Ich bin 1982 geboren. Nehmen Sie mich mal mit! Was war das für eine Zeit?
Die 1970er Jahre waren eigentlich geprägt von einer Aufbruchsstimmung. Das lag vor allem an Willy Brandt. Nach seinem Rücktritt änderte sich das. Helmut Schmidt wurde Bundeskanzler, und aus dem „Anything Goes“ wurde eine Krisenstimmung mit Wirtschaftskrise und Terrorismus. Die Bedrohung durch die RAF-Terroristen machte den Staat verwundbar. Jeder sprach über dieses Thema. Das gesellschaftliche Klima änderte sich.
Bonn war die Bundeshauptstadt, aber hier in Köln saßen die Stars
Zum Beispiel?
Damals begannen schon die Diskussionen um Rasterfahndung, Überwachung und Einschränkung der bürgerlichen Freiheiten. Das war der große Unterschied zu vorher.
Aber die Zeit war doch nicht nur geprägt von Angst und Terror.
Absolut nicht! Es war auch die Phase von Saturday Night Fever, der Musik, der Kultur. In dieser Zeit wurden Fußballspieler gesellschaftlich immer stärker wahrgenommen. Gerade in Köln.
Warum gerade in Köln?
Bonn war die Bundeshauptstadt, aber hier in Köln saßen die Stars. Hier gab es echten Glamour, und die Fußballprofis waren mittendrin. Das kulturelle Leben in der Stadt war unglaublich vielfältig. Es hatte damals Weltstadt-Niveau. Köln war zu diesem Zeitpunkt die globale Kunstmetropole, auf einer Stufe mit New York.
Heute ist es oft eine vorgeheuchelte Verbundenheit zum FC
Und der 1. FC Köln war mittendrin.
Das ist der springende Punkt. Der FC war schon immer ein Abbild der Stadt Köln, eine komprimierte Version quasi. Wie die Stadt ist, so ist der FC. Und wie der FC ist, so ist die Stadt. Damals, 1977/78, war Köln eine pulsierende Metropole mit allen Möglichkeiten. Und der FC war ein Klub wie heute der FC Bayern München, gewann das Double und hätte die Bundesliga auf Jahre hin dominieren können.
War diese gesellschaftliche Nähe der Stadt zum FC denn echt?
Im Vergleich zu heute, ja. Heute ist es oft eine vorgeheuchelte Verbundenheit. Stars und Sternchen schmeißen sich an den FC, weil sie wissen, dass der Klub 80.000 Mitglieder hat und damit 80.000 potentielle Kunden. Damals war das anders. Damals war es eine authentische Nähe, weil der Klub zur Stadt gehörte und die Stadt eine Strahlkraft hatte, die in Europa kaum eine andere Metropole zu bieten hatte.
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