Highlight-Spiel und Olympia: Darum hat Britta Carlson ihre Medaille weggeworfen

Britta Carlson spricht im GEISSBLOG-Interview über ihre Karriere. (Foto: IMAGO/ Eibner)
Britta Carlson spricht im GEISSBLOG-Interview über ihre Karriere. (Foto: IMAGO/ Eibner)

Die Bundesliga-Frauen des 1. FC Köln stehen vor ihrem dritten Highlight-Spiel im RheinEnergieStadion. Vor dem Duell mit dem FC Bayern spricht Trainerin Britta Carlson im zweiten Teil des GEISSBLOG-Interviews (hier geht’s zu Teil 1) über die Zeit beim DFB, ihre Karriere und ihre persönliche Bucket-Liste.

Das Interview führten Sonja Gauer, Juline Mittag, Martin Zenge und Marc L. Merten

GEISSBLOG: Frau Carlson, was ist für Sie persönlich die größte Umstellung von der Co-Trainerin zur Cheftrainerin? 

„Durch die Spiele als Interimstrainerin der Nationalmannschaft ist der Wunsch in mir gewachsen. Viele haben mir immer gesagt, dass ich die geborene Cheftrainerin wäre. Das hatte ich früher aber nie so richtig gefühlt, weil ich gerne in meiner Rolle als Co-Trainerin war. Der Druck und die Erwartungen empfinde ich genauso, aber die Verantwortung und die Kommunikation sind sicherlich anders.“ 

Die Phase, in der Sie beim DFB in der Verantwortung standen, war sicherlich keine einfache.  

„In der Reflektion hat es trotzdem Spaß gemacht, obwohl Vieles nicht gut gelaufen ist. Viel Schlimmeres hätte ja gar nicht kommen können, wenn wir auch auf das Vorrunden-Aus bei der WM blicken. Aber ich habe dann gedacht: Wenn dir das trotzdem so viel Spaß bringt, musst du es jetzt als Cheftrainerin weiter versuchen. Ansonsten hätte ich es wahrscheinlich nie gemacht. Ich habe relativ wenig auf meiner Bucket-List stehen, was schön ist, weil ich ein erfülltes Leben habe. Das stand dann aber doch drauf, weil ich mich ansonsten wahrscheinlich immer geärgert hätte, es nicht ausprobiert zu haben.“ 

Was steht sonst noch so auf Ihrer Bucket-Liste? 

„Eine Sache verrate ich: Ich würde gerne einmal auf Palau tauchen. Wasser ist das Element, welches mich runterbringt. Du musst nur bei dir sein und dich auf dich selbst konzentrieren. Yoga und Meditieren funktioniert bei mir nicht, beim Tauchen kann ich abschalten.“ 

Kann man beim Tauchen etwas für den Fußball lernen? 

„Fokussieren, bei dir bleiben. Das kann jeder gut gebrauchen.“ 

Carlsons Karriere-Höhepunkte

Wenn Sie auf Ihre bisherige Karriere zurückblicken: Was ist Ihnen am meisten in Erinnerung geblieben? 

„Ich bin dankbar, weil ich viele tolle Erlebnisse hatte. Bei meiner ersten Station in Schmalfeld habe ich meinen Mann kennengelernt. In Potsdam hatte ich als Spielerin meine erfolgreichste Zeit. Ob es das eine Highlight gibt, weiß ich nicht. Mit Potsdam zuhause die Champions League zu gewinnen, war schon besonders. Mit Wolfsburg als Co-Trainerin in letzter Minute Meister zu werden, obwohl wir nie ganz oben standen, ebenfalls. Wir waren auch die erste Mannschaft, die die Champions League verteidigen konnten. Zur Europameisterschaft bin ich als Ersatzspielerin mitgefahren und durfte im Finale spielen, da habe ich dann sogar das 2:0 vorbereitet. Das ist das einzige Spiel in meinem Leben, mit dem ich wirklich zufrieden war.“ 

Sind Sie selten zufrieden mit sich? 

„Als Spielerin kann ich mich nur an das eine Spiel erinnern. Auch als Trainerin ist es schwierig. Bei der EM 2022 in England haben es die Spielerinnen schon überragend gemacht, waren auch sehr eigenverantwortlich auf dem Platz. Da ist man dann auch mit der Art und Weise zufrieden. Aber wenn man immer zufrieden wäre, bleibt man stehen und entwickelt sich nicht weiter. Wenn man zu ehrgeizig ist, kann man aber auch viele Menschen verprellen. Deswegen bin ich schon ein wenig entspannter geworden. Wenn ich Dinge, die ich nicht beeinflussen kann, nicht verändern kann, ist es halt so.“    

Der Traum von den Olympischen Spielen

Was ist das für ein Gefühl an den Olympischen Spielen teilzunehmen? 

„Ich wollte als Kind immer schon zu Olympia. Ich habe immer alles geguckt, egal, welche Sportart. 2004 in Athen habe ich leider als 19. Spielerin knapp verpasst. Deswegen ist im vergangenen Sommer schon ein Traum für mich in Erfüllung gegangen. Auch die Spielerinnen haben gesagt, dass Olympia für sie nochmal eine andere Bedeutung hat als eine Weltmeisterschaft. Das Zusammensein mit allen anderen Sportlern – dafür macht man das.“ 

Ich hatte nicht das Gefühl, einen Teil dazu beigetragen zu haben.

Britta Carlson

Trotz des Gewinns von Bronze fehlt Ihnen aber eine Medaille. 

„Das stimmt. Ich habe 2004 eine Medaille zugeschickt bekommen, weil ich Teil des erweiterten Kaders war. Die habe ich aber weggeschmissen, weil ich nicht das Gefühl hatte, einen Teil dazu beigetragen zu haben. Im vergangenen Jahr gab es für den Staff keine Medaillen. Ich hoffe immer noch, dass der DFB ein Replikat für unser Trainerteam erstellt. Das wäre auch für Horst Hrubesch als Anerkennung schön. Eigentlich sind mir Medaillen egal, aber die hätte ich schon gerne.“  

Britta Carlson führte die deutsche Frauen-Nationalmannschaft gemeinsam mit Horst Hrubesch und Thomas Nörenberg zur Bronze-Medaille. (Foto: IMAGO / Beautiful Sports)
Britta Carlson führte die deutsche Frauen-Nationalmannschaft gemeinsam mit Horst Hrubesch und Thomas Nörenberg zur Bronze-Medaille. (Foto: IMAGO / Beautiful Sports)

FC-Spielerinnen in der Nationalmannschaft?

Aus Sicht der ehemaligen DFB-Trainerin: Gibt es beim FC aktuell eine Spielerin, die den Sprung perspektivisch schaffen könnte? 

„Das ist schwierig vorauszusagen. Dafür müssen wir uns erstmal als Mannschaft stabilisieren, damit die einzelne in den Fokus rücken kann. Natürlich haben wir einige junge Spielerinnen, die den Schritt vielleicht gehen können. Das liegt aber letztlich auch an ihnen selbst. Da können wir ihnen als Trainerteam nur helfen, die Spielerin muss aber auch Eigenverantwortung übernehmen, um die eigene Entwicklung voranzutreiben.“  

Bevor Sie zum FC gekommen sind, haben Sie in den USA und bei Real Madrid hospitiert. Was haben Sie von der Zeit mitgenommen?

„Genau, in den USA war ich in Portland. Ich habe aber gemerkt, dass das aktuell nichts für mich ist. Die Fußball-Mentalität ist dort eine andere, es ist eher ein Job für Einige. Sie gehen zur Arbeit und dann wieder nach Hause, mir hat dabei der Team-Spirit mit gemeinsamen Unternehmungen gefehlt. Ich müsste mich dort schon sehr anpassen, die Kultur ist anders. Die Zeit bei Real war aber überragend. Die haben schon nochmal ein anderes Niveau was die Rahmenbedingungen betrifft.“  

So blickt Carlson auf das Highlight-Spiel

Mit Blick auf das Highlight-Spiel in Müngersdorf gegen die Bayern: kribbelt es schon? 

„Bei mir fängt das immer relativ spät an, das kommt eigentlich erst am Spieltag. Ich werde nicht mehr so schnell nervös. Mit so großen Stadien habe ich auch genug Erfahrungen sammeln können. Durch Wembley, wenn 80.000 Zuschauer gegen dich sind, spornt mich das sogar an – ich mag das. Aber die Vorfreude ist schon groß auf das Spiel und jetzt haben wir die Fans im Rücken.“

Ist es besonders, weil es gegen den FC Bayern geht, oder schwingt gerade deshalb auch ein wenig Sorge mit? 

„Ich hab da auch kurz drüber nachgedacht, aber wenn wir gegen einen vermeintlich kleineren Gegner spielen würden, ist der Druck fast höher, weil die Erwartungshaltung eine andere ist. Ich habe keine Sorge, da ich Vertrauen in die Qualitäten unserer Mannschaft habe. Ich sehe es positiv und freue mich auf das Spiel. Wir hätten eh gegen die Bayern spielen müssen, dann doch lieber mit noch mehr Fans im Rücken. Dann ist vielleicht noch mehr möglich.“ 

Für das Highlight-Spiel im RheinEnergiestadion gegen den FC Bayern München am Sonntag, den 9. März gibt es noch Tickets ab 7 Euro. Hier geht es zum Ticketshop.

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