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Nach Jahren des Verschenkens: Der FC muss zum Verkaufsklub werden

Thomas Kessler, Steffen Baumgart und Christian Keller. (Foto: Bucco)
Thomas Kessler, Steffen Baumgart und Christian Keller. (Foto: Bucco)

Der 1. FC Köln hat in den vergangenen Jahren fast immer draufzahlen müssen, wenn ein Spieler den Verein verlassen sollte. Jetzt wollen und müssen die Geißböcke mit ihren Verkäufen nicht nur Gehälter einsparen, sondern auch Ablösesummen erzielen. Doch ein Blick in die vergangenen Jahre zeigt: Der FC muss sich den Ruf eines Verkaufsklubs erst erarbeiten.

Dass die Entwicklungen auf dem Transfermarkt gerade in England wilde Blüten treiben, ist bekannt. Doch aus Sicht des 1. FC Köln müssen sie mitunter absurd erscheinen. Ein Beispiel? Der Torwart-Markt.

Der FC Arsenal zahlt für den 28-jährigen Matt Turner aus den USA, der bis dato nur in seinem Heimatland in der MLS zwischen den Pfosten stand, über sechs Millionen Euro. Newcastle United überweist für den 30-jährigen Nick Pope 11,5 Mio. Euro an Burnley. Aston Villa kauft für 3,5 Mio. Euro den 32-jährigen Robin Olsen vom AS Rom, der zuvor in Englands zweite Liga ausgeliehen war. Derweil zahlt Southampton FC sage und schreibe 14 Mio. Euro für Gavin Bazunu, den Torhüter der zweiten (!) Mannschaft von Manchester City.

Das wäre ungefähr so, als hätte der 1. FSV Mainz 05 Christian Früchtl vom FC Bayern II für denselben Betrag verpflichtet. Derweil sitzt Timo Horn beim 1. FC Köln auf der Bank, ein 29-jähriger Torhüter mit 200 Bundesliga-Spielen, ein Olympia-Silbermedaillen-Gewinner mit weit über 300 Pflichtspielen für die Geißböcke und bis vor einem halben Jahr noch Bundesliga-Stammtorhüter, der sich prinzipiell vorstellen könnte nach England zu wechseln. Angebote? Fehlanzeige. Die einzige ernsthafte Anfrage kam bislang von Hertha BSC, dem Klub von Torwarttrainer Andreas Menger.

Die fehlenden Angebote für Kölns Leistungsträger

Der Torwartmarkt ist nur ein Beispiel dafür, dass ausländische Klubs den 1. FC Köln offenbar nur am Rande auf dem Schirm zu haben scheinen. Ein Blick in die jüngere Vergangenheit bestätigt dies: In den letzten zehn Jahren verkaufte der FC nur drei Leistungsträger ins europäische Ausland. Lukas Podolski ging zu Arsenal, Kevin Wimmer zu Tottenham und Ismail Jakobs nach Monaco. Und Jakobs fand nur deshalb einen Platz an der Côte d’Azur, weil der dortige Trainer zum damaligen Zeitpunkt Niko Kovac hieß. Die einzigen weiteren Leistungsträger, die ins Ausland wechselten, waren Anthony Modeste (China) und Rafael Czichos (USA).

Überhaupt wurden in den letzten zehn Jahren nur sieben Leistungsträger von anderen Klubs abgeworben: Neben den erwähnten Czichos, Jakobs, Modeste und Wimmer waren dies Salih Özcan, Yannick Gerhardt und der junge Christian Clemens. Natürlich wechselten auch Sebastiaan Bornauw und Jhon Cordoba für zweistellige Millionenbeträge, jedoch nicht, weil andere Klubs sie abwarben, sondern weil der FC sie zwingend verkaufen musste, um finanziell zu überleben. Und auch bei ihnen fand sich kein ausländischer Klub, sondern bekamen Bundesligisten den Zuschlag, weil lukrativere Deals aus dem Ausland fehlten.

Der Unterschied zu Freiburg und Mainz

Für Spieler des FC gab es in den vergangenen Jahren praktisch keinen internationalen Markt. Ganz anders bei anderen Klubs: Der SC Freiburg verkaufte in den letzten zehn Jahren seine Leistungsträger reihenweise, nahm über 225 Millionen Euro in dieser Zeit ein. Der 1. FSV Mainz 05 nahm sogar fast 250 Millionen Euro ein. Zum Vergleich: Der FC kam in dieser Zeit trotz des Modeste-Rekordverkaufs und der zwei Zwangs-Verkäufe von Bornauw und Cordoba nur auf 160 Mio. Euro Transfereinnahmen.

Der Grund: Freiburg und Mainz haben sich international einen Ruf für gute Spielerentwicklung erarbeitet. Ob England, Frankreich oder Portugal – aus diesen Ländern flossen regelmäßig zweistellige Millionen-Einnahmen in den Breisgau und nach Rheinhessen. Der FC dagegen konnte sich in den letzten Jahren nur einen zweifelhaften Ruf verdienen – als Klub, der entweder zwangsweise verkaufen oder Spieler verschenken musste, denen er dann auch noch Geld auszahlte, um sie von der Gehaltsliste streichen zu können.

Schade vs. Thielmann: Das 15-Mio.-Euro-Beispiel

Und so verwundert es nicht, dass aktuell der FC Brentford um Kevin Schade vom SC Freiburg buhlt und angeblich ein erstes Angebot über 15 Mio. Euro abgelehnt wurde. Schade ist Rechtsaußen, 20 Jahre alt, deutscher U21-Nationalspieler, pfeilschnell – hat aber gerade einmal 20 Bundesliga-Spiele auf dem Konto. Zur Erinnerung: Beim 1. FC Köln spielt einer mit einem fast identischen Profil. Sein Name: Jan Thielmann. Im Gegensatz zu Schade hat der Kölner sogar schon 67 Bundesliga-Spiele auf dem Konto und ist der weitaus bessere Torvorbereiter. Doch während Schade der nächste Mega-Transfer für Freiburg werden könnte, musste Thielmann zuletzt klarstellen: An dem Gerücht, der FC Arsenal sei interessiert gewesen, war nichts dran.

Dabei muss der 1. FC Köln künftig solche Verkäufe erzielen, um finanziell zu gesunden. Die Geißböcke wollen gar nicht alle Leistungsträger auf Jahre hinweg halten. Sie wollen verkaufen. Das soll zur Strategie gehören. Doch dafür müssen sie sich erst einmal den Ruf erarbeiten, Spieler von einer gewissen Qualität hervorbringen und auch zu passenden Preisen am Markt platzieren zu können.

Özcan soll der Anfang sein

Alleine, dass Ellyes Skhiri als einer der besten Sechser der Bundesliga seit zwei Jahren keine nennenswerten Angebote bekommt, zeigt: Die Jahre des Verschenkens und Draufzahlens haben dem FC geschadet. Dieser Transfersommer soll den Wendepunkt darstellen. Salih Özcan war der Anfang. Er stand in praktisch jedem Scouting-Bericht der internationalen Top-Klubs. Und damit auch der FC. Mit dem Eigengewächs konnte Köln noch nicht das große Geld machen. Das aber soll in den nächsten Jahren kommen.

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