Ein Jahr liegt das Chaos beim 1. FC Köln zurück. Geschäftsführer Philipp Türoff blickt im Exklusiv-Interview mit dem GEISSBLOG auf die letzten zwölf Monate zurück und wagt einen Ausblick auf 2025. In Teil 2 des Interviews spricht Türoff über die Finanzlage, die Transferplanung und den Millionen-Kampf um Talente. Teil 1 des Interviews erschien am 25. Dezember 2024.
Das Interview führten Sonja Gauer, Marc L. Merten und Martin Zenge
GEISSBLOG: Herr Türoff, wie steht es kurzfristig um die FC-Finanzen? Kann der FC 2024/25 trotz des Abstiegs wieder schwarze Zahlen schreiben?
PHILIPP TÜROFF: „Die schwarze Null gelingt. Natürlich ist das immer abhängig von dem, was noch passiert, aber selbst, wenn mehr als geplant passieren sollte, wird uns die schwarze Null gelingen.“
Was ist denn geplant?
„Wir werden uns verstärken, werden auf dem Transfermarkt aktiv sein. Eine Verpflichtung ist ja schon kommuniziert worden. Und wenn Sie sich anschauen, woher Jusuf Gazibegovic kommt, wo er gespielt hat und was er mitbringt, kann man an dieser Personalie erkennen, welche Ambitionen wir haben. Wir wollen Qualität hinzufügen und vorwärtskommen. Auf diesem Niveau können wir uns die eine oder andere weitere Verpflichtung noch vorstellen.“
Es war die Rede, dass der FC einen mittleren, einstelligen Millionenbetrag für den Winter zur Verfügung hat. Können Sie das bestätigen?
„Ich möchte diesbezüglich keine Zahlen kommentieren. Aber klar ist: Wir wollen gute Spieler gewinnen. Aus finanzieller Sicht ist dann entscheidend, ob das nur über einen Kauf möglich ist oder über eine Leihe, mit oder ohne Kaufoption. Das kann bei der Liquidität und der Finanzierung zu deutlichen Schwankungen führen. Dennoch wollen wir für die richtige Position den geeigneten Spieler finden. Man wird sehen, für welche Spieler wir uns entscheiden werden. Es wird aber noch die eine oder andere Meldung mehr geben als die Verpflichtung von Jusuf Gazibegovic.“
Auf der anderen Seite muss der FC nach Justin Diehl mit Tim Lemperle das nächste Eigengewächs ablösefrei ziehen lassen. Ist der FC gerade bei Talenten in Gehaltsfragen zu konservativ und nicht konkurrenzfähig?
„Ich verstehe die Frage. Angefangen mit Florian Wirtz, haben wir seit Jahren beim FC ein hochemotionales Thema bei der Bindung unserer Talente. Was erst einmal gut ist: Wir haben nicht nur ein, zwei oder drei Talente, sondern sechs, sieben Spieler aus dem eigenen Nachwuchs bei den Profis. Und dahinter klopfen auch schon wieder die nächsten an. Das ist erst einmal gut für den FC, weil auch außerhalb des Clubs wahrgenommen wird, dass beim FC die Durchlässigkeit tatsächlich funktioniert.“
Die Frage ist nur: Was hilft die Durchlässigkeit, wenn der FC seine Talente ablösefrei verliert?
„Wir sind in der Lage diesen Spielern im Rahmen ihrer sportlichen Entwicklung angemessene Angebote zu machen, damit sie ihren Weg mit uns weitergehen wollen. In der gleichen rationalen Art und Weise wie in den anderen Märkten. Das heißt, wenn wir an eine Rakete glauben, könnten wir alles daran setzen, diesen Spieler zu halten. So würden wir aber das gesamte Gehaltsgefüge wieder aus den Fugen bringen. Und genau das haben wir gerade erst wieder gesund hinbekommen. Wenn einem jungen Spieler also Flöhe ins Ohr gesetzt werden, weshalb er sich gegen den FC entscheidet und weiterzieht, können wir das nicht immer verhindern. Wir sind aber bereit einen Weg aufzeigen, der zum FC und zu einem aktuell sehr ambitionierten Zweitligisten mit Perspektive auf die Bundesliga passt. Dann können wir diese jungen Spieler auch angemessen gut bezahlen und an den FC binden.“
Aber ist das nicht der Knackpunkt? Bei einem Spieler wie Gazibegovic zahlen Sie ein Gehalt, das den bisherigen Profi-Leistungen eines 24-Jährigen, der schon Champions League gespielt hat, angemessen ist. Tim Lemperle bekommt hier das Gehalt eines Nachwuchsspielers auf Basis von nur ein paar Profispielen, bringt nun aber das Niveau eine Leistungsträgers. Muss der FC bei jungen Spielern also nicht mehr für die Perspektive zahlen als für das bisher Geleistete?
„Das muss ein Geben und Nehmen sein. Wenn ein Spieler Leistung nachweist, können wir das Gehalt anheben. Das muss aber einher gehen mit einer Verlängerung der Laufzeit, damit es später im Fall eines Wechsels noch zu einer Ablösesumme für den FC kommen kann. Das ist das Entscheidende. Am Ende müssen wir dafür genau bewerten, wie hoch wir das Potenzial des Talents einschätzen. Wir dürfen nicht jedem Talent einen Vertrag geben, als wäre er der nächste Florian Wirtz. Das ist hier auch schon passiert und hat den Spielern nicht gut getan. Wir müssen das richtige Maß finden. Wir dürfen nicht ignorieren, wie der Markt funktioniert. Wir wollen aber auch sehr ehrlich sein. Bei manchen Methoden fühlt es sich für uns nicht richtig an, weshalb wir nicht bei allem mitmachen.“
Generell sehen Sie also die Kölner Gehaltsstruktur als konkurrenzfähig?
„Am Ende des Tages müssen wir uns daran messen lassen, ob die Spieler, mit denen wir uns einig werden, die Leistung auf dem Rasen bringen können, die wir benötigen, um unsere Ziele zu erreichen. Die Momentaufnahme zeigt, dass wir nicht in der Liga sind, in der wir sein wollen. Daher ist jeder kritische Blick angemessen. Dennoch sind wir jetzt oben mit dabei und wollen unbedingt nächstes Jahr weiter angreifen. Wir werden nicht erfolgreich sein, wenn wir unsere Spieler nicht marktgerecht bezahlen. Alles andere ist eine Illusion.“
Schaudern Sie manchmal am Ende eines Geschäftsjahres, wie viel der FC an Spielerberater zahlt?
„Ja. (lacht) Aber ich bin kein Freund von totaler Schelte. Wir haben immer wieder Spieler mit Beratern, bei denen es um das Wohl der Spieler und um die richtige Entscheidung für die Zukunft der Spieler geht. Da gibt es Vertrauensverhältnisse, da zählen auch das gesprochene Wort und der Handschlag. Es ist, wie in jeder Branche. Mit den einen arbeitet man besser zusammen, mit den anderen schlechter.“
Noch mal etwas politischer: Wie blicken Sie auf die Vorstandswahl 2025?
„Das vergangene Jahr hat nicht nur die Geschäftsführer betroffen, sondern auch den Vorstand. Ich gebe zu: Dass der Vorstand auf der Mitgliederversammlung nicht entlastet wurde, hat mich persönlich irritiert. Ich kann sehr tief hinter die Kulissen schauen und die Sachverhalte bewerten und kann daher sagen, dass die Nichtentlastung ungerechtfertigt war. Trotzdem: Vorstandswahlen sind Teil der DNA des FC. Ich glaube an diesen Wert. Die Wahlen nächstes Jahr sind keine Frage von Befindlichkeiten oder persönlichen Beziehungen. Wir alle haben eine große Verantwortung für den FC, damit die richtigen Menschen in verantwortungsvollen Positionen sind.“
Sollte aus Ihrer Sicht der amtierende Vorstand noch einmal vom Mitgliederrat nominiert werden?
„Es ist in meiner Rolle nicht meine Aufgabe, das zu bewerten. Ich bin damals hierher gekommen, weil ich diesem Vorstand vertraut habe. Wenn man intensiv miteinander arbeitet, ist man nicht in jeder Frage einer Meinung. Aber ich hätte hier nicht verlängert, wenn ich nicht in ganz zentralen Fragen und Momenten sehr viel Rückendeckung erfahren hätte. Da bin ich loyal. Wenn man aber nach vorne gerichtet entscheidet, dass man sich etwas anderes wünscht, soll man klar kommunizieren, was das genau ist. Und wenn es dann eine andere gute Lösung gibt, soll es demokratisch so entschieden werden. Es geht immer darum, wie wir das Beste für den FC bewirken können. Dann kann es am Ende eine ganz normale Wahl werden, bei der ein Verein, der weiß, was er will, seine Amtsträger wählt.“
Abschließend: Was wünschen Sie sich aus FC-Sicht für 2025?
„Den Aufstieg. Dann haben wir schon viele Überlegungen, was wir damit machen können.“
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