Der 1. FC Köln verliert Salih Özcan an Borussia Dortmund – wohl auch unabhängig der Trainerentlassung beim BVB. Der Wechsel zeichnete sich am Donnerstag mit dem Medizincheck des 24-Jährigen ab und wird wohl nächste Woche perfekt gemacht werden. Sportlich ist der Transfer für den FC bitter, für Özcan hingegen nachvollziehbar. Vor allem aber war er für die Geißböcke unausweichlich – und Teil der Überlebensstrategie.
Der Aufschrei war groß am Donnerstag, als langsam durchsickerte, dass Salih Özcan keinesfalls für eine zweistellige Millionenablöse, sondern für rund sechs Millionen Euro zu Borussia Dortmund wechseln würde. Selbst der Chefredakteur einer großen Kölner Tageszeitung echauffierte sich auf Twitter und schrieb, es sei “schlimm”, dass das “Herzstück und Zukunftsversprechen” des FC für “bestimmt zehn Mio. unter seinem Marktwert” wechseln werde. “Wieder ganz große Arbeit geleistet worden beim 1. FC Köln.”
Diese Kritik an den handelnden Personen, insbesondere an Jörg Jakobs und Alexander Wehrle, verfehlte jedoch kolossal ihr Ziel. Vergaß sie doch, dass Özcan im Sommer 2021 keinen Pfifferling wert war, den FC fast schon verlassen hatte, weil ihn niemand so recht hatte aufhalten wollen. Der Spieler, der heute türkischer Nationalspieler und Dortmund-Neuzugang ist, war vor einem Jahr auf dem Leistungsniveau eines besseren Zweitliga-Kickers.
2021 hätte niemand sechs Millionen Euro gezahlt
Taktisch und am Ball fehlerhaft, mit vielversprechenden Anlagen, die man jedoch bis dato in der Bundesliga praktisch gar nicht, sondern einzig im Training und in einer guten Zweitliga-Saison bei Holstein Kiel gesehen hatte. Für diesen Spieler war die 2021 im Vertrag verankerte Ausstiegsklausel in Höhe von irgendwas zwischen fünf und acht Millionen Euro sogar noch ambitioniert. Und sie war offenbar eine nicht verhandelbare Bedingungen auf Özcans Seite, ohne die der Spieler den neuen Vertrag nicht unterschrieben hätte.
Ein Jahr später schmerzt der Verlust dieses Spielers den FC zwar sehr, doch in diesem einen Jahr haben die Geißböcke dafür auch viel bekommen: die Conference League Play-offs, drei Derby-Siege, an denen Özcan entscheidend beteiligt war und nun also eine Millionen-Ablöse, die jeden Cent besser ist als der ablösefreie Abgang, der vor einem Jahr eigentlich schon beschlossen gewesen war.
Erster Schritt zur Konsolidierung
Und so war das letzte Jahr eine Win-Win-Entwicklung für beide Seiten. Özcan spielt künftig Champions League und der FC bekommt einen ersten Rettungsring in Millionenhöhe zugeworfen. Denn obwohl dieser nicht zweistellig ist, ist er für die Geißböcke überlebenswichtig. Mitnichten können die Kölner jetzt munter auf dem Transfermarkt shoppen gehen. Vielmehr ist dieser Abgang nur der erste Schritt auf einem beschwerlichen Weg der Konsolidierung. Christian Keller hat in dieser Woche deutlich gemacht, dass der FC “nennenswerte Transfererlöse” wird erzielen müssen. Özcan ist nur der erste Erlös in einer Größenordnung, von der der Klub noch mehr braucht. Und zwar nicht wegen des angeblichen Fehlers, mit Özcan 2021 mit Ausstiegsklausel zu verlängern – sondern wegen der Fehler, die zuvor gemacht worden waren.
Der sportliche Verlust wird fraglos groß sein, zumal auch Ellyes Skhiri den Klub noch verlassen könnte. Die Geißböcke müssen also auf der so wichtigen Position der Sechs auf dem Transfermarkt zaubern, um Özcan und womöglich Skhiri zu ersetzen. Borussia Dortmund hingegen weiß aus eigener Erfahrung, was für ein Spieler in den Ruhrpott wechselt. Özcan hatte den BVB im Rückspiel in Müngersdorf im Zentrum beherrscht und die Dortmunder reihenweise vorgeführt. Kein Wunder, dass bei den schwarz-gelben Verantwortlichen im Anschluss der Entschluss gereift war, diesen Spieler zu verpflichten. Und dank der Ausstiegsklausel im Vertrag war dies möglich – Kölner Widerstand war zwecklos.
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