Unter Markus Gisdol war die Erwartungshaltung an den 1. FC Köln kaputtmoderiert worden. Erwartet wurde nichts mehr. Steffen Baumgart hat das Denken, Fühlen und Handeln innerhalb und außerhalb des Geißbockheims vollständig verändert. Der schnelle Erfolg führte jedoch dazu, dass eine Woche wie die vergangene als insgesamt enttäuschend bewertet wurde. Dabei ist die Kritik auch ein Zeichen der Wertschätzung für die handelnden Personen. Ein Kommentar.
Die vergangenen neun Tage haben zahlreiche Erkenntnisse zutage gefördert. Wenig überraschend war eine Lehre aus dem 0:4 gegen den FC Bayern, dass für den 1. FC Köln alles passen muss, um so einen Gegner zu schlagen. Andererseits hatte das Spiel auch gezeigt, dass die Geißböcke mit Mut und Überzeugung selbst gegen den Rekordmeister zu zahlreichen hervorragenden Torchancen kommen können.
Das Aus im Elfmeterschießen gegen den Hamburger SV hingegen war ein Rückschlag. Vielleicht der erste richtige Rückschlag für die Mannschaft unter Steffen Baumgart. Ja, der FC hätte dieses Spiel gewinnen können. Doch nein, die Spieler waren nicht mit der nötigen Ernsthaftigkeit am Werk gewesen, um dieses Ziel zu erreichen. Und auch der FC-Trainer musste eine neue Erfahrung machen: Er musste Kritik einstecken.
Mentale Müdigkeit nach der Achterbahnfahrt?
Gegen den VfL Bochum galt es schließlich mit anderen Widerständen zu kämpfen. Die Mannschaft wirkte körperlich zwar noch immer topfit. Doch am Ball gelang wenig. Es war, so deutete auch Baumgart an, eher eine mentale denn körperliche Müdigkeit, die nach dieser intensiven Woche eingetreten war. Auch damit muss der FC nun umgehen und sich erholen.
Womöglich war diese Englische Woche auch sinnbildlich für den 1. FC Köln nach einem verrückten Jahr 2021. Wer wäre nicht müde nach so einer Achterbahnfahrt? Wer hätte nicht Probleme zu verstehen, was erst unter Gisdol, dann unter Funkel und schließlich unter Baumgart passiert ist? Dass ein halbes Jahr nach dem Fast-Abstieg die Erwartung so in die Höhe geschnellt ist, dass Enttäuschung einzieht, wenn man den FC Bayern nicht ärgern kann, wenn man den Hamburger SV nicht klar besiegt, wenn man in Bochum keinen Dreier einfährt?
Spieler und Trainer müssen die Erwartung aushalten
Ja, es geht auch – mal wieder – um die Erwartungshaltung rund ums Geißbockheim. Aber weniger darum, dass diese zu hoch ist, sondern darum, dass zu dem Weg des 1. FC Köln unter Steffen Baumgart auch gehört, sich an die Erwartungshaltung zu gewöhnen. Und zwar auf Spieler- und Trainer-Seite. Wer Erfolg haben will – und ihn dann auch hat -, muss damit leben und umgehen können, dass dieser Erfolg recht schnell auch erwartet wird. Erwartung bedeutet eben auch, dass Fans und Umfeld dem Klub diesen Erfolg zutrauen.
Die neue Erwartungshaltung beim 1. FC Köln ist nicht das ungesunde Resultat des traditionellen Kölner Selbstverständnisses, in der Bundesliga unter die Top Ten zu gehören. Vielmehr ist sie das Resultat der bemerkenswerten Entwicklung der letzten Monaten. Sie ist das Resultat der harten Arbeit, deren Wirkung sich für jeden sichtbar entfaltet. Und somit ist sie auch eine Wertschätzung für das, was Baumgart mit seinen Spielern schon erreicht hat. Der FC sollte daher die gestiegenen Erwartungen nicht verteufeln, sondern sie aushalten und umarmen. Denn sie gehen einher mit dem eigenen Erfolg.
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