Die Fan-Proteste in der Bundesliga gegen einen möglichen Investor haben erste Konsequenzen. Ein interessierter Geldgeber zieht sich zurück. Doch das bedeutet nicht das Ende der Proteste. Im Gegenteil, sagt ein Fan-Vertreter des 1. FC Köln.
Blackstone hat einen Schlussstrich gezogen. Das Private-Equity-Unternehmen zieht sich aus den Verhandlungen mit der Deutschen Fußball Liga zurück. Die DFL kann somit im Kampf um einen Investor nicht mehr auf ein Bieterverfahren hoffen. Mit CVC Capital Partners ist nur noch ein potentieller Geldgeber im Rennen.
Diese Entwicklung ist eine unmittelbare Folge der Fan-Proteste, die seit Wochen die Bundesliga und Zweite Liga betreffen. Weit über die Ultra-Szenen der Clubs hinaus sehen Fußballfans in Deutschland den Einstieg eines Investors kritisch und wollen weiter gegen den Plan der DFL protestieren, so auch am kommenden 22. Spieltag.
Martin Kind im Fokus der Kritik
Die Gründe sind vielschichtig und längst nicht plakativ auf die generelle Ablehnung von Investoren reduzierbar. In diversen Mitteilungen haben Fan-Szenen aus ganz Deutschland zahlreiche Kritikpunkte aufgeführt. Aktuell richtet sich ihre Aufmerksamkeit immer wieder auf die Rolle von Martin Kind. Der Geschäftsführer von Hannover 96 soll in der geheimen DFL-Abstimmung zur Investorenfrage gegen die ausdrückliche Weisung des Clubs verstoßen und mit „Ja“ gestimmt haben.
Kind verweigert dazu eine Klarstellung. Jedoch lautet auch in Hannover inzwischen der Vorwurf, Kind hätte damit gegen die 50+1-Regelung verstoßen und sich als einzeln handelnde Person über die Interessen seines Vereins hinweggesetzt. Da die Abstimmung jedoch anonym war, ließe sich diese Zuwiderhandlung nur mit einer Bestätigung durch Kind selbst eindeutig nachweisen.
Finanzielle Abhängigkeit und externe Einflussnahme?
Über diesen Einzelfall eines potentiellen Bruchs der 50+1-Regelung hinaus sorgen sich viele Fans jedoch insgesamt um die langfristige Entwicklung im deutschen Fußball. Hinter dem geplanten Einstieg steht die Hoffnung der Club-Verantwortlichen, die Erlöse aus der Vermarktung langfristig zu steigern, indem sofortige Investitionen in neue Strukturen durch den externen Investor finanziert würden. Im Gegenzug müsste die DFL aber acht Prozent aller Gewinne während der Laufzeit von 20 Jahren abtreten.
Genau hier stoßen sich die Fans an den vagen Versprechungen der DFL hinsichtlich der finanziellen Abhängigkeit und des Einflusses von außen. „Die DFL bringt sich durch den Investoreneinstieg selbst in die Lage, in der Zukunft die Erlöse steigern zu müssen, allein um den Status Quo aufrechterhalten zu können“, sagt Victor Robertz dem GEISSBLOG. Der 30-Jährige ist Vertreter der Fan-Szene beim 1. FC Köln.
Was Robertz meint: Die DFL ließ zwar bislang verlauten, der angestrebte Deal würde dem deutschen Fußball einen finanziellen Gewinn bescheren, ohne Anteile oder Mitspracherechte abzutreten. Doch Robertz und mit ihm viele andere Anhänger glauben nicht an die „Roten Linien“, die sich die DFL in den Verhandlungen selbst auferlegt hat. „Wenn der eigentliche Plan nicht funktionieren sollte, hätten die Clubs selbst ein erhebliches Interesse daran, die Roten Linien nachträglich noch zu verschieben.“
Der eigentliche Plan der DFL sieht vor, trotz der achtprozentigen Beteiligung des Investors weiter Mehreinnahmen erzielen zu können. Sollte dies jedoch nicht gelingen, hätte die Liga nur noch die Möglichkeit, mit den selbst auferlegten Schranken zu brechen. Und diese lauten: neue Anstoßzeiten, veränderter Spielmodus, neue Spielorte für beispielsweise die Austragung des Supercups.
„Es ist eine Illusion zu glauben, dass sich im Laufe von 20 Jahren die Roten Linien nicht verändern werden. Dieser Deal ist die Wette auf eine völlig unklare Zukunft.“ Einerseits sei völlig unklar, welche Personen in den nächsten zwei Jahrzehnten die Verantwortung innerhalb des Liga-Verbandes tragen würden. Andererseits seien schon in der Vergangenheit Clubs in ihrer Haltung zu 50+1 umgekippt.
Daher werden die Proteste auch am 22. Spieltag weitergehen. Die bisherigen Aktionen hätten bereits „ihren Zweck erfüllt, weil sie eine Öffentlichkeit geschaffen haben, die es vorher nicht gab“, sagt Robertz. „Aber einen echten Erfolg wird es erst geben, wenn die DFL die Abstimmung unter voller Transparenz und konsequenter Einhaltung der 50+1 Regel wiederholt.“ Eine Neuabstimmung wiederum dürfe es erst dann geben, „wenn alle Vereine genug Zeit bekommen haben, mit ihren Mitgliedern in einen Austausch zu gehen“.
Drohen nun auch Spielabbrüche?
Mit dem Blackstone-Rückzug hat sich die Situation für die DFL in dieser Woche deutlich verändert. Weil zudem das Gesprächsangebot der DFL von den Fan-Szenen abgelehnt wurde – es fehlte das Zugeständnis, eine neue Abstimmung zu ermöglichen –, werden die Proteste weitergehen. So auch beim 1. FC Köln am Freitagabend gegen den SV Werder Bremen.
Offen bleibt, wozu die Fan-Szenen in den kommenden Wochen bereit sein werden. Die Angst vor Spielabbrüchen hatte zuletzt zugenommen. In solchen Fällen würden den betroffenen Clubs sogar Niederlagen und damit verlorene Punkte am Grünen Tisch drohen. Bislang scheinen die Fronten zwischen DFL und Fans verhärtet. Auch der Südkurve 1. FC Köln e.V. äußerte sich am Donnerstag noch einmal. „Dieser Protest ist legitim“, hieß es in der Stellungnahme. „Die Abstimmung zum Investoreneinstieg war es nicht.“ (Hier geht es zur Stellungnahme)
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