Beim 1. FC Köln zeigt man sich mit dem aktuellen Kader bereits zuversichtlich, die angestrebten Ziele erreichen zu können. Im zweiten Teil des GBK-Interviews mit Thomas Kessler spricht der Sportliche Leiter der Lizenzspielerabteilung über mögliche Verstärkungen, den aktuellen Transfermarkt und neue Strukturen.
Das Interview führten Sonja Eich und Marc L. Merten
Wie gefällt Ihnen der heutige Kader?
Sehr gut. Die Mannschaft war letztes Jahr aufgrund unterschiedlichster Umstände nicht in der Lage, ihr Potenzial auf den Platz zu bringen. Wir hatten jetzt ein wenig Bewegung im Kader und haben uns jetzt punktuell verstärkt. Dazu haben wir sehr talentierte und engagierte Jugendspieler, die wir versuchen zu integrieren. Wenn wir morgen das erste Bundesliga-Spiel hätten, hätte ich keine Bauchschmerzen.
Aber mit Sebastiaan Bornauw, Ismail Jakobs, Elvis Rexhbecaj und Marius Wolf haben vier Leistungsträger den Verein verlassen. Auch Ellyes Skhiri könnte noch verkauft werden. Es ist nicht unbedingt selbstverständlich, dann zu sagen, mit dem Kader könne man in die Bundesliga gehen.
Mit dem Kader können wir auf jeden Fall in die Bundesliga gehen. Dass sich punktuell noch Positionen verändern können, steht außer Frage. Wir halten die Augen und Ohren offen. Aber wir verfallen nicht in Panik. Am Ende müssen viele Komponenten berücksichtigt werden, um die besten Entscheidungen für den Club zu treffen.
Wir hätten mit dem Kader auch absteigen können
Aber in der vergangenen Saison hatte sich die Mannschaft gerade so in die Relegation gerettet.
Wir haben jetzt einen neuen Trainer, von dem wir extrem überzeugt sind. Die Ansätze und das Training gefallen mir sehr gut. Manchmal kommt es auf kleine Stellschrauben an, zwei oder drei Plätze besser abzuschließen als im letzten Jahr. Da bedarf es nicht unbedingt zehn neuer Spieler.
Könnte man es dann auch so formulieren, dass man sich mit dem Kader in der vergangenen Saison nicht zwangsläufig erst über die Relegation hätte retten müssen?
Wir hätten mit dem Kader auch absteigen können. Wir haben das Hinspiel der Relegation verloren – so realistisch müssen wir das sehen. Wir können nicht sagen, dass der Kader mehr hergegeben hat, als wir erreicht haben. Am Ende hat die Mannschaft genau das bekommen, was sie erreicht hat. Es macht keinen Sinn, darüber nachzudenken, was hätte anders laufen können. Ich schaue nach vorne und bin zuversichtlich, dass wir unsere Ziele erreichen werden.
Die Hoffnungen in Steffen Baumgart scheinen nicht nur bei den Fans, sondern auch innerhalb des Vereins groß zu sein.
Ich sehe ihn total positiv. Man merkt ihm in jeder Sekunde an, dass er seinen Job liebt. Das würde er auch tun, wenn er morgen in der Oberliga trainieren würde. Dann würde er genau mit dem gleichen Ehrgeiz auf den Platz gehen, und das lebt er den Spielern vor. Wenn ich jetzt in die Gesichter der Jungs gucke, haben die wieder total Bock auf Fußball. In der Bundesliga hat man jeden Tag Druck. Aber wenn jemand vor dir steht, der dir jeden Tag vermittelt, dass das der schönste Job der Welt ist, dann ist es für die Jungs einfacher, das auszuhalten.
Das macht den Transfermarkt so speziell
Ist es aktuell das Los des 1. FC Köln, Spieler wie Dominick Drexler ablösefrei ziehen zu lassen und sogar noch Teile des Gehalts übernehmen zu müssen, um den Kader kleiner zu bekommen?
Vertragsdetails werde ich nicht kommentieren. Allerdings hat sich der Transfermarkt extrem verändert in den letzten Jahren. Es hat sich aufgrund der Pandemie so entwickelt, dass Spieler, die eigentlich richtig Geld kosten würden, jetzt ablösefrei wechseln. Das macht diesen Transfermarkt aktuell so speziell. Ich glaube, dass bis auf die Topteams der Premier League und international vertretene Clubs kaum Vereine in der Lage sind, Ablösen zu bezahlen. Es gilt, kluge Entscheidungen zu treffen. Das ist immer wichtig, aber in der aktuellen Phase sind die Auswirkungen dramatischer, wenn man daneben liegt.
Der 1. FC Köln kann also auch darauf hoffen, Spieler ablösefrei zu verpflichten, die eigentlich noch bei einem anderen Verein unter Vertrag stehen?
Der Markt wird sich auf jeden Fall noch entwickeln. Wir haben einen bestimmten Markt, den wir bespielen können. Genauso gibt es Mannschaften, die über uns stehen, und deren Markt wir sind, um Spieler abzunehmen. Wenn es um Leihgeschäfte geht, wollen die Vereine ihre Spieler ja in einem guten Umfeld wissen, wo sie zum Spielen kommen. Ich glaube schon, dass ein Spieler, der bei einem Topklub aktuell nicht zum Zug kommt, sich überlegen würde, zum 1. FC Köln zu kommen. Klar, wir reden über eine Pandemie und wir haben in der letzten Saison in der Relegation gespielt. Unsere Aufgabe besteht darin, so zu arbeiten, um nach außen hin zu dokumentieren, dass der 1. FC Köln eine gute Adresse im Deutschen Fußball ist.
Haben Sie eine konkrete Zahl im Kopf, wie groß der Kader am Ende sein sollte?
Nein. Es geht darum, dass sich der Trainer wohl fühlt mit der Anzahl an Spielern, die er im Training hat. Aktuell haben wir auch viele junge Spieler im Kader, von denen nicht alle direkt in der Bundesliga spielen werden. Unser künftiger Weg muss es sein, diese Spieler so zu fordern und zu fördern, dass sie eine tragende Rolle in der Lizenzmannschaft übernehmen können. Dieser Prozess geht allerdings nicht von heute auf morgen. Daher wird der ein oder andere Spieler auch noch in der U21 oder U19 zum Einsatz kommen.
Es geht darum, die Gehaltshygiene zu verbessern
Sind denn im Hintergrund möglicherweise schon Entscheidungen gefallen?
Nein, es sind noch keine Vorentscheidungen getroffen worden. Es gibt Spieler, die von ihrer Veranlagung und Altersstruktur eher die Chance auf einen Platz im Kader haben als die ganz jungen. Aber am Ende haben wir hier ein Leistungsprinzip. Die Jungs wissen, dass sie Gas geben müssen. Der Trainer hat da genaue Vorstellungen und ein gutes Auge.
Der Vorstand hat eine langfristige Strategie. Dazu gehört, dass die Vertragsstrukturen zukünftig anders aufgebaut werden sollen.
Es geht darum, die richtige Kaderstruktur zu finden und die Gehaltshygiene zu verbessern. Hohe Ablösesummen und langfristige Verträge sind für uns aktuell kein Thema. Wir stehen in der Verantwortung für die Nachhaltigkeit des Klubs. Auch dies ist ein Prozess, der gerade am Anfang steht.
Was wollen Sie mit dem FC erreichen?
Ich möchte die laufenden Prozesse mit vorantreiben und den 1. FC Köln so zu einem dauerhaften Bundesligisten etablieren.
Hier lest ihr Teil 1 des großen GBK-Interviews mit Thomas Kessler.
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