Der sportliche Erfolg in dieser Saison darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass der 1. FC Köln weiterhin ein gespaltener Klub im Umbruch ist. Doch nichts bringt die verschiedenen Interessensgruppen einander wieder näher als der Erfolg gegen die Erzrivalen. Diese Kraft hilft den Geißböcken in nun so wichtigen Wochen für den Klub. Ein Kommentar.
In diesen Wochen tut sich so einiges beim 1. FC Köln. Alexander Wehrle verlässt den Klub nach über neun Jahren. Philipp Türoff übernimmt das Ruder der Geschäftsführung. In zwei Wochen kommt mit Christian Keller der neue Sportchef. Dazu beginnt die heiße Phase der Saison, und gleichzeitig nimmt die Kaderplanung für die nächste Spielzeit Fahrt auf.
Es hätte also kaum einen besseren Zeitpunkt für den Derbysieg am Sonntag bei Bayer Leverkusen geben können. Dass dieses Spiel ein Derby war und kein Nachbarschaftsduell, sah man alleine schon daran, dass die Ultras – ansonsten weiterhin dem Stadion fern bleibend – nach dem Spiel am Geißbockheim mit Pyros, Feuerwerk und Gesängen die Spieler in Empfang nahmen und ihnen für den zweiten Derybsieg der Saison dankten.
Ultras weiter nicht im Stadion
Eigentlich könnte die aktive Fanszene am kommenden Sonntag gegen Borussia Dortmund wieder ins Stadion kommen. Dann nämlich sollen wieder 50.000 Zuschauer in Müngersdorf anwesend sein. Doch der Südkurve 1. FC Köln e.V. hat gerade letzte Woche wieder klar gemacht, dass das nicht so kommen wird. Der Grund: Vertreter der aktiven Fanszenen deutschlandweit fordern “einen Fußball ohne Einschränkungen auf allen Ebenen” und stellen Bedingungen, die auf Sicht erst einmal nicht werden erfüllt werden können (mehr zu den Bedingungen hier).
Bleiben die Ultras also konsequent, werden einige von ihnen zwar privat ins Stadion gehen, aber nicht geschlossen und organisiert – und damit auch nicht mit dem organisierten Support, den die Südkurve auszeichnet. In anderen Klubs sind die Ultras wieder ins Stadion zurückgekehrt, in Köln wollen sie dem Vernehmen nach weiterhin fern bleiben. Der vom FC neugestaltete Fandialog hat daran nichts geändert.
Die Wirkung des Erfolgs unter Baumgart
Dennoch hat der Derbysieg am Sonntag gezeigt, dass die durch Corona noch größer gewordene Kluft zwischen dem FC und seinen Anhängern mit solchen Erfolgen in Sekundenschnelle wieder kleiner werden kann. Steffen Baumgart und seine Mannschaft begeistert die Anhänger FC-weit, egal aus welchen Ecken. “Ihr habt Euch in unser Herz gespielt”, hatte ein Vorsänger am Sonntag beim Ultra-Empfang der Spieler gerufen. Worte, die sinnbildlich für den ganzen FC stehen. Es ist dieser Erfolg – nicht nur im Ergebnis, sondern in der Spielweise -, der es den Verantwortlichen im Hintergrund einfacher macht, die Lücken zu schließen, die Gräben zuzuschütten und den Verein wieder zu stabilisieren.
Nicht auszudenken, in welchem Zustand der FC heute wäre, wenn weiterhin destruktiver und überdies erfolgloser Fußball gespielt werden würde. Nicht auszudenken, wie es rund um das Geißbockheim brodeln würde, wenn die Geißböcke erneut gegen den Abstieg spielen und die sportlich Verantwortlichen einmal mehr entlassen würden. Dieser jetzt anstehende personelle Umbruch ist anders – er war von langer Hand geplant, war professionell vorbereitet worden und kann nun geräusch- und bedenkenlos vollführt werden.
Der FC befriedet sich fast automatisch
Türoff kann sich das Vertrauen der Mitarbeiter in der Geschäftsstelle ebenso in Ruhe erarbeiten wie sich Keller und Baumgart zusammen mit Jörg Jakobs und Thomas Kessler zusammenfinden können. Der Vorstand bekommt auf diese Weise beste Argumente, um sich vom Mitgliederrat für eine weitere Amtszeit vorschlagen zu lassen. Und jede andere Gruppierung innerhalb des Klubs wird spüren, dass sie in einer solchen Phase mit einer Gegenkandidatur zum amtierenden Präsidium kaum erfolgreich sein würde.
Und so befriedet der Erfolg dieser Saison den FC auf vielen Ebenen fast automatisch. Diese neue Ruhe ist zwar freilich in hohem Maße vom sportlichen Erfolg abhängig. Doch dieser wurde von Baumgart und seinem Trainerteam mit einer Mannschaft gebaut, die erst am Anfang einer Entwicklung stehen soll. Schaffen es Baumgart, Keller, Jakobs und Kessler, die ersten vorzeigbaren Erfolge auch auf dem Transfermarkt in Siege umzumünzen, würde der Heilungsprozess weiter fortgesetzt. Die potentielle Kraft dieses sportlichen Erfolgs konnte man am Sonntag allerorts beim FC beobachten.
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