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Winter-Transfers, Verträge, Urbig: Kellers Blick auf die Kader-Planung

Christian Keller und Jonas Urbig. (Foto: Bucco)
Christian Keller und Jonas Urbig. (Foto: Bucco)

Christian Keller will und muss im Winter den Kader des 1. FC Köln verstärken. Im zweiten Teil des großen GEISSBLOG-Interviews (hier geht’s zu Teil 1) spricht der Sportchef unter anderem über die anstehende Transferperiode, auslaufende Verträge und die Torhüter-Diskussion.

Das Interview führten Sonja Gauer und Marc L. Merten

GEISSBLOG: Herr Keller, was passiert im Winter beim 1. FC Köln auf dem Transfermarkt?

CHRISTIAN KELLER: „Es wird Kaderbewegungen geben. Welche und wie viele genau, ist jetzt verfrüht zu sagen. Ich habe eine klare Vorstellung, die kann ich aber noch nicht öffentlich teilen. Die Winter-Transferperiode ist keine einfache. Wir haben sie gewissenhaft vorbereitet, wir hatten ja auch lange genug Zeit. Trotzdem liegt es nicht allein in unserem Ermessen, was passiert. Spieler im Winter sind im Normalfall in einem Arbeitsverhältnis. Es ist schwieriger, einen ablösepflichtigen Transfer zu realisieren, wenn die Saison noch läuft. Kein Verein gibt im Winter zum Beispiel gerne seinen Top-Stürmer ab.“

Wird es denn größere Kaderbewegungen geben oder nur kosmetische Korrekturen?

„Wir sind in weiten Teilen mit der Leistung der Mannschaft einverstanden. Ich sehe keinen Grund, im Winter den halben Kader auszuwechseln. Ein bisschen frisches Blut schadet aber nicht. Vielleicht geben wir auch jüngeren Spielern, die bislang nicht so auf ihre Einsatzzeiten kommen, über eine Leihe mehr Spielpraxis.“  

Keller will Kadergröße beibehalten

Gerhard Struber hatte aber zwischenzeitlich Schwierigkeiten, von der Bank qualitativ nachzulegen. Die Kader-Tiefe ist also ein Problem.

„Es ist vielmehr unsere Herausforderung, die Spieler, die aktuell nicht in der ersten Reihe stehen, in Form zu bekommen.“ 

Bei einigen Spielern sprechen wir aber nun schon lange über ihre Form. Ist es irgendwann nicht vielmehr eine Frage der Qualität? 

„Sie haben auch schon mal gezeigt, dass sie es besser können, sei es bei uns oder bei ihren vorherigen Stationen. Wenn es einige seit längerer Zeit nicht mehr schaffen, an ihr bestes Niveau heranzukommen, ist es vielleicht auch da sinnvoll, über eine Luftveränderung zu sprechen.“ 

Wir schauen uns den Markt immer auf allen Positionen an. Wir haben aber nicht das Empfinden, dass wir uns auf allen Positionen verändern müssen.

Christian Keller

Wenn es also zu Abgängen käme, würde der FC diese Positionen auch wieder füllen? 

„Wir wollen den Kader nicht deutlich verkleinern. Er wird in etwa bei der gleichen Größe bleiben.“ 

Haben Sie schon mit Spielern gesprochen, denen Sie eine Luftveränderung nahelegen?

„Nein, noch nicht. Zum einen, weil sich jeder Spieler so lange wie möglich bewähren soll. Zum anderen kennt jeder seinen Standpunkt aus den Gesprächen vom Spätsommer. Es ist besprochen worden, was wechselseitig erwartet wird.“ 

Es ist entsprechend auch noch kein Spieler aktiv auf Sie zugekommen? 

„Nein. Es ist aber auch erst Mitte November. Die Winter-Transferperiode ist anders als im Sommer. Da geht es oftmals schon im Februar oder März in eine Richtung. Im Winter werden jetzt erst so langsam die Gespräche intensiviert.“

Es bleibt aber dabei, dass ein Neuner und ein Rechtsverteidiger auf der Zugangsseite im Fokus stehen?  

„Wir schauen uns den Markt immer auf allen Positionen an. Wir haben aber nicht das Empfinden, dass wir uns auf allen Positionen verändern müssen.“

Kein neuer Stand bei Maina und Ljubicic

Braucht der Kader aktuell eher erfahrene Spieler – vielleicht auch mal Charakterköpfe? 

„Neue Spieler sollten uns einen Qualitätsimpuls geben. Das können verschiedene Dinge sein: ein zusätzlicher sportlicher Mosaikstein auf dem Platz, Effizienz vor dem Tor, ein Mentalitätsimpuls. Sportliche und persönliche Qualitäten zusammen wären natürlich am besten. Das machen wir aber nicht am Alter fest.“

Und solche Spieler finden Sie in Österreich? In der Vereins-Doku Geliebter Fußballclub war zuletzt zu sehen, wie Chefscout Martin Schulz nach Österreich reist. 

„Als er in der Doku nun zurückkam, hat er nicht mehr gesagt, wo er herkam (lacht). Österreich und die Schweiz schauen wir uns immer an. Das sind für uns Kernmärkte im Scouting. Sicherlich gibt es dort Spieler, die für uns infrage kommen. Wir scouten aber auch andere Märkte, in denen wir Spieler interessant finden.“ 

Die Vereinbarung ist, dass wir wieder sprechen, wenn besser absehbar ist, in welche Richtung es für uns gehen wird.

Christian Keller über Vertragsverlängerungen

Wie sieht es bei den aktuellen Spielern aus, deren Verträge im Sommer 2025 auslaufen? Insbesondere bei Linton Maina, Dejan Ljubicic und Tim Lemperle. 

„Zu Linton und Dejan habe ich im Sommer schon etwas gesagt. Daran ändert sich nach zwölf Spielen nichts, wenn Spieler erst einmal abwarten wollen, wie sich die Saison entwickelt. Deshalb gibt es keinen neuen Stand. Die Vereinbarung ist, dass wir wieder sprechen, wenn besser absehbar ist, in welche Richtung es für uns gehen wird.“ 

Und bei Tim Lemperle? 

„Mit ihm haben wir vor zwei Jahren verlängert. Die Leihe war für ihn ein guter Weg. Jetzt müssen wir schauen, wie es weitergeht.“ 

Ist es nur im Falle des Aufstieges für den FC realistisch, mit diesen drei Spielern zu verlängern? 

„Ich will nicht über Verlängerungen spekulieren. Wir sollten auch nicht über einen Aufstieg spekulieren, sondern von Spiel zu Spiel gucken und unsere Leistung stabilisieren. Mehr interessiert mich gerade nicht. Momentan sind wir von einem Aufstieg ein gutes Stück entfernt.“

So sieht Keller die Torwartsituaiton

Würden die Ausstiegsklauseln bei jenen Spielern, die aufgrund des Abstiegs hätten gehen können, im Falle eines verpassten Aufstiegs erneut gelten?

„Über Vertragsdetails kann ich nichts sagen.“ 

Müssten Sie aber nicht versuchen, in diesem Jahr mit aller Macht aufzusteigen, weil ansonsten einige Spieler – vermutlich unter Marktwert – wechseln würden? 

„Wir sind ambitioniert und möchten eine bestmögliche Saison spielen. Und wenn der Aufstieg nicht gelingt, ist der FC mittlerweile wirtschaftlich so stabil, dass er auch mehr als eine Saison in der 2. Liga mit einem potenziellen Aufstiegskader stemmen könnte. Zudem können wir ab jetzt wieder auf dem Transfermarkt reagieren, sollte es zu Abgängen kommen.“

Eine Personalie, die aktuell heiß diskutiert wird, ist Jonas Urbig. Gehen Sie mit der Entscheidung des Trainers, aktuell Marvin Schwäbe spielen zu lassen, mit? 

„Ich freue mich, dass wir zwei sehr gute Torhüter haben. Die Ausgangssituation im Sommer war klar. Wenn sich einer verändern möchte, ist der andere die Nummer eins. Genauso haben wir gesagt, dass wenn es nicht zu einem Wechsel kommt, das Leistungsprinzip gilt. Jonas Urbig steht jetzt nicht nicht mehr im Tor, weil er schlecht gespielt hätte. Es gibt situationsspezifische Anforderungen, bei denen der Spieler überhaupt nichts dafür kann, weil er es noch gar nicht einbringen kann. Wir wollten in der speziellen Situation nach den Spielen gegen Darmstadt und Paderbron mehr Alter, Erfahrung und Führung über den Torwart-Wechsel auf den Platz bringen.“ 

Jonas wird sich mit der Situation nicht zufriedengeben, und Marvin wird sich auch nicht ausruhen. Beide werden sich weiter batteln.

Christian Keller

Hat man Jonas Urbig nicht die Chance genommen, auch mit der Dreierkette zu spielen? Durch die Umstellung wurde die Mannschaft schließlich grundsätzlich stabilisiert.  

„Das ist hypothetisch. Wenn das Leistungsprinzip gilt, gilt es auch weiterhin. Jonas wird sich mit der Situation nicht zufriedengeben, und Marvin wird sich auch nicht ausruhen. Beide werden sich weiter batteln.“ 

Will sich Marvin Schwäbe im Winter denn nach wie vor verändern? 

„Freuen wir uns doch einfach, dass wir aktuell einen Torhüter haben, der sehr viel Erfahrung mitbringt, und einen hochveranlagten, dem sicherlich die Torwart-Welt in den nächsten Jahren offen stehen wird.“ 

Gerade deswegen ist es ja so ein emotionales Thema rund um den 1. FC Köln. 

„Dafür habe ich Verständnis. Aus meiner Funktion heraus streiche ich das Positive heraus. Ich sehe, wie beide miteinander arbeiten, und natürlich wollen beide spielen. Wir haben aus rein sportlicher Sicht eine optimale Konstellation.“ 

Aus wirtschaftlicher Sicht droht dem FC aber ein Millionen-Schaden. Schließlich gilt Urbig als eines der größten Talente im deutschen Fußball.

„Ich stehe wirklich für eine mittel- bis langfristige Sichtweise, auch wenn mir die persönlich nicht immer guttut. Fußball ist aber oftmals auch ein Geschäft im Hier und Jetzt. Wir haben eine Entscheidung getroffen, die im Hier und Jetzt richtig war. Alles, was darüber hinausgeht, ist spekulativ.“ 

Es gibt bei uns einen Bewertungsmaßstab für einen Sport-Geschäftsführer. Da schlägt anscheinend noch einiges ins Positive aus.

Christian Keller

Wir haben über das Leistungsprinzip beim 1. FC Köln gesprochen. Sie haben sehr viel im Hintergrund aufgebaut, aber Sie sind Sport-Geschäftsführer. Vor zwei Wochen stand die Mannschaft noch so schlecht da wie nur 1998 unter Bernd Schuster. Die Profi-Frauen stehen so schlecht da wie nur 2015 in ihrer allerersten Bundesliga-Saison. Wann gilt für Sie als Sport-Geschäftsführer das Leistungsprinzip?

„Für den Sport-Geschäftsführer gilt das Leistungsprinzip selbstverständlich auch.“ 

Müssen Sie sich im Winter in Sachen Kaderplanung beweisen und zeigen, dass sie es besser können? 

„Ich möchte mich nicht beweisen, sondern gemeinsam mit dem Team gute Entscheidungen für den FC treffen. Es gibt bei uns einen Bewertungsmaßstab für einen Sport-Geschäftsführer. Da schlägt anscheinend noch einiges ins Positive aus. Natürlich ist der Gradmesser das sportliche Ergebnis. Ab und zu muss man aber auch das Setting berücksichtigen.“ 

Warum Keller bei den FC-Frauen geduldig bleibt

Apropos sportliches Ergebnis: Die FC-Frauen haben von den vergangenen 27 Spielen nur zwei gewonnen. Wie bewerten Sie die Situation?

„Die Ergebnisse stimmen natürlich überhaupt nicht. Aber wir haben noch kein einziges Mal mit unserer vermeintlich besten Elf gespielt, weil viele Spielerinnen auf Schlüsselpositionen immer wieder verletzt oder krank sind. Wir leiden sicherlich darunter, dass wir im Sommer nicht auf allen Positionen das umsetzen konnten, was in der Kaderplanung die Vorgabe war.“

Was wäre das gewesen?

„Wir hätten gerne noch eine Torhüterin und eine Stürmerin geholt, das hat aber aus unterschiedlichen Gründen nicht funktioniert. So haben wir auf entscheidenden Positionen nicht genügend Dichte im Kader, um Ausfälle durch Verletzungen und Krankheiten zu kompensieren. Dann kommt noch das Thema des Selbstbewusstseins hinzu. Es ist natürlich nicht unser Anspruch, da zu stehen, wo wir jetzt sind. Vom Budget her müssten wir im soliden Mittelfeld stehen. Alle, die daran beteiligt sind, sind angehalten, den vollen Fokus auf die nächsten zwei Spiele zu legen. Doch egal, wie viele Punkte wir dort holen, es bleibt eine sehr schwache Vorrunde.“

Man hat in vielen Spielen eine Trainer-Handschrift erkannt.

Christian Keller über die FC-Fauen

Warum stellen Sie Trainer Daniel Weber nicht infrage?

„Weil ich nichts von einem reflexartigen Handeln halte und sich die Mannschaft in vielen inhaltlichen Elementen verbessert hat. Man hat in vielen Spielen eine Trainer-Handschrift erkannt. Ich habe nicht den Eindruck, dass die Mannschaft durchhängt oder nicht gewillt ist, die Vorgaben des Trainers auszuführen.“  

Nicole Bender-Rummler ist hauptsächlich verantwortlich für die Kader-Zusammenstellung. Ist Sie dafür noch die richtige Person? 

„Nicole ist für uns eine totale Identitätsträgerin. Ich bin extrem glücklich, dass sie da ist. Für das, was wir hier verändert haben, war sie sehr wichtig und wird auch für zukünftige Veränderungen sehr wichtig sein. Sie ist eine Mitarbeiterin, auf die ich gar nichts kommen lasse.“ 

Wann spielen Ergebnisse beim 1. FC Köln wieder eine Rolle? 

„Ergebnisse spielen immer eine Rolle. Intern folgen wir dem Leistungsprinzip. Extern wissen wir aber, dass wir an den Ergebnissen gemessen werden. Das beginnt bei mir. Deswegen sollten wir mit allen Mannschaften mehr Ergebnisse liefern.“ 

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