Der 1. FC Köln hat ein Stürmer-Problem. Das wissen die Verantwortlichen seit Monaten. Dennoch setzt Sportchef Christian Keller hinter einen Wintertransfer ein “mittelgroßes Fragezeichen”. Dies darf aber nur ein Schachzug auf dem Transfermarkt für die Öffentlichkeit sein. Denn würde der FC tatsächlich keinen neuen Stürmer verpflichten, wäre das grob fahrlässig.
Ein Kommentar von Marc L. Merten
Christian Keller und Steffen Baumgart trafen im Sommer eine Entscheidung: Anthony Modeste durfte gehen, und als der Wunschkandidat als Modeste-Nachfolger kurzfristig absprang, verzichtete man auf eine Alternative und vertraute auf Steffen Tigges und Florian Dietz. Es war klar: Mit einem zuvor Drittliga- und einem zuvor Viertliga-Stürmer in eine Bundesliga- und Europa-Saison zu starten, war ein großes Risiko. Doch den Versuch war es wert.
Dieser Versuch ist gescheitert. Zu keinem anderen Urteil kann man im November 2022 kommen. Nicht, weil der FC sportlich schlecht da stehen würde – dieses Urteil ist schließlich keine Generalkritik. Doch die Geißböcke haben ein Problem im Sturm. Die Zahlen sind eindeutig. Dazu fällt Dietz für den Rest der Saison aus. Tigges alleine ist übrig geblieben als Stoßstürmer – und das ist einer Mannschaft, die mit großem Abstand in der Liga die meisten Flanken in den gegnerischen Strafraum schlägt.
Der Stürmer muss im Hier und Jetzt helfen
Mit einer solchen Taktik nur über einen einzigen kopfballstarken Stürmer im Kader zu verfügen, der selbst nach Aussage des Sportchefs noch merklich von konstantem Bundesliga-Niveau entfernt ist, ist nicht ausreichend. Nach dem Risiko im Sommer wäre es daher nun sogar grob fährlässig, wenn die Geißböcke dieses sich selbst schon eingestandene Manko im Kader durch einen Winter-Transfer nicht beheben würden.
Dabei geht es nicht darum, den nächsten Modeste zu verpflichten, der auf Jahre hinweg den FC nach Europa schießt. Es geht darum, bis zum Sommer 2023 eine ernsthafte Alternative auf der Mittelstürmer-Position zu haben. Der FC darf die Verantwortung für die nötigen Tore zum Erreichen der Saisonziele nicht auf die vorhandenen Stürmern abladen. Er muss eine Alternative schaffen – ob als Joker oder als Startelf-Spieler.
Es geht auch nicht darum, einen Stürmer zu holen, dem man sofort bedenkenlos einen Vier-Jahres-Vertrag geben könnte. Es geht nur und ausschließlich um die Rückrunde. Der Stürmer, der kommen muss, soll in erster Linie bis Ende Mai helfen – und erst in zweiter Linie auch über den Sommer hinaus. Darum geht es für den 1. FC Köln. Die kurzfristige Kaderplanung im Winter darf nur auf die Zielerreichung ausgerichtet sein, den Klassenerhalt zu schaffen. Im Sommer 2023 steht dann ohnehin ein großer Kaderumbruch an, der erstens viel Geld frei machen und zweitens dadurch viele Optionen bieten wird.
Der FC hatte mehr als genug Zeit
Daher ist es ein Schritt in die richtige Richtung, dass die Verantwortlichen Leihgeschäfte nicht mehr ausschließen. Ein Verein, der fast kein Geld hat, würde sich andernfalls die Tür zu einer der finanziell machbarsten Lösungen selbst zu schlagen. Der FC hat im Winter 2020 selbst gezeigt, dass es mit gutem Scouting gehen kann (Rexhbecaj, Uth). Was mit schlechtem Scouting passiert, hat der FC ebenfalls gezeigt: im Winter 2021 (Dennis).
Das Scouting-Team hatte nun aber immerhin seit September Zeit sich auf diesen Ernstfall vorzubereiten. Für einen attraktiven Bundesligisten wie den 1. FC Köln muss eine solch lange Zeit ausreichen, um genügend passende Kandidaten ausfindig zu machen, die man nun in persönlichen Gesprächen auf die charakterliche Eignung prüfen und für die Aufgabe beim FC begeistern kann. Sollte dies nicht gelingen, muss sich der FC die Frage gefallen lassen, ob man sich selbst die eigenen Grenzen für einen Transfer zu eng gesetzt hat, sodass es von vorne herein kaum Optionen auf dem Transfermarkt gegeben hat. Doch das kann sich der FC nicht leisten. Nicht mit dem aktuellen Personal im Sturmzentrum
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