Trainer Stefan Ruthenbeck mit Chris Führich. (Foto: Mika Volkmann)

Zwischen Jugendwahn und „Führich gebe ich nicht mehr her“

[nextpage title=”Kaum Erfahrung und doch eine verdiente Chance”]

Ein erster Erfolg, und schon zeigt die Kurve der Hoffnung beim 1. FC Köln wieder in die Höhe. Eigentlich, so sagten die FC-Verantwortlichen nach dem 1:0-Sieg über Wolfsburg, hätten die Geissböcke gegen die hochkarätig besetzte VfL-Truppe keine Chance haben dürfen. Doch der Erfolg nährt das Selbstbewusstsein der jungen Truppe.

Köln – Endlich mal ein verdienter Sieg, auch dank den 18:8 Torschüssen und weil die beiden Aluminium-Treffer (Jojic und Klünter) am Ende nicht noch bestraft wurden. Ein später Ausgleichstreffer, der durchaus möglich gewesen war, hätte einen weiteren Nackenschlag bedeutet für die jüngste FC-Mannschaft seit 1967.

So wenig Erfahrung wie ihre großen Vorbilder

So aber konnten die Kölner endlich mal wieder mit einem Lächeln vom Platz gehen. Gerade die vielen jungen Spieler hatten sich ein Lob verdient. Ob Birk Risa (19), der bis zu seiner Auswechslung der laufstärkste Spieler auf dem Rasen war. Ob Chris Führich (19), der sich mit einem mutigen Antritt die erste Chance des Spiels erarbeitete. Ob Salih Özcan (19), der erst sein 25. Bundesliga-Spiel in seiner Karriere absolvierte und in der Kölner Truppe schon fast wie ein Anführer auftrat. Ob Jannes Horn (20), den viele zwar als Sieben-Millionen-Neuzugang wahrnehmen, der aber auch erst auf 21 Bundesliga-Einsätze kommt. Oder Lukas Klünter (21), der zwar schon zwei Jahre bei den Profis mit dabei ist, aber auch erst sein 24. Erstliga-Spiel machte, noch dazu im Sturmzentrum auf einer ihm fremden Position.

Nach einem solchen Spiel wie am Samstag gegen Wolfsburg ruhen die Hoffnungen schnell auf diese jungen Spielern. Nicht nur für das Hier und Jetzt, sondern auch und gerade für die Zukunft. Sie sollen öfter spielen, häufiger, mehr Chancen bekommen, heißt es dann. Sie sollen immer spielen, egal, ob ihnen Fehler unterlaufen oder nicht. Man müsse ihnen diese Fehler nachsehen, viele Spieler hätten es durch eine solche Schule und mit solchem Vertrauen zu nationaler oder gar internationaler Größte geschafft. Lukas Podolski, Timo Horn und Yannick Gerhardt sind drei Kölner Beispiele. Können Özcan, Risa oder Führich auch irgendwann dazu gehören?

Arrivierte Kräfte machten es nicht besser

Diese Frage stellt man sich beim 1. FC Köln aktuell auch. Dass jene Youngster deshalb zu ihren Einsätzen kommen, weil die arrivierten Kräfte verletzt sind, ist die eine Seite der Medaille. Die andere Seite zeichnet ein Bild, auf dem ersichtlich wird, dass eben jene arrivierten Kräfte, als sie noch gesund waren, für den Absturz der Geissböcke hauptverantwortlich waren. Denn mitnichten herrschte die Verletztenmisere bereits am ersten Spieltag. Damals waren noch fast alle fit, die vermeintlichen Leistungsträger. Gegen Gladbach, Hamburg oder Augsburg spielte die potentiell stärkste Elf des FC – und verlor. Haben sich die Jugendspieler nun also so oder so eine Chance verdient?

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Erst Not, dann Tugend – und in der Zukunft?

Manchmal heißt es, diejenigen, die den Karren in den Dreck gefahren hätten, sollten ihn auch wieder rausziehen. Manchmal heißt es aber auch, sie hätten sich diese Chance nicht mehr verdient. Weder die eine noch die andere Seite kann die Wahrheit uneingeschränkt für sich reklamieren. Sicher ist nur: Misserfolg regt auch immer den Konkurrenzkampf neu an. Kaum eine Position ist mehr unumstritten. Und so dürfen sich diverse Talente beim FC auch in der Rückrunde berechtigte Hoffnungen machen, weiterhin ein wichtiger Teil der Mannschaft zu bleiben.

Das sieht auch Trainer Stefan Ruthenbeck so, der wie zuvor schon Peter Stöger vermehrt auf junge Spieler setzt. Doch der 45-Jährige, kommend aus der U19, tut dies mit einer etwas anderen Überzeugung. Ihm eilt der Ruf des Nachwuchscoaches voraus. “Fakt ist, dass ich einen Chris Führich nicht mehr hergeben werde oder dass Lukas Klünter jetzt eine Rolle hat, in der wir ihn weiterentwickeln wollen”, sagt der FC-Coach, der auch in der Rückrunde in dieser Position bleiben könnte. “Auch Salih Özcan ist ein Eigengewächs, der das Gesicht der Zukunft werden könnte. Auch ihn wollen wir weiterentwickeln. Es muss meine Aufgabe sein, die Jungs auf das nächste Level zu hieven.”

Ich habe selten einen Spieler wie Salih gesehen

Ruthenbeck ist sich der Gratwanderung allerdings durchaus bewusst. Er versucht deshalb auch bewusst die älteren Spieler nicht nur bei der Stange zu halten, sondern ihnen eine wichtige Rolle zu verleihen. “Das heißt nicht, dass wir jetzt in Jugendwahn verfallen sollten. Wir haben auch ältere Spieler, die wir brauchen, damit sie als Häuptlinge helfen die jungen Spieler zu entwickeln. Nur mit jungen Spielern wird es nicht funktionieren.” Das gilt für diese Saison, noch mehr aber wird dies für die nächste Saison gelten, falls es tatsächlich in die Zweite Liga gehen sollte und falls dann einige der arrivierten Kräfte den Klub verlassen sollten. Dann könnten Spieler wie Dominic Maroh oder Simon Zoller wichtige Säulen darstellen, an denen sich die Talente orientieren können.

Ein Spieler hat es Ruthenbeck bereits angetan: Salih Özcan. Er wird auch am Dienstagabend auf Schalke von Beginn an auflaufen, das hat der FC-Trainer verraten. “Er macht hier eine Top-Entwicklung durch. Ich habe selten einen Spieler mit 19 Jahren gesehen, der in Zweikämpfen so robust ist. Er schont sich nicht, tut sich und seinen Gegenspielern weh, ist fleißig, ein richtig guter Junge.” Özcans Spiel ist noch fehlerbehaftet, wie die Elfmetersituation gegen Freiburg zeigte. Doch der zentrale Mittelfeldspieler zeigt sich lernwillig und einsichtig. “Ich musste Salih nicht sagen, dass er gegen Freiburg zu aggressiv verteidigt hat. Er hat noch immer wieder einen Bock drin, aber wenn wir auf junge Spieler setzen, müssen wir Fehler verzeihen. Was ich nicht verzeihe, ist, wenn ein Spieler nicht mehr nachgeht, wenn er nicht versucht, den Fehler gutzumachen.”

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