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Markus Rejek: “Spürbar anders steht nicht zur Diskussion”

Markus Rejek ist seit Herbst 2022 als dritter Geschäftsführer beim 1. FC Köln im Amt. (Foto: Bucco)
Markus Rejek ist seit Herbst 2022 als dritter Geschäftsführer beim 1. FC Köln im Amt. (Foto: Bucco)

Seit November 2022 ist Markus Rejek als dritter Geschäftsführer beim 1. FC Köln im Amt. Im Interview mit dem GEISSBLOG spricht der 54-Jährige unter anderem über seine Aufgaben, die Vermarktung der Bundesliga sowie die Zukunft des FC.

Das Interview führte Marc L. Merten

GEISSBLOG: Herr Rejek, Sie sind im Herbst 2022 als dritter Geschäftsführer in der laufenden Saison hinzugekommen. Wie bewerten Sie Ihre ersten Monate beim FC?

MARKUS REJEK: “Sie standen unter dem Motto Kennenlernen und Einarbeiten. Es war eine mutige Entscheidung des Vorstands, die Geschäftsführung in nur einem Jahr komplett zu ersetzen. Als Dritter und Letzter hinzuzukommen, ist natürlich ein bisschen undankbar.”

Inwiefern?

“Erst einmal ist jeder neue Geschäftsführer für die Mitarbeiter wieder aufs Neue ein Stresstest, weil sie sich neu einstellen müssen. Und für mich als Dritter war es so, dass ein Großteil des Kuchens schon verteilt war. Die Grundpfeiler in der Vermarktung waren gelegt. Die Umstrukturierung war zum großen Teil schon im Gange. Dazu sind wir alle drei Generalisten. Wir verantworten zwar unterschiedliche Bereiche. Trotzdem haben wir alle drei den Anspruch, das große Bild mitzugestalten.”

Bei uns werden die Dinge ein, zwei Mal häufiger diskutiert

MArkus Rejek

Das klingt nicht ganz einfach.

“Ich sehe das als Stärke. Bei uns werden die Dinge ein, zwei Mal häufiger diskutiert und auf diese Weise stärker geformt. Wir leben davon, dass wir uns respektieren, schätzen und die Meinung der anderen hören wollen. Nur, weil man auch mal diskutiert, heißt das nicht, dass man nicht gemeinsam entscheidet. Ich halte das für den richtigen Weg, der uns insgesamt besser macht.”

Wie sieht so eine Diskussion bei drei Alphatieren in der Geschäftsführung aus?

“Es sind ja nicht nur drei, sondern mit dem Vorstand sechs (lacht). Das führt dazu, dass wir alle unser Wissen und unsere Erfahrung in einen Prozess einbringen. Das tut dem FC gut, weil Entscheidungen so überlegt entstehen, reifen und am Ende ohne Eitelkeiten beschlossen werden.”

Zu Ihrem Kuchen: Wie sieht der aus?

“Mein Bereich umfasst alles rund um Marketing und Vertrieb. Das ist einerseits alles, was wir in der direkten Verbindung zu unseren Fans machen – Merchandising, Ticketing, Veranstaltungen, Stadionerlebnis, Fanclubs und Mitglieder. Andererseits gehört alles dazu, was wir mit unseren Partnern und Sponsoren planen. Und dann ist da noch das Thema Identität, in anderen Branchen würde man es die Marke 1. FC Köln nennen.”

“Spürbar anders” soll noch mehr zum Leben erweckt werden

Markus Rejek

Ist der 1. FC Köln noch „spürbar anders“?

“Spürbar anders ist ein Markenversprechen, über das wir uns lange ausgetauscht haben. ‚Spürbar anders‘ hat sich etabliert, und wir haben das Gefühl, dass wir ‚Spürbar anders‘ künftig noch besser erklären können. Es soll nicht einfach nur irgendwo draufstehen, sondern auch noch mehr zum Leben erweckt werden. ‚Spürbar anders‘ steht deshalb nicht zur Diskussion.”

Beim Thema Vermarktung kommt man gerade nicht um die DFL herum. Da ging es einerseits zuletzt um den Investoreneinstieg, andererseits um den nächsten TV-Vertrag. Bayern und Dortmund sprechen offen davon, sich künftig stärker selbst vermarkten zu wollen. Viele Fans fragen sich: Was bedeutet das jetzt?

“Das ist schwer zu erklären, weil Frust und Enttäuschung in Folge der Investoren-Entscheidung aufgekommen sind und jetzt wirtschaftliche mit menschlichen Themen vermischt werden. Kurioserweise sagen ausgerechnet die großen Vereine einerseits, sie hätten von dem Investoreneinstieg am wenigsten profitiert. Andererseits zeigen sie jetzt den größten Schmerz am Ausgang dieses Prozesses.”

Steht die DFL vor einer Spaltung?

“Wir müssen uns in jedem Fall zusammensetzen und einen neuen, gemeinsamen Weg für die DFL definieren. Das ist aber nicht das Ergebnis einer Abstimmung, bei der 36 Vereine demokratisch einen Investor abgelehnt haben. Der Grund ist, dass wir innerhalb der DFL in den letzten Jahren nicht immer die besten Entscheidungen getroffen. Was uns eint, ist die Überzeugung, dass es eine Weiterentwicklung braucht – und dafür brauchen wir neue finanzielle Möglichkeiten, um den deutschen Fußball in die Zukunft zu führen.”

Wenn man von neuen finanziellen Möglichkeiten hört, erinnert man sich an die vermeintliche Demut zur Zeit der Pandemie, als die Liga kleinlaut erklärt hatte, man müsse das Fundament der Clubs neu denken. Von dieser Demut scheint nichts mehr übrig.

“Dieser Eindruck täuscht nicht. Deshalb war einer der größten Kritikpunkte das Tempo des Prozesses unter einer Interims-Geschäftsführung. Eine der weitestreichenden Entscheidungen innerhalb der DFL sollte unter einer Führung durchgepeitscht werden, die gesagt hat: Wir hören am 30. Juni auf. So kam es letztlich zu der Ablehnung.”

Wir müssen den Weg des Franz Kremer in die Moderne übersetzen

Markus rejek

Der Vorwurf der großen Clubs lautet: Die Zweite Liga hat den Investor verhindert.

“Das ist Quatsch. Jeder Club in der DFL, auch jeder Zweitligist, hat das Recht, kritische Fragen zu stellen und sich einzubringen. In der Endabstimmung waren auch viele Bundesligisten dagegen. Die Darstellung, es sei ein Kampf der Zweiten gegen die Erste Liga gewesen, ist aberwitzig. Drohszenarien, wie es könne nun zu einer Trennung der Ligen kommen, helfen uns nicht. Fakt ist, dass keine andere Liga in Europa ein so hohes Engagement und Interesse der Fans hat. Dieses Alleinstellungsmerkmal sollten wir wieder in den Vordergrund stellen, anstatt der Premier League für eine vermeintliche Wettbewerbsfähigkeit einiger weniger Bundesliga-Clubs hinterherhecheln zu wollen.”

Brechen wir es auf den 1. FC Köln runter: Sie haben trotzdem gesagt, es geht darum, neue Geldquellen zu erschließen. Wo können die beim FC herkommen?

“Das ist eine berechtigte Frage. Vorweg: Ich bin ein großer Freund von 50 plus 1, weil es ein Schutzmechanismus für die Clubs ist. Ein Vorstand oder eine Geschäftsführung sind auch immer nur Gast in dem jeweiligen Verein, handeln aber mitunter kurzfristiger, als es langfristig für einen Club gut wäre. Daher halte ich 50 plus 1 für wichtig zum Erhalt der Fußballkultur in Deutschland. Und jetzt zum FC: Wir glauben, dass wir den Weg des Franz Kremer in die Moderne übersetzen müssen.”

Was bedeutet das?

“Was bedeutet die Frage „Wollt Ihr mit uns Deutscher Meister werden?“ im übertragenen Sinne für uns heute? Es braucht neue, finanzielle Möglichkeiten, um uns im Wettbewerb zu stellen. Einige Optionen sind eng verbunden mit der Frage: Geißbockheim oder Marsdorf? Eine zweite Frage ist das Stadion. Diese andauernde Frage, wo der FC in Köln zuhause sein darf, bündelt sehr viel Energie. Der 1. FC Köln fordert nicht nur, sondern wir geben der Stadt und den Menschen auch viel. Nicht nur mit dem Fußball und unserer Strahlkraft, sondern auch durch Nachhaltigkeit, durch die Arbeit unserer Stiftung. Wir brauchen jetzt eine Antwort, um uns nach vorne zu entwickeln.”

Wie nah ist der FC dran, mit der Stadt über den Kauf des Stadions zu sprechen? Nächstes Jahr läuft der Pachtvertrag aus.

“Aktuell ist es kein Thema, es gibt aber verschiedene Modelle. In der Bundesliga gibt es nur noch den FC, der das Stadion nicht selbst betreibt oder zumindest nicht daran beteiligt ist. Das ist ein riesiger Wettbewerbsnachteil. Es geht jetzt aber erst einmal darum, den neuen Pachtvertrag zu verhandeln. Das ist eine Herausforderung, weil es für beide Seiten keine Alternative gibt. Eine Stadt braucht kein reines Fußballstadion – und wir können nicht einfach sagen: Dann spielen wir einfach in Aachen oder Leverkusen. Alle Parteien müssen das richtige Augenmaß zeigen, um sich zu einigen. Mittelfristig müssen wir mit der Stadt aber darüber sprechen, welche alternative Lösung es geben kann, um zumindest Mitbetreiber zu werden. Das ist eines der herausragenden strategischen Themen für den FC.”

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