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Exklusiv: Alex Jacob über die „Parallelwelt“ Glücksspielsucht

Jörg Schmadtke und Alex Jacob. (Foto: IMAGO / C.v.d.Laage)
Jörg Schmadtke und Alex Jacob. (Foto: IMAGO / C.v.d.Laage) Football 1 BL Season 2016 2017 Matchday 25 1 FC Cologne vs Hertha BSC 18 03 2017 RheinEnergie Stadium Cologne Jˆrg Schmadtke Manager Alex Jacob Spokesman both FC Cologne

Alex Jacob war von Januar 2016 bis Juni 2017 Pressesprecher des 1. FC Köln. Im Sommer des großen FC-Erfolgs mit dem Einzug in die Europa League kam es jedoch zur Trennung. „Ich war glücksspielsüchtig“, spricht der heute 46-Jährige exklusiv beim GEISSBLOG erstmals öffentlich über den Grund seines Ausscheidens bei den Geißböcken und über seine Krankheit.

Köln – Der 20. Mai 2017, der Tag, an dem der 1. FC Köln in die Europa League einzog, war für Alex Jacob der schwerste Tag seiner Amtszeit als Pressesprecher bei den Geißböcken. „Das war der Tag, an dem ich wusste, dass es vorbei ist“, sagt Jacob heute, viereinhalb Jahre später. „Ich war zu dem damaligen Zeitpunkt krank und mit meiner Krankheit eine Belastung für den Klub. Es war die einzig richtige Entscheidung, die Zusammenarbeit zu beenden.“

Die Krankheit: Glücksspielsucht. Eine Sucht, die sich über 15 Jahre entwickelt hatte, vom Freizeitvergnügen über immer häufigeres Spiel mit immer größeren Einsätzen hin zu einem problematischen Spielverhalten, das schließlich zur pathologischen Glücksspielsucht wurde. „Ich hatte nicht mehr unter Kontrolle, wann ich was und wie spielte und welche Risiken ich bereit war einzugehen. Erst im Casino vor Ort, dann im Online-Casino, dann Online-Sportwetten.“

Jörg Schmadtke hat extreme Größe gezeigt

Die Auswirkungen spürte Jacob schließlich in allen Lebenslagen: im Privaten, im Finanziellen und im Berufsalltag – schon zu Zeiten bei Hannover 96, vor allem dann aber während seiner Zeit beim 1. FC Köln als Pressesprecher unter dem damaligen Sport-Geschäftsführer Jörg Schmadtke. „Die Sucht hat mich immer mehr vereinnahmt“, sagt Jacob heute rückblickend. Es sei physisch und psychisch zu einem Problem mit immensen Auswirkungen angewachsen. „Du jonglierst zwei Leben. Als Glücksspielsüchtiger habe ich immer versucht mein Spielverhalten abzukapseln, sodass es keiner mitbekommt. Ich habe in Parallelwelten gelebt. Das frisst irrsinnige Energie.“

Nach außen war Jacob als Vertrauter Schmadtkes dessen Schutzschild, Kommunikator und Moderator. Dass es dennoch zur Trennung kam, lag an einem Gespräch, welches Schmadtke und Co-Geschäftsführer Alexander Wehrle schließlich mit Jacob suchten, nachdem sie eine entsprechende Sucht begonnen hatten zu vermuten. „Beide haben mich auf mein Wettverhalten angesprochen. Ich hatte es vorher abgestritten und eindeutig gelogen“, gibt Jacob zu. „Letztlich habe ich dann ein Vier-Augen-Gespräch mit Jörg gehabt, in dem er mir klar gesagt hat: ‚Wir helfen dir, aber du kannst nicht länger bei uns bleiben.‘ Das werde ich immer in Erinnerung behalten. Genau in dieser Reihenfolge: Jörg hatte die extreme Größe, zuerst zu sagen, dass man mir helfen werde, um danach erst zu sagen, dass die Konsequenz sei, ich könne nicht länger bleiben. Emotional war das ein ganz wichtiger Unterschied.“

Ich hatte die Illusion, dass ich als Insider im Fußball voraussagen kann, wie Fußballspiele verlaufen

Schmadtke stellte sofort einen Kontakt zur psychologischen Betreuung der Deutschen Sporthochschule her, in Folge dessen sich Jacob nach der von Medizinern gestellten Diagnose „pathologisches Glücksspiel“, begleitet von depressiven Episoden, in Therapie begab. Über ein Jahr lang wurde er ambulant betreut, die umfassende psychologische Therapie fand in Einzel- und Gruppenterminen statt. Dort lernte er auch kennen, was zu einem der größten Trugschlüsse in seiner Zeit als Glücksspielsüchtiger geführt hatte: der Glaube, den Zufall und das Glück mit vermeintlicher Kompetenz überlisten zu können. „Ich hatte die Illusion, mit meinem beruflichen Werdegang und mit meiner Erfahrung im Fußball es nicht mehr als Glücksspiel zu sehen. Ich dachte, es geht nicht mehr darum: Kommt Rot oder Schwarz? Sondern ich dachte, dass ich als Insider im Fußball voraussagen kann, wie Fußballspiele verlaufen.“

In der neuen Folge des FC-Podcasts GEISSPOD spricht Jacob ausführlich über seine Krankheit, seine Behandlung und die Auswirkungen der Glücksspielsucht auf

Der harte Aufschlag durch die Trennung vom FC ermöglichte es Jacob, vom Glücksspiel wegzukommen. Seit viereinhalb Jahren hat er nicht mehr gespielt, hat sein Leben durch Begleitung von Ärzten, Psychologen und Psychotherapeuten in vielen Bereichen umgestellt, unter anderem auch durch mehr Sport und eine andere Ernährung, weshalb er 25 Kilo abgenommen hat. „Ich bin heute wieder gesund“, sagt Jacob, der das Gefühl des „Spieldrucks“ zwar zwischenzeitlich noch empfunden, jedoch gelernt hat, es zu beherrschen. „Auch darum ging es in der Reha: zu lernen, die Alarmsignale zu erkennen und eine Art Werkzeugkoffer bei mir zu haben, um zu wissen, wie ich reagieren muss, wenn eine solche Reaktion eintritt.“

Ich hätte diesen herausragenden Job wahnsinnig gerne mal als gesunder Mensch gemacht

Beruflich hatte sich Jacob zwischenzeitlich verändert, arbeitete mehrere Jahre im Sporteinzelhandel. Nun kann sich der studierte Germanist und gelernte Sportjournalist vorstellen, in die Unternehmenskommunikation respektive Öffentlichkeits- und Medienarbeit zurückzukehren – ob im Fußball oder in einer anderen Branche. Beim FC prägte er die erfolgreichste Saison der jüngeren Vereinsgeschichte mit, und so blickt er auf seine eigentlich erfolgreiche Zeit als FC-Pressesprecher zurück. „Ich habe es geliebt für diesen Verein zu arbeiten, in dieser Stadt zu leben. Ich habe die kölsche Mentalität der Menschen gemocht, die ist unschlagbar“, sagt Jacob. „Ich habe mich extrem wohlgefühlt. Und ich hätte diesen herausragenden Job wahnsinnig gerne mal als gesunder Mensch gemacht.”

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