Beim 1. FC Köln hat man einen anderen Weg als in den letzten Jahren eingeschlagen. Für die Sportchef- wie auch die Trainer-Position sprechen die Verantwortlichen mit mehreren Kandidaten. Dass dadurch auch mehr Informationen als gewollt an die Öffentlichkeit gelangen, liegt in der Natur der Sache. Am Ende wird die Auswahl der neuen sportlichen Führung entscheiden, ob der Auswahlprozess erfolgreich war – nicht die Anzahl der Gerüchte.
Köln – Aktuell hüllen sich die Verantwortlichen des 1. FC Köln in Schweigen. Der Vorstand der Geissböcke tritt öffentlich nicht auf, die sportlichen Berater halten sich im Hintergrund, die weiteren Gremienmitglieder haben die Anweisung erhalten, sich zurückzuhalten. Einzig Frank Aehlig tritt als Interims-Sportchef in der Öffentlichkeit auf, erklärt die Trainersuche und macht dies auf eine wohltuend ruhige, sachliche und professionelle Art und Weise.
Aehlig weiß, dass es bei der Suche nach Führungspersonal auch immer auf den Eindruck ankommt, den ein Klub während der Suche hinterlässt. Herrscht – wenn auch nur äußerlich – Chaos, sind vermeintliche Wunschkandidaten häufig dazu geneigt das Weite zu suchen, ehe ernsthafte Gespräche möglich sind. Dass Bruno Labbadia absagte, hatte jedoch nichts mit dem FC an sich zu tun oder dessen Arbeit im Hintergrund, sondern mit dem Anspruch, den der letztjährige Trainer des VfL Wolfsburg hat, nachdem er mit den Wölfen die Europa-League-Qualifikation geschafft hatte. Labbadia will kein Feuermann mehr sein. Das muss man akzeptieren.
Je mehr Kandidaten, desto mehr Geschwätzigkeit
Darüber hinaus wollen Aehlig und Geschäftsführer Alexander Wehrle eine möglichst professionelle Suche nach dem neuen Trainer absolvieren. Sie sprechen mit mehreren Kandidaten, mindestens mit Pal Dardai und mit Markus Gisdol, wohl aber auch mit André Breitenreiter und mindestens einem weiteren Kandidaten. Ein Vorgehen, das anders ist als in den letzten Jahren, als Armin Veh im Alleingang jeweils nur mit Markus Anfang und mit Achim Beierlorzer sprach. Jeweils ein Trainer-Kandidat, jeweils eine Verpflichtung, einfach und simpel, aber ohne Auswahl oder Alternativen. Das Ergebnis waren zwar weniger Gerüchte um andere Trainer-Kandidaten. Das sportliche Resultat beider Trainer beim FC ist allerdings auch bekannt.
Nun will man sich Zeit nehmen, in der schwierigen Situation den Richtigen zu finden. Dafür muss man riskieren, mit vielen Leuten zu sprechen, nicht nur mit den Trainern, sondern auch mit Beratern, Vermittlern und Klubs. Je mehr Kandidaten, desto mehr Gesprächspartner, desto mehr Interessen, desto mehr Geschwätzigkeit, weil jeder in der Informationskette erstens zeigen will, dass er auch etwas weiß, und zweitens – im Zweifel über mediale Berichterstattung – Druck ausüben will. An Journalisten durchgesteckte Informationen sind häufig auch die Folge von Eitelkeiten und persönlichen Interessen an einem Deal oder an einer personellen Entwicklung im Millionen-Business Fußball.
Heldt zum Topfavoriten hochgejazzt
Und so ist es kein Wunder, dass bei der Trainersuche genauso wie der Suche nach einem neuen Sportchef die Gerüchteküche brodelt, von überall her Informationen angeboten oder weitergegeben werden, häufig nicht einmal aus dem unmittelbaren Umfeld des FC oder den dort handelnden Personen, sondern von außerhalb, von den sogenannten Intermediären des Fußballgeschäfts. Dass Horst Heldt in den letzten Tagen zum Topfavoriten der Öffentlichkeit hochgejazzt wurde, sagt viel mehr über Heldt und dessen Umfeld inklusive den Interessen von Hannover 96 aus als über den tatsächlichen Auswahlprozess, in dem Heldt zwar eine, aber nicht die dominante Rolle spielt, die so mancher ihm offenbar gerne einräumen würde.
Ein ähnliches Spiel konnte man vor wenigen Tagen beim 1. FC Nürnberg beobachten. Am Montag schien es, als habe sich der Club mit Markus Anfang auf eine Zusammenarbeit als neuer Nürnberg-Coach geeinigt. Am Dienstag dann stellte der FCN nicht Anfang, sondern Jens Keller als neuen Übungsleiter vor, der zuvor nur als eine von vielen Optionen in Nürnberg gehandelt worden war.
Die Entscheidung soll überzeugen, nicht die Gerüchte
Beim 1. FC Köln versucht man zwar vehement, den Informationsfluss zu kontrollieren, hat aber freilich nur die Handhabe gegenüber den eigenen Leuten innerhalb des Klubs. Darüber hinaus sind dem Vorstand und der weiteren Klubführung die Hände gebunden. Offensichtlich ist man nicht erfreut über die Gerüchte. Doch immerhin vermeidet man Fehler wie vor zwei Jahren, als Toni Schumacher durch einen öffentlichen Auftritt die Personalie Heldt praktisch verunmöglichte. Aktuell äußert man sich lieber gar nicht, auch auf die Gefahr hin, zunächst als Zauderer zu gelten. Man will am Ende des Entscheidungsprozesses nicht an der Anzahl Interviews oder an potentiell durchgesickerten Informationen gemessen werden, sondern an dem Ergebnis: an der neuen sportlichen Führung aus Sportchef und Cheftrainer. Sollten die beiden Neuen überzeugen, wäre der Auswahlprozess genau richtig verlaufen. Allen Gerüchten zum Trotz.
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