Wie viel ist ein Unentschieden bei einem Europa-Kandidaten wert, wenn gleichzeitig das rettende Ufer außer Sichtweite gerät? Der 1. FC Köln tut gut daran, nicht allzu weit vorauszublicken.
Ein Kommentar von Marc L. Merten
Als Jan Thielmann in Stuttgart nach dem 1:1 des 1. FC Köln bei Sky vor das Mikrofon trat, sagte er: “Heute war das Glück nicht auf unserer Seite.” Als kurze Zeit später Eric Martel an dasselbe Mikrofon trat, sagte er: “Wir hatten heute schon ein bisschen Glück.” Beide hatten recht.
Thielmann – der Stürmer – meinte die Kölner Offensive. In der 3. Minute hatte er sich, alleine auf das Tor zulaufend, von den Stuttgarter Abseitsrufen gerade so viel irritieren lassen, dass er zu zögerlich durchgestartet war, sodass er noch einmal in Bedrängnis gekommen war und die Großchance vergeben hatte. In der 85. Minute war Faride Alidou das Herz in die Hose gerutscht, als er alleine auf Bredlow zugelaufen war und schließlich am Tor vorbeigeschossen hatte.
Martel – der defensive Mittelfeldspieler – meinte die Kölner Defensive. In der ersten Halbzeit hatte es Phasen gegeben, da hatte der FC um das Gegentor gebettelt. In der zweiten Halbzeit hatten schließlich Marvin Schwäbe und vor allem Jeff Chabot immer wieder etwas dagegen gehabt, sodass Stuttgart nur den einen Treffer erzielen konnte, welchen Martel höchstselbst noch hatte ausgleichen können.
Torquote besser, aber noch nicht ausreichend
Das Glück in der Defensive brauchte der FC und wird es weiterhin brauchen. Nur Dortmund schaffte es in sieben Spielen unter Timo Schultz mehr als ein Tor gegen den FC zu erzielen. Das ist eine sehr gute Bilanz. Auch die eigene Torquote ist unter Schultz (6 Tore in 7 Spielen, 0,85 Tore pro Spiel) zumindest etwas besser geworden als unter Baumgart (10 Tore in 16 Spielen, 0,62 Tore pro Spiel). Doch klar ist auch: Diese Quote wird nicht für den Klassenerhalt reichen. Hier brauchen die Geißböcke mehr als nur mehr Glück.
Der FC braucht in der Offensive wieder mehr Qualität, und diese werden sich die Spieler selbst erarbeiten müssen. Insbesondere, weil die Angreifer in den letzten Wochen ausgerechnet die wenigen 100-prozentigen Chancen in spielentscheidenden Momenten liegen ließen. Maina, Thielmann und Alidou liefen gegen Heidenheim, Dortmund und Stuttgart jeweils alleine auf das gegnerische Tor zu und vergaben das 2:0, das 1:1 bzw. das 2:1. Diese Szenen kosteten Punkte. Mit diesen Toren wäre der FC jetzt in direkter Schlagdistanz zu Platz 15 und weit weg von Platz 17.
Blick geht nur bis zur Länderspielpause
Schultz hat es geschafft, seiner Mannschaft wieder Stabilität zu verleihen. Das war eine der wichtigsten Aufgaben zu Beginn seiner Amtszeit. Diese wird der FC auch in den letzten drei Spielen vor der Länderspielpause brauchen. Denn die Geißböcke dürften insbesondere gegen Leverkusen und Leipzig nicht viele Torchancen bekommen. Da wird es vorne wie hinten vor allem wieder das Glück des Tüchtigen brauchen. Erst danach bekommt der FC-Trainer im Trainingslager in der Länderspielpause die Möglichkeit noch einmal am größeren Rad zu drehen. Und erst dann darf der Blick weiter voraus gehen, was in der Tabelle noch möglich und was nicht möglich ist.
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