Nach Einlegen der Beschwerde am Internationalen Sportgerichtshof (CAS/TAS) beginnt für den 1. FC Köln die Zeit des Wartens. Worum es jetzt geht, wer entscheidet und wie die Chancen der Geißböcke stehen.
Der Papierkrieg ist beendet, der Kampf um juristische Formulierungen ausgefochten, die Unterlagen eingereicht: Der 1. FC Köln hat am Montag das Schriftwerk auf den Weg nach Lausanne in die Schweiz gebracht, das die Geißböcke vor einem immensen Schaden bewahren soll.
Aber was genau mussten die Kölner überhaupt einreichen, um gegen das FIFA-Urteil in der Causa Potocnik vorzugehen? Müssen auch der Fußball-Weltverband und Olimpija Ljubljana reagieren? Wer entscheidet in welcher zeitlichen Folge über was? Der GEISSBLOG beantwortet die wichtigsten Fragen zum anstehenden Prozess.
Die Beschwerde
Der 1. FC Köln hat eine “Beschwerde” am “Court of Arbitration for Sport” (CAS) oder auch “Tribunal Arbitral du Sport” (TAS) eingereicht. Der CAS wird als unabhängiges Schiedsgericht von der FIFA anerkannt. In englischer und französischer Sprache musste der FC seine Beschwerde ausführlich begründen und Zeugen für die mündliche Verhandlung benennen.
Neben der Beschwerde reichte der FC auch einen begründeten Antrag auf Aussetzung des FIFA-Urteils und der damit verbundenen Strafe ein. All dies hat eine Schweizer Anwaltskanzlei mit großer CAS-Erfahrung in Abstimmung mit der juristischen Abteilung des FC vorgenommen.
Der Zeitplan
Die FIFA hatte das ursprüngliche Urteil im Fall Jaka Cuber Potocnik am 29. März 2023 zur Mittagszeit den Anwaltskanzleien aus Ljubljana und Köln zukommen lassen. Der FC bekam das Urteil mit mehrstündiger Verspätung weitergeleitet. Mit dieser Überstellung begann die 21-Tage-Frist für einen Einspruch in Form einer Beschwerde beim CAS.
Weil der FC dies nun auf den Weg gebracht, beginnt eine neue Frist von zehn Tagen. In dieser Zeit können sich die FIFA und Olimpija Ljubljana zur Kölner Beschwerde äußern. Danach beginnt die wirkliche Wartezeit: Im ersten Schritt wird der CAS über den Antrag auf Aussetzen der Strafe entscheiden, und zwar zwei bis acht Wochen. Das finale Urteil benötigt dann noch einmal zwei bis vier weitere Monate.
Die Richter
Insgesamt werden drei Richter über die Suspension und anschließend über das Urteil entscheiden. Einer der Richter darf vom FC benannt werden. Von den insgesamt 349 Juristen des CAS werden aktuell 104 dem Bereich Fußball zugesprochen. Aus dieser Liste folgt die Zusammensetzung der Richterbank.
Das mündliche Verfahren wird in Lausanne stattfinden, kann aber auch an einen anderen Ort verlegt werden. Die Sprache des Verfahrens wird vom vorsitzenden Richter festgelegt – entweder Englisch, Französisch oder Spanisch. Wie viele Verhandlungstags über welchen Zeitraum es geben wird, ist unklar.
Kölns Chancen
Zum Antrag auf Aussetzen der Strafe: Die Chancen für den FC stehen gut, dass die Geißböcke doch noch im anstehenden Sommer-Transferfenster neue Spieler registrieren dürften. Der Grund: Der CAS wird das finale Urteil nicht vor Beginn dieser Sommer-Transferperiode fällen. Eine Suspension würde alle Parteien im Falle einer Revision des Urteils für Fragen des Schadenersatzes absichern.
Zur Beschwerde: Die Chancen für den FC auf einen vollständigen Freispruch stehen nicht gut, besser sieht es bei einer Reduzierung des Strafmaßes aus. Kölns größtes Problem: der Zeitfaktor. Potocnik hatte am 30. Januar 2022 seinen Vertrag in Ljubljana kündigte und bereits am 31. Januar 2022 beim FC unterschrieben. Ein suspekter Vorgang, der praktisch abgeschlossene Verhandlungen zwischen FC und Potocnik bereits vor dessen Kündigung bei Ljubljana vermuten lässt. Kölns Hoffnung liegt darauf beweisen zu können, dass der Spieler trotzdem rechtsgültig gekündigt hatte.
Außergerichtliche Einigung: Dass sich der FC und Olimpija Ljubljana noch einigen, ist zwar möglich. Einen Einfluss auf das CAS-Verfahren hätte das aber nicht zwingend. Denn: Der FIFA ging es um die Anstiftung zum Vertragsbruch. Dieser Vorwurf stünde selbst bei einer außergerichtlichen Einigung der Klubs weiter im Raum. Und sollte Potocniks Kündigung doch rechtsgültig gewesen sein, dann nur, weil wiederum Ljubljana zuvor gegenüber Potocnik Vertragsbruch begangen hätte. Und auch das müsste dann die FIFA sanktionieren.
Fazit
Der 1. FC Köln wehrt sich. Die Geißböcke waren felsenfest davon überzeugt, im Recht zu sein. Sie hatten mit dem Ausgang des FIFA-Urteils nicht gerechnet. Jetzt müssen sie ausbügeln, was sie auf die zu leichte Schulter genommen hatten. Der FC fährt alles auf, was möglich ist. Wird es reichen? Spätestens seit dem Urteilsspruch des Weltverbandes dürfte klar sein, dass nichts klar ist.
Sportgerichtsbarkeit ist oftmals unvorhersehbar, insbesondere bei der Ausgestaltung des Strafmaßes. Mit dem Spanier Emilio Garcia Silvero gehört der Chefjurist der FIFA zu den 22 Mitgliedern der Trägergesellschaft des CAS. Stand jetzt wäre aus Sicht des 1. FC Köln schon der Aufschub der Strafe ein wichtiger Erfolg. Auf mehr als auf eine Verringerung des Strafmaßes sollte der FC jedoch nicht hoffen. In der Vergangenheit stellte sich der CAS nur selten gegen die FIFA.
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