Anthony Modeste hat den 1. FC Köln am Sonntagabend gegen den VfB Stuttgart einmal mehr zum Sieg geschossen. Es war bereits der zweite späte Siegtreffer des Franzosen in Folge und sein elftes Tor in dieser Saison überhaupt. Für Modeste selbst war der Treffer zum 1:0 der emotionale Abschluss einer Hinrunde, die ihm im Vorfeld wohl kaum jemand zugetraut hätte.
Aus Müngersdorf berichten Sonja Eich und Marc L. Merten
Wie anders hätte das Jahr 2021 für den 1. FC Köln enden sollen, als mit einem Siegtreffer von Anthony Modeste? Vor knapp sechs Monaten hätte wohl kaum jemand diese rhetorische Frage zu stellen gewagt. Denn nach einem verkorksten Jahr unter Markus Gisdol (nur vier Pflichtspieltreffer) und einer noch viel verkorksteren Leihe zum AS Saint-Étienne inklusive Leisten-Operation, hätte dem Angreifer im Sommer wohl kaum noch jemand eine Hinrunde mit überragenden elf Toren zugetraut.
Von einer, zugegeben nicht ganz unwichtigen Person in diesem Zusammenhang, hatte Modeste jedoch vom ersten Tag an das bedingungslose Vertrauen bekommen: Steffen Baumgart. Nach einem “ehrlichen Gespräch”, wie Modeste am Sonntag noch einmal erzählte, zwischen Trainer und Stürmer entwickelte sich in den vergangenen Monaten die neue Erfolgsgeschichte rund um den Franzosen im Trikot des FC. Selbst wenn Baumgart auch nach dem neuerlichen Last-Minute-Siegtrefffer seines Angreifers gewohnt gelassen blieb: “Alle sind froh, wenn ein Spieler, der lange nicht im Fokus war, das macht, was ihn lange Zeit ausgezeichnet hat”, fand der Trainer ein eher nüchternes Lob für den Matchwinner und übte sogar leichte Kritik am Spiel des 33-Jährigen: “Ich fand ihn in der ersten Halbzeit nicht gut, das habe ich ihm auch gesagt.” Wer Baumgart jedoch in den letzten Monaten kennengelernt hat, weiß, wie groß die Wertschätzung des Rostockers für seinen Stürmer ist. “Tony macht, Tony tut. Aber Tony kann es auch nicht alleine machen. Er hat eine sehr gute Hinserie gespielt”, schloss Baumgart sein Statement über Modeste.
In dieser Aktion war mein Papa für mich da
Großer Worte bedarf es zu der Trainer-Spieler-Beziehung ohnehin nicht. Ein Blick auf die Protagonisten selbst reicht, um das Verhältnis zwischen Modeste und Baumgart zu verstehen. Nach dem Schlusspfiff nahm Baumgart den emotional ergriffenen Modeste einige Minuten in die Arme, der seine Tränen nicht mehr zurückhalten konnte. Hinterher erklärte der Franzose die Gründe dafür: “Es war auch ein emotionaler Moment für mich. Am 19. Dezember vor drei Jahren habe ich meinen Papa verloren”, sagte Modeste und ergänzte: “Ich denke, in dieser Aktion war mein Papa für mich da.”
Wenig später konnte Modeste, der nun mit 55 Erstligatoren für den FC mit Klub-Legende Lukas Podolski gleichgezogen ist, aber schon wieder lachen. An der Nordtribüne holte der Stürmer seine beiden Kinder ab und zog mit ihnen gemeinsamen über den Rasen in Richtung Südkurve, wo der Modeste-Nachwuchs gemeinsam mit der Mannschaft feierte.
Nicht viele haben an sowas geglaubt
“Weltklasse” beschrieb Kapitän Jonas Hector hinterher die Leistungen seines Teamkollegen. “Unnachahmlich” befand Sportchef Jörg Jakobs. Für die Hinrunde des Angreifers gibt es wohl viele Superlative. Immerhin hat kein Stürmer in Europas Top-Ligen mehr Kopfballtreffer erzielt als Modeste (acht). Auch gab lediglich Robert Lewandowski mehr Torschüsse ab als Modeste. Und wer nach 17 Spieltagen auf Platz vier der Torjägertabelle steht, hat wohl auch nicht so viel falsch gemacht. “Ich habe sehr, sehr viel investiert und mit der Mannschaft 25 Punkte in der Hinrunde geschafft. Nicht viele haben an sowas geglaubt”, freute sich Modeste nach dem 1:0 zum Hinrundenabschluss gegen den VfB Stuttgart. Vor allem dank seiner Tore stehen die Geißböcke nun nach der Hälfte der Saison auf einem starken acht Platz – mit nur drei Punkten Rückstand auf die Champions League-Plätze, aber vor allem einem acht-Punkte-Polster auf den Relegationsplatz. Als die Geißböcke zuletzt nach einer Hinrunde so gut platziert waren, zog der FC am Ende in die Europa League ein. Zumindest die Beziehung zwischen Anthony Modeste und dem 1. FC Köln scheint nun wieder auf einem identischen Level angekommen zu sein.
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