wer so abenteuerlich schlecht wirtschaftet wie die Geißböcke in den letzten Jahren, von dem darf man nicht erwarten, Investoren-Geld würde irgendein Problem beheben. Wer allerdings ebenfalls glaubt, dass der 1. FC Köln ohne Investoren in der Lage sein wird, das Stadion zu kaufen, auszubauen und das Geißbockheim entweder zu erweitern oder woanders aus dem Boden zu stampfen, verkennt die Realität. Leider war die Frage nach einer Betreibergesellschaft am Sonntag nur in einem Nebensatz ein Thema. Auch dieses hätte man deutlich ausführen können.
Aktuell liegt ein Plan in der Schublade der Geißböcke. Es ist ein Plan zur Digitalisierung und Umstrukturierung des sportlichen Bereichs, insbesondere der Scouting-Abteilung, Videoanalyse und Trainingsanalyse. Ein immens wichtiges Projekt, ein Zukunftsprojekt, das den FC auf ein neues Level heben würde. Die Kosten belaufen sich auf rund 1,5 Millionen Euro. Doch das Geld ist nicht da. Nicht einmal dafür, für so ein Kernelement künftiger Arbeit in der wichtigsten Abteilung eines Fußballklubs. So steht es um den 1. FC Köln. Das ist die Realität.
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