Die Bundesliga-Frauen des 1. FC Köln haben einen holprigen Start in die Saison hingelegt. Im ersten Teil des großen GEISSBLOG-Interviews spricht Bereichsleiterin Nicole Bender-Rummler unter anderem über die Kaderplanung und die Zielsetzung für die neue Spielzeit.
Das Interview führte Daniel Mertens
GEISSBLOG: Frau Bender-Rummler, Ihre Mannschaft ist mit einem Punkt aus zwei Spielen und dem Aus im DFB-Pokal in die neue Spielzeit gestartet. Wie beurteilen Sie den Saisonstart?
NICOLE BENDER-RUMMLER: “In der Liga waren unsere Leistungen gut. Wir haben mit Leipzig und Essen zwei starke Gegner sogar phasenweise dominiert. Wir müssen in diesen Spielen aber dann auch die Punkte einfahren. Daran arbeiten wir. Trotzdem waren wir mit den Leistungen, losgelöst von den Ergebnissen, zufrieden. Was den DFB-Pokal angeht, war das zu wenig von uns. Unser Anspruch ist nicht, so früh aus dem Pokal rauszufliegen – das ist völlig klar.”
Hinter dem Team liegt abermals ein personeller Umbruch. Was ist Ihr Eindruck von der aktuellen Mannschaft?
“Es ist spannend zu sehen, was sich da gerade entwickelt. Wir wollen natürlich nicht in jedem Jahr einen Umbruch, wir müssen aber immer zukunftsorientiert schauen, wie wir uns verändern möchten. Wir wollen jetzt sehr gerne langfristig mit dem Kern der Mannschaft zusammenarbeiten. Da gehören aber immer zwei Parteien zu, das ist auch klar.”
Warum gelang es dem 1. FC Köln bisher viel zu selten, Leistungsträgerinnen langfristig an den Verein zu binden?
“Das hängt davon ab, wer und wie man Leistungsträgerin definiert? Definiert man das von außen, aufgrund des Namens, oder definiert man das wirklich nach Leistung? Wenn wir bisher jedes Jahr gegen den Abstieg gespielt haben, fällt mir der Begriff Leistungsträgerin schwer. Mit Sicherheit bringt die eine oder andere Spielerin Qualität mit, aber zur Qualität gehört auch, dass man sein Potenzial konstant abruft. Bei Selina Cerci haben wir alles daran gesetzt, sie zu halten. Bei den anderen haben wir bewusst so entschieden, dass sich die Wege trennen. Unsere Erwartungen wurden ehrlicherweise nicht immer erfüllt, aber auch manche Spielerinnen hingen ihren eigenen Ansprüchen hinterher. Dann ist es für beide Seiten besser, neu anzufangen.”
Diese Analyse fällt jedoch auch auf Sie und den Trainer zurück. Denn Sie haben die Spielerinnen verpflichtet und sich demnach in deren Potenzial geirrt?
“Das hängt manchmal auch mit Verletzungen zusammen. Wir hatten vor den Transfers eine bestimmte Einschätzung und Erwartungshaltung zu den Spielerinnen. Wenn sich die nicht erfüllt, ist das für alle enttäuschend. Ob es eine Fehleinschätzung war, darüber kann man immer diskutieren, es spielen auf jeden Fall stets mehrere Faktoren eine Rolle. Wir versuchen aber natürlich immer das Beste für den 1. FC Köln.”
Nur ein Absteiger in dieser Saison
Wie groß ist denn Ihre Zuversicht, im vierten Jahr endlich wieder eine sorgenfreie Saison in der Bundesliga spielen zu können?
“In den vergangenen Jahren hatten wir immer einen relativ guten Start in die Saison und hinten raus wurde es ein bisschen brenzlig. Diesmal haben wir einen schlechteren Start, aber vielleicht läuft es jetzt umgekehrt. Gegen Leipzig und Essen wäre ein Sieg nicht unverdient gewesen. Wir haben ein großes Vertrauen in unseren Kader. Unsere Neuzugänge sind nicht total jung, sondern bringen schon Erfahrung mit und haben einen tollen Charakter. Der Teamgeist stimmt und wir wollen uns gemeinsam so entwickeln, dass wir diese Saison wirklich nichts mehr mit dem Abstieg zu tun haben. Dabei kommt uns natürlich zugute, so ehrlich muss man sein, dass es dieses Jahr nur einen Absteiger geben wird.”
Der 1. FC Köln war beim Saison-Auftakt kaum wiederzuerkennen, agierte spielstark und war dem Gegner klar überlegen. Hat sich der Verein im Sommer eine neue Spielphilosophie verpasst?
“Ja, so sehen wir unsere Spielphilosophie. Und so macht Fußballspielen auch Spaß für alle Beteiligten. Wenn du so Fußball spielst, dann ist es langfristig auch erfolgreich. Wir haben in den vergangenen beiden Ligaspielen viele Komplimente für unsere Spielweise bekommen. Jetzt müssen wir sie auch in Punkte ummünzen.”
Sportchef kritisiert – Druck für die Mannschaft?
Geschäftsführer Christian Keller zeigte sich zuletzt enttäuscht über die sportliche Stagnation der FC-Frauen. Bedeutet dies auch eine gestiegene Druck-Situation für die Mannschaft?
“Das ist doch ganz klar. Im Fußball geht es um Ziele, Erwartungen, mittlerweile auch um Geld und auch um Arbeitsplätze. Vergangene Saison haben wir die Ziele, die wir uns gesteckt haben, leider nicht erreicht. Da war nicht nur Christian Keller enttäuscht, sondern wir alle. Christians Einschätzungen sind enorm wertvoll für uns. Christian, unser Trainer Daniel Weber und ich haben nach der Saison analysiert, wie wir es in Zukunft angehen wollen, um einen Schritt in die richtige Richtung zu machen. Das heißt aber bei allen Ambitionen auch, dass wir geduldig bleiben müssen. Wir müssen Ruhe ausstrahlen und an uns glauben. Dass es mal Höhen und Tiefen gibt im Sport, das ist uns allen bewusst.”
Ärgert es Sie eigentlich, dass der FC zum Saisonstart gleich dreimal hintereinander zur unattraktiven Anstoßzeit sonntags um 18:30 Uhr antreten muss, zweimal davon auswärts?
“Das sind eben die Anstoßzeiten, die wir in der Bundesliga haben. Es bringt nichts, wenn ich mich jetzt darüber beschwere. Das war uns zum Anfang der Saison klar, dass wir freitags, samstags, sonntags und montags spielen und dass es verschiedene Uhrzeiten gibt. Es ist auch kein Wunschkonzert. Das Positive ist, dass man nicht zeitgleich mit den Männern spielt.”
Was bedeutet die schwere Verletzung von Anna-Lena Stolze sportlich, aber auch für die Kaderplanung?
“Wir wünschen Anna-Lena eine gute Genesung. Es ist natürlich schade, dass sie so lange ausfällt. Es ist aber nicht so, dass du direkt eine neue Spielerin dazu holen musst, wenn sich eine Spielerin verletzt. Es gab zwar die Überlegung und wir haben uns den Markt angesehen, ob eine Verstärkung verfügbar ist. Wir machen aber keinen Schnellschuss und können auch noch im Winter nachlegen. Wir sind gut beraten, wenn wir das gut vorbereiten, weil wir auf Qualität setzen, die uns weiterbringt. Zudem gehört es anscheinend wohl leider dazu, dass man auch mal ein, zwei Langzeitverletzte hat und ersetzen muss. Dann müssen andere Spielerinnen ihre Chancen nutzen und sich empfehlen.”
FC plant nächstes Stadion-Spiel
Werden sich die Fans des 1. FC Köln auch in dieser Saison wieder auf ein Highlight-Spiel im Müngersdorfer Stadion freuen können? Laufen die Planungen womöglich bereits?
“Das Thema besprechen wir auch. Gerade ist noch nichts spruchreif, aber wir wollen wieder ein Spiel im RheinEnergieStadion durchführen und freuen uns auch sehr darauf. Das wird aber wahrscheinlich erst im nächsten Jahr stattfinden.”
Welchen Zuschauerschnitt peilen Sie für die kommende Saison an?
“Das Schöne ist ja, dass wir zuletzt im Durchschnitt mit 4900 Zuschauern auf Platz zwei lagen. Das wollen wir natürlich weiter nach oben treiben. Wenn da knapp 5000 der Schnitt wäre, wäre das eine schöne Sache. Das hängt natürlich viel zusammen mit den Anstoßzeiten. Gegen Essen hatten wir 1.600 Fans im Stadion. Unsere Fans haben für eine tolle Atmosphäre gesorgt. Wir möchten aber mit unserem Fußball noch mehr Menschen begeistern.”
Sie begleiten den Frauenfußball beim 1. FC Köln seit dem ersten Tag im Jahr 2009 an. Wie beurteilen Sie die Entwicklung seither rund ums Geißbockheim?
“Ich habe hier schon viel erlebt. Insbesondere das, was ich jetzt die vergangenen rund zwei Jahre spüre, wie der Club das Thema Frauenfußball lebt, das ist schon sehr besonders. Dass wir einen gemeinsamen Standort hier am Geißbockheim von Lizenz Männern, Lizenz Frauen, Nachwuchs- und Mädchen-Fußball haben, das ist ein Alleinstellungsmerkmal in Deutschland, das gibt es so kein zweites Mal, da können wir richtig stolz drauf sein. Aber auch wenn es um finanzielle Dinge geht, die Sponsoreneinnahmen etwa, die wir in den letzten zwei Jahre hatten, da passieren gerade sehr viele gute Dinge, die machen richtig viel Freude. Wir arbeiten gerade daran, dass wir mit unserem Budget die schwarze Null erreichen und das sah vergangene Saison schon gut aus.
Was bedeutet das konkret?
Das bedeutet, wir geben nur das aus, was auch reinkommt. Die Möglichkeiten haben sich wahnsinnig gesteigert durch die Sponsorenbeträge. Wir haben tolle Sponsoren und Partner. Jetzt wollen wir natürlich auch sportlich liefern und eine erfolgreiche Saison haben. Da ist es wichtig, dass wir zu jeder Phase in der Saison die Ruhe bewahren, auch wenn es vielleicht mal nicht so läuft. Wir müssen immer wieder an uns glauben und vor allem auch an die Stärke unseres Kaders. In meinen Augen ist das, was wir jetzt haben, der stärkste Kader, den wir je hatten.”
Der zweite Teil des Interviews erscheint am Freitag. Darin geht es unter anderem über das schlummernde Potenzial des 1. FC Köln.
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