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Baumgarts letztes Interview: “Ich habe den Verein lieben gelernt”

Steffen Baumgart ist nicht mehr Trainer des 1. FC Köln. (Foto: Bucco)
Steffen Baumgart ist nicht mehr Trainer des 1. FC Köln. (Foto: Bucco)

Steffen Baumgart ist nicht mehr Trainer des 1. FC Köln. Doch der 51-Jährige hat nur zwei Tage vor seinem Aus bei den Geißböcken noch ein Exklusiv-Interview gegeben: dem GEISSBLOG. Ein Blick zurück auf Baumgarts Aussagen.

Das Interview führten Sonja Gauer, Marc L. Merten und Martin Zenge

Er kommt in seinem üblichen Outfit. Trainingshose und Jacke, weiße FC-Cap, ein Glas Cola in der Hand. Steffen Baumgart gibt den drei GEISSBLOG-Reportern die Hand, setzt sich in einen der grauen Sessel. Das vorletzte Mannschaftstraining des Jahres ist gerade zu Ende gegangen. Es ist Montagmittag am 18. Dezember 2023, zwei Tage vor dem Spiel des 1. FC Köln beim 1. FC Union Berlin. 72 Stunden später wird Baumgart nicht mehr Trainer der Geißböcke sein.

Es wird ein Gespräch über 66 Minuten. Baumgart spricht zunächst über seinen Gemütszustand (“Die sportliche Situation ist bescheiden und hat geschlaucht”), aber auch über den Unterschied zwischen dem Trainer Baumgart und dem Familienmenschen Baumgart. Er habe zuhause zwei Hunde, “die mit dem Schwanz wedeln, wenn ich nach Hause komme und sich nicht dafür interessieren, ob ich gut oder schlecht drauf bin”.

Interview am Geißbockheim

Doch hier im Interview sitzt Baumgart als FC-Trainer. Seine Anspannung ist greifbar, die Ergebnisse und Leistungen der vergangenen Wochen haben an ihm gezehrt. Ist in dem Gespräch schon absehbar, dass es bei einer Niederlage in Berlin zur Trennung kommen wird? Hinterher ist man immer schlauer, während des Interviews aber gibt es darauf noch keine klaren Anzeichen.

Der kleinere von zwei Besprechungsräumen am Geißbockheim liegt zentral in der oberen Etage der Geschäftsstelle. Kunstrasen als Fußboden, ein großes FC-Wappen an einer der weißen Wände. Draußen gehen Fensterputzer ihrer Arbeit nach. Der Blick auf den Trainingsplatz eins ist durch Jalousien versperrt. Zu diesem Zeitpunkt macht der 51-Jährige den Eindruck, dass er nach seinem Österreich-Urlaub am 2. Januar wieder dort auf dem Rasen stehen will. Mit seiner Mannschaft und mit einem klaren Ziel: Klassenerhalt.

Haben die aktuelle Situation lange Zeit nicht so negativ gesehen, wie es in der Tabelle aussieht

Steffen Baumgart am 18. Dezember 2023

Baumgart sagt offen, dass er sich nicht sicher ist, ob die Qualität des Kaders für den Klassenerhalt ausreicht. “Im Moment ist die Qualität so, dass die Situation im Tabellenkeller sehr eng ist. Ich habe sie auf jeden Fall so eingeschätzt, dass wir mehr als zehn Punkte haben. Dass es insgesamt aber eine enge Saison wird, habe ich von Anfang an betont.” Der 51-Jährige sagt aber auch offen, dass die sportliche Leitung “die aktuelle Situation lange Zeit nicht so negativ gesehen hat, wie es in der Tabelle aussieht”.

An dieser Stelle beginnt die Frage nach dem Warum. Baumgart sagt: “Aus meiner Sicht hätten wir unser sportliches Tal vermeiden können.” Es geht um die Kaderplanung, um Transfers, um einen vermeintlichen Konflikt mit Sportchef Christian Keller. “Es gibt im Fußball nicht den einen gemeinsamen Nenner. Trotzdem gehen wir alle denselben Weg und nicht in verschiedene Richtungen, reden klar und lachen auch mal miteinander.”

Es ist nicht zu überhören, dass es zwischen Baumgart und Keller nicht mehr zu 100 Prozent stimmt. Anders ausgedrückt: Der emotionale Trainer und der nüchterne Sportchef bilden eine Zweckgemeinschaft, die sie sich wohl nie gemeinsam ausgesucht hätten. Baumgart war zuerst da, dann kam Keller. Baumgart war schon eine Galionsfigur, als mit Keller der neue Vorgesetzte kam und begann den FC zu verändern, den Baumgart bereits auf den Weg gebracht hatte.

Anderthalb Jahre später ist von beiden Bemühungen nicht mehr viel übrig. Zumindest sportlich, das weiß auch Baumgart. “Wenn man das Drumherum um die Mannschaft sieht, was für den Außenstehenden vielleicht schwer zu erkennen ist, haben wir ganz viel entwickelt, was dem Verein langfristig helfen wird”, sagt der 51-Jährige zwar, gibt aber zu: “Sportlich haben wir uns nicht mehr verbessert, das muss man ganz klar sagen.”

Man erkennt bei mir schon, welche Vereine ich liebe und welche nicht.

Steffen Baumgart am 18. Dezember 2023

Es gibt in diesem Gespräch einen Moment, da Baumgart wackelt, da er mit sich kämpft. “Man erkennt bei mir schon, welche Vereine ich liebe und welche nicht. Der FC hat das geschafft. Ich habe den Verein lieben gelernt.” Es sind diese emotionalen Worte, die im Nachhinein so klingen, als hätte Baumgart schon gewusst, was zwei Tage später im Fall einer Niederlage passiert. “Der FC ist nicht nur Arbeit, sondern ein Stück meines Lebens, ein prägender Abschnitt.”

Ein Abschnitt, der noch in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag zu Ende geht und tags drauf offiziell gemacht wird. Baumgart weiß, was er dem Club gebracht hat. Er weiß auch, was der Club ihm gegeben und ermöglicht hat. Zwei Jahre Symbiose, ein halbes Jahr Kampf und Krampf – der 51-Jährige hat den FC erhobenen Hauptes verlassen, wenngleich nicht im Moment des Erfolgs.

Kaum wiederzuerkennen ohne Bart: Steffen Baumgarts Weihnachtsgruß aus dem Ski-Urlaub. (Foto: Instagram.com/steffenbmgt)

Nicht jedem Trainer bei den Geißböcken, selbst nicht den erfolgreicheren – und zu denen zählt Baumgart dank des Einzugs in die Conference League auf jeden Fall – ist es vergönnt gewesen, nach ihrer Zeit beim FC mit offenen Armen wieder empfangen zu werden. Baumgart jedoch dürfte dieses Privileg zuteil werden. Auch, weil ihm stets bewusst war, wo er gearbeitet hat. “Der Verein hat in Deutschland eine Größe, die dem Kölner selbst vielleicht gar nicht so bewusst ist. Wenn es außerhalb der Stadt um Köln geht, dann geht es nicht um den Dom, sondern um den FC.”

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