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Timo Horn: “Man darf nicht vergessen, worauf ich verzichtet habe”

Timo Horn. (Foto: Bucco)
Timo Horn. (Foto: Bucco)

Zum ersten Mal seit zehn Jahren ist Timo Horn mit dem 1. FC Köln als Nummer zwei in ein Trainingslager gereist. Im GEISSBLOG-Interview spricht der Torhüter über seinen Umgang mit seiner neuen Rolle, seine Zukunft und die finanziellen Sorgen des Klubs.

Das Interview führten Sonja Eich und Marc L. Merten

GEISSBLOG: Herr Horn, in zwölf Jahren bei den FC-Profis kommen für Sie einige Trainingslager zusammen. Wie viele planen Sie noch?

TIMO HORN: „Ich würde gerne spielen, bis ich 35 bin. Natürlich muss ich gucken, wie es Jahr für Jahr aussieht und was der Körper dann noch hergibt. Auch, ob ich noch das Tempo habe. Im Moment glaube ich aber, dass ich im besten Torwartalter bin.“

Sie wirken dieser Tage sehr gelöst.

„Körperlich fühle ich mich sehr gut und die Stimmung in der Truppe und bei mir persönlich ist top. Die Vorbereitung ist natürlich anstrengend und eine gewisse Müdigkeit merkt man schon.“

Obwohl Sie das erste Mal seit zehn Jahren als Nummer zwei in ein Trainingslager gereist sind. Wie gehen Sie mit der Situation um?

„Es ist eine völlig neue Situation für mich, mit der ich mich bewusst auseinandersetze. Das habe ich aber auch schon im Laufe der letzten Saison getan. Ich bin natürlich nicht zufrieden und musste in die neue Rolle erstmal hineinwachsen, um mit mir selbst im Reinen zu sein. Jetzt versuche ich, sie bestmöglich anzunehmen. In der letzten Saison hat man an meinem Beispiel gesehen, wie schnell sich das Blatt wenden kann. Daher kann sich für mich auch wieder eine Chance ergeben.“

Sind Sie jemand, der solche Situationen allein bewältigen möchte oder haben Sie sich auch die Unterstützung von außerhalb geholt?

„Ich bin ein Typ, der viel mit sich selbst ausmacht. Ich kann solche Situation gut einschätzen und meine Schlüsse daraus ziehen. Natürlich spreche ich viel mit meiner Frau, meinen Eltern und meinem Berater. Die verfolgen das selbstverständlich auch sehr intensiv.“ 

Es war ein Stück weit Pech

TImo Horn

Wie verliefen die Gespräche in den letzten Wochen mit Steffen Baumgart und Uwe Gospodarek? 

„Uwe hat viel mit mir gesprochen. Er kann die Situation sehr gut nachvollziehen, er hat selbst mal den Status als Nummer eins nach einer Verletzung verloren. Deshalb hat er mir auch gesagt, dass ich weiter Gas geben soll. Steffen Baumgart ist ein Mann der klaren Worte. Man weiß als Spieler, woran man ist. Er eiert nicht rum, sondern hat mir gesagt, dass es nichts mit meiner Leistung zu tun hat. Es war ein Stück weit Pech. Marvin hat seine Chance gut genutzt.“

Haben Sie auch schon Gespräche mit Sportchef Christian Keller geführt? 

„Ja. Ich denke, dass auch er einen positiven Eindruck von mir hat. Anders, als das vielleicht in der Öffentlichkeit kommuniziert oder geschrieben wird, hat er mir versichert, dass der FC weiterhin auf mich setzt. Der Verein steht komplett hinter mir und ist sehr zufrieden mit meinem Verhalten auf und neben dem Platz.“

Gibt es auch einen Austausch mit Thomas Kessler? Auf den ersten Blick ist es schon kurios, dass Sie jahrelang Konkurrenten im Tor waren und er nun Leiter der Lizenzspielerabteilung ist.

„Ich konnte mir bei Kess schon immer gut vorstellen, dass er irgendwann einen Posten im Verein bekleidet, weil er ein sehr kommunikativer Mensch ist und sich schon während seiner Karriere weitergebildet hatte. Er trägt den FC im Herzen und solch eine Position ist etwas, was ich mir nach meiner Karriere auch vorstellen könnte. Es ist toll, bei seinem Heimatverein in solch einer Rolle zu sein. Was das Torwartspiel angeht, hält er sich aber raus und überlasst das den Trainern (lacht).“

Steffen Baumgart hat explizit den Wunsch geäußert, dass Sie beim FC bleiben. Sie selbst haben betont, sich Gedanken über Ihre Zukunft zu machen. Wie ist der aktuelle Stand? 

„Momentan gehe ich fest davon aus, dass ich beim FC bleibe und meinen Vertrag bis 2023 erfülle. Mindestens – wer weiß, wie es weitergeht. Manchmal passieren Dinge im Fußball, die man nicht voraussehen kann. Auf der anderen Seite möchte ich natürlich möglichst viel spielen. Dass das beim FC jetzt weniger sein wird, ist mir klar. Deswegen schließe ich eine Veränderung auch nicht aus.“

Hat es denn schon Angebote gegeben, die für Sie interessant gewesen wären? 

„Nichts, was konkret geworden ist.“ 

Könnten Sie sich überhaupt vorstellen, für einen anderen Bundesligisten und damit gegen den FC zu spielen? 

„Das wäre sicher ein komisches Gefühl, aber auch ein besonderes Spiel. So weit habe ich aber noch nicht gedacht. Etwas Neues kennenzulernen kann aber nie schaden, deshalb habe ich das nie ausgeschlossen.“

Würde Sie das Ausland reizen?

„England ist neben Deutschland natürlich ein sehr interessanter Markt. Durch Corona hat sich aber einiges verändert, Mannschaften aus Spanien oder Italien haben Probleme Spieler zu verpflichten.“

Es wäre ein Traum, noch in Europa zu spielen

Timo horn

Sie sprechen die finanziellen Sorgen der Klubs an. Auch der FC steckt in einer schwierigen Situation. Die Verantwortlichen selbst sprechen die Gehaltsstrukturen offen an. Was macht das mit Ihnen, wenn offen über Ihr Gehalt diskutiert wird?

„Ich kann damit gut umgehen und habe Verständnis für die Situation des Vereins, weil ich sie auch gut einschätzen kann. Spieler wie Tony, Jonas oder ich haben Verträge, die zu einer anderen Zeit geschlossen wurden. Man darf aber auch nicht vergessen, worauf ich verzichtet habe, während ich beim FC war. Ich habe mit 19 Jahren in der Zweiten Liga angefangen und einen ganz kleinen Vertrag unterschrieben. Damals war mir nur wichtig, ins Tor zu kommen und den Einstieg in den Profifußball zu schaffen. Dann kam die stetige Weiterentwicklung des Vereins und auch von mir persönlich. Nach den erfolgreichen Jahren kam dann der Abstieg und von meiner Seite aus ein großer Verzicht. Der Vertrag wurde nur im Falle des direkten Wiederaufstieges noch einmal angepasst, der natürlich nicht garantiert war.“

Sie sind selbst ja auch ein absoluter FC-Fan. Wie würde der FC-Fan Timo Horn gerade über den Torhüter Timo Horn denken? 

„Über sich selbst zu sprechen, ist am schwierigsten. Jeder hat seine persönliche Meinung. Es gibt viele Fans, die mir gegenüber sehr positiv gestimmt sind, das merke ich im Trainingslager oder in Köln. Es gibt bestimmt auch Leute, die mein Gesicht nicht mehr sehen können. Das ist normal. Für mich persönlich würde ich mir eine Situation wünschen, in der ich wieder mehr spiele oder eine neue Herausforderung finde. Trotz meiner Rolle als Nummer zwei bin ich aber glücklich und habe eine gute Position innerhalb der Mannschaft.“

Gab es schon Signale vom Trainer, ob Sie in der ersten Pokal-Runde gegen Regensburg im Tor stehen werden? 

„Wir hatten letztes Jahr die klare Regelung, dass ich in der Bundesliga anfange und Marvin im Pokal. Deshalb hoffe ich, dass das dieses Jahr andersherum auch der Fall sein wird. Es wäre auch ein Traum, noch einmal in Europa das eine oder andere Spiel zu machen. Das wird der Trainer früh genug entscheiden.“

Ihnen fehlen noch zwei Bundesliga-Spiele, um es in die ewige Top-20-Liste aller FC-Spieler zu schaffen. Mit Bodo Illgner und Toni Schumacher haben nur zwei Torhüter mehr Spiele für den 1. FC Köln gemacht als Sie. War Ihnen irgendwann klar, dass Sie in diese Sphären vordringen könnten?

„Klar habe ich schon mal in die Statistik geschaut. Es sind die großen Namen dieses Vereins, in die ich mich da einreihen darf. Das macht mich stolz. Ich hoffe, dass noch ein paar dazukommen werden. Eine bestimmte Anzahl an Spielen habe ich mir aber nie vorgenommen.“

Haben Sie schon Pläne nach Ihrer aktiven Karriere? 

„Ich möchte im Fußball bleiben. Das macht mich glücklich und erfüllt mich. Mit meiner Erfahrung könnte ich mir vorstellen, jungen Spielern zu helfen und sie zu entwickeln. In welcher Funktion habe ich mir aber noch nicht überlegt. Das ist auch noch zu früh. Ein paar Jahre möchte ich ja noch spielen.“

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