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“Schwer nachvollziehbar”: Wehrle wehrt sich gegen Altlasten-Vorwürfe

Werner Wolf und Alexander Wehrle zu gemeinsamen FC-Zeiten. (Foto: Bopp)
Werner Wolf und Alexander Wehrle zu gemeinsamen FC-Zeiten. (Foto: Bopp)

Die Verantwortlichen des 1. FC Köln bezeichneten den Club zuletzt vermehrt als “Sanierungsfall”, sprachen von Kader-“Altlasten”. Ex-Geschäftsführer Alexander Wehrle wurde dabei zwar nicht namentlich erwähnt – hat sich nun aber dennoch in einem Interview zur Wehr gesetzt.

Der VfB Stuttgart ist die große Überraschung des ersten Saisondrittels. Als Tabellendritter der Bundesliga sind die Schwaben erster Jäger der beiden Top-Titelkandidaten aus Leverkusen und München. Alexander Wehrle, von 2013 bis 2022 Geschäftsführer des 1. FC Köln und seit März 2022 Vorstandsboss beim VfB, hat mit seinem Heimat-Club nach zwei Fast-Abstiegen einen kompletten Turnaround hingelegt.

Der FC dagegen rangiert als Vorletzter am anderen Ende des Klassements, konnte sich im vergangenen Sommer aufgrund seiner finanziellen Probleme kaum verstärken. Sportchef Christian Keller habe “vor der Herausforderung” gestanden, “unseren Verein zu sanieren, der nach Corona und wegen einiger Altlasten finanziell vor dem Kollaps stand”, erklärte der Vorstand zuletzt in einer Mitteilung an die Mitglieder. Das habe “die Möglichkeiten begrenzt, den Kader zu gestalten.” Keller selbst spricht seit seinem Amtsantritt wiederholt von einem “Sanierungsfall”.

“Habe Europapokalteilnehmer hinterlassen”

Während Präsident Werner Wolf & Co. mit ihrer erwähnten Vorstandspost der aktuellen Geschäftsführung den Rücken stärkten, war insbesondere das Wort “Altlasten” ein Seitenhieb gegen die früheren Verantwortlichen. Wehrle, der bei all den wechselnden Sportchefs die Konstante in der Geschäftsführung war, fühlt sich offenbar angesprochen.

Zumindest setzt sich der 48-Jährige in einem Interview mit dem Kölner Stadt-Anzeiger zur Wehr. Auf die Frage, wie er mit den Vorwürfen umgehe, antwortet er: “Wenn es so gemeint wäre, wäre es für mich schwer nachvollziehbar. Ich habe im Frühjahr 2022 einen kommenden Europapokalteilnehmer hinterlassen und mit meinen Sport-Geschäftsführer-Kollegen Jörg Schmadtke, Armin Veh und Horst Heldt sowie den Vorständen neun Jahre lang immer im Sinne des 1. FC Köln entschieden.”

 Ohne die 38,5 Millionen Euro Eigenkapital würde der 1. FC Köln heute nicht mehr in der Form existieren.

Alexander Wehrle

Wehrle macht darauf aufmerksam, dass nach seinem Start beim FC zunächst 38,5 Millionen Euro Eigenkapital aufgebaut wurden, ohne die “der 1. FC Köln heute nicht mehr in der Form existieren” würde. Den Begriff “Sanierungsfall” könne er “sogar nachvollziehen, wenn man ihn nicht nur auf den FC bezieht. Kein Bundesligaklub konnte so etwas wie die Corona-Pandemie vorausplanen. Wir reden hier über bis zu 100 Millionen Euro Umsatzverlust. Wir mussten Maßnahmen einleiten, um die Existenz des Klubs zu sichern.”

Wobei andere Bundesligisten trotz Pandemie weitaus weniger Probleme hatten, teilweise – wie der nicht in dem Maße von Zuschauer-Einnahmen abhängige SC Freiburg – sogar Gewinne erwirtschafteten. Womit wir bei den vom Vorstand erwähnten “Altlasten” wären.

Wehrle sei “Nachtreten fremd”, er “halte nichts davon, nach Schuldigen zu suchen”, sondern sei “ein Freund davon, die Ärmel aufzukrempeln und im Team gute Arbeit abzuliefern”. Und grundsätzlich wolle er “Spieler, also Menschen, nicht als Altlast bezeichnen”. Doch sehr wohl will er die Entscheidungen der Vergangenheit verteidigen: “Was die Kaderplanung betrifft, möchte ich daran erinnern, dass wir schon im Sommer 2021 wegen Corona finanziell kreativ sein mussten. Wir haben Marvin Schwäbe, Dejan Ljubicic, Mark Uth und Timo Hübers ablösefrei verpflichtet, im Winter wurde Jeff Chabot ausgeliehen.” Akteure, die den Weg in die Conference League geebnet haben.

Wehrle drückt 1. FC Köln die Daumen

“Dass wir in den Saisons davor bei einigen Transfers mit unserem Eigenkapital im Rücken etwas mehr ins Risiko gegangen sind, stimmt”, fährt der Kölner Ex-Boss fort: “Nämlich für Ellyes Skhiri, Sebastiaan Bornauw und im Winter davor für Anthony Modeste, den wir ablösefrei zurückgeholt haben, nachdem er 16 Monate zuvor für die Rekordablöse von 28 Millionen Euro nach China gewechselt war. Ich glaube, bei allen dreien war das richtig — sportlich und finanziell.”

Unerwähnt bleiben dabei Verpflichtungen wie Vincent Koziello (3 Millionen Euro), Niklas Hauptmann (3,6 Millionen Euro), Birger Verstraete (4 Millionen Euro), Sebastian Andersson (6,5 Millionen Euro) oder Dimitris Limnios (3,3 Millionen). Spieler, die den FC nicht nur mehr als 20 Millionen Euro Ablöse gekostet haben, sondern auch jahrelang Gehälter einstrichen (oder einstreichen), die ihre Rolle im Team maßlos übertrafen. Misslungene Transfers gehören also ebenso zur Wahrheit wie die Tatsache, dass der FC – mit weiterhin mehr als 50 Millionen Euro – nun mal saniert werden muss.

An den Klassenerhalt seines Ex-Clubs glaubt Wehrle trotz allem: “Ich bin fest davon überzeugt, dass Steffen Baumgart, den Horst Heldt und ich ja nicht von ungefähr nach Köln geholt haben, mit dem FC wieder die Kurve bekommt.” Baumgart war 2021 gekommen, nachdem der Gemeinsame Ausschuss im Abstiegskampf Heldts früheren Vorschlag, Thorsten Fink, abgelehnt hatte. Wehrle drückt “dem FC beide Daumen, dass er am Ende über den Strich kommt”. Zumindest hier herrscht Einigkeit mit den aktuellen Verantwortlichen.

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