Seit drei Spielen sieglos: der 1. FC Köln und Markus Anfang. (Foto: Mika Volkmann)

Plan A und Plan B: Die Suche nach der Sicherheit

[nextpage title=”Plan A hakt – erst die Defensive, dann die Offensive”]

Der 1. FC Köln hat sich verändert, seit Markus Anfang das Ruder übernommen hat. Doch der Wandel erlebte in den letzten Wochen mehrere Rückschritte. Die Verunsicherung der Spieler auf dem Rasen ist spür- und sichtbar. Die Zweifel, die nun an die Oberfläche treten, haben ihre Wurzeln tief in der FC-Vergangenheit.

Köln – Markus Anfang spricht seit Tag eins am Geißbockheim von einem Prozess, von einer Entwicklung. In dieser Entwicklung sind auch Rückschritte eingerechnet. Doch diese gab es zuletzt häufiger als gewünscht. Den Anfang nahm diese schwierige Phase beim 3:5 gegen den SC Paderborn. Zuvor war es gut gegangen, das hohe Attackieren, die Restverteidigung. Der 1. FC Köln, hatte man das Gefühl, war ständig in der Lage, ein Tor zu erzielen. Doch seit den Spielen gegen St. Pauli und Paderborn wissen die Gegner, dass der FC auch immer für Gegentore gut ist.

Das führte dazu, dass Markus Anfang seine Spieler seltener im Angriffs- und häufiger im Mittelfeldpressing attackieren und nicht mehr ganz so hoch verteidigen ließ wie zu Saisonbeginn. Die defensive Stabilität nahm zu, doch es litt das Offensivspiel, wie die Spiele gegen Sandhausen sowie zuletzt gegen Duisburg, Kiel und Heidenheim zeigten. Die Geissböcke gewannen die Bälle nicht mehr so früh, der Druck auf die Gegenspieler nahm ab, die Wege zum gegnerischen Tor wurden weiter, dazu fehlten häufig die für das Anfang’sche System so wichtigen Laufwege in die Schnittstellen und in den Strafraum.

Nicht nur fehlende Balance

Der dazu passende Ausdruck lautet eigentlich “fehlende Balance”. Doch nicht nur. Obwohl der FC vor dem Spiel gegen Duisburg drei Siege in Folge gefeiert hatte, fehlte gegen den MSV nicht nur die Balance, sondern auch das Vertrauen in die eigenen Fertigkeiten und Abläufe, die zu Saisonbeginn eigentlich auf einem guten Weg schienen. In Kiel wurde es offensiv nicht besser, gegen Heidenheim reichte es nur zu einer guten zweiten Halbzeit. “Mir wäre es lieber gewesen, wir hätten in den letzten drei Spielen mehr Punkte geholt, aber es macht mich auch nicht nervös”, sagte Sportchef Armin Veh hinterher.

Auf die Spieler traf dies freilich nicht zu. Die Nervosität einiger FC-Profis war am Samstag spürbar. Selbst Jonas Hector ließ sich anstecken. Viele Wochen lang hatte Köln von der Kaltschnäuzigkeit eines Simon Terodde, von der Durchsetzungskraft eines Dominick Drexler oder von der Kreativität eines Louis Schaub gelebt. Dazu hatte Christian Clemens einen starken Saisonstart erwischt. Doch nicht erst seit Clemens’ Verletzung ist diesen und anderen Spielern der letzte Kick, die letzte Präzision, der entscheidende Schuss Überzeugung verloren gegangen. Die Abschlüsse von Terodde sind nicht mehr zwingend, Drexler hadert zwischen wackeligem Torabschluss und ungenauem letzten Pass, Schaub fand seine Mitspieler nicht mehr dort, wo es noch zuvor zu gut geklappt hatte.

Wir waren zu wenige Leute im Strafraum

Einerseits, weil sich die Gegner inzwischen etwas besser auf den FC eingestellt haben. Andererseits, weil die Geissböcke personell zuletzt stärker rotieren mussten. Aber auch, weil die Geissböcke es zwar immer wieder probierten, aber entweder der Kopf (defensiv wie offensiv) nicht mitspielte oder aber die Varianten fehlten, um den Gegner zu überraschen. Auffällig war, dass meist mit der Hereinnahme von Serhou Guirassy ein anderer Spielaspekt mit hinzukam, ein Stürmer, der von außen ins Zentrum stach, für mehr Präsenz im Strafraum sorgte und so auch für mehr Beschäftigung der Gegenspieler (mehr dazu hier).

“Wir waren zu wenige Leute im Strafraum”, fand auch Sportchef Armin Veh nach dem Spiel gegen Heidenheim. “Wenn ich flanke, muss ich Druck auf die Abwehrspieler ausüben. Das kann ich natürlich nur machen, wenn ich auch in den Strafraum gehe. Das haben wir zu wenig gemacht.” So geht den Offensivspielern neben Terodde die Torgefährlichkeit ab. Glänzte Holstein Kiel unter Anfang in der letzten Saison noch durch nahezu unvorhersehbare Torschützen, konnte nahezu jeder Kieler vorstoßen und treffen, hakt es genau da beim FC mal wieder. Nicht erst unter Anfang, sondern schon in den Jahren zuvor waren die Geissböcke zu sehr von einem Torjäger abhängig.

[nextpage title=”Plan B? Kein Zwei-Stürmer-System vorgesehen”]

Kein Zwei-Stürmer-System vorgesehen

Zwar war auch in den letzten Spielen immer dann mehr offensive Wucht zu spüren, wenn neben Terodde auch noch Guirassy oder gar Jhon Cordoba auf dem Platz standen. Doch ein Zwei-Stürmer-System schließt Anfang aus. Ein solcher Plan B fehlt den Geissböcken daher, und sobald nicht genügend Mitspieler um Terodde herum in Tornähe nachrücken, sind die Kölner Angriffe oft allzu leicht von einer massiven Defensive einzudämmen. Der Wohl und Wehe des neuen Spielsystems hängt eben allzu sehr auch daran, dass die Spieler die viel zitierten Räume auf anlaufen, besetzen und mit Tempo bespielen.

Die ersten Zweifel, die nun an der Spielidee aufgekommen sind, haben freilich einen tieferen Ursprung beim FC als nur drei unerfreuliche Spiele gegen Duisburg, Kiel und Heidenheim. Konzept- oder Systemtrainer beim 1. FC Köln werden seit Uwe Rapolder und Stale Solbakken mit Argusaugen betrachtet, skeptisch und distanziert. Was eigentlich kurios ist, hat doch jeder Trainer ein “System” oder ein “Konzept”, eine Idee, wie er Fußball spielen lassen möchte. Markus Anfang genauso wie Peter Stöger genauso wie Frank Schmidt in Heidenheim oder Pep Guardiola auf seinen verschiedensten Stationen.

Das Schimpfwort des “Systemtrainers”

Doch weil Rapolder und Solbakken in Köln krachend scheiterten und die FC-Bosse ihrem neuen Trainer Markus Anfang ein Paket mit den Aufschriften “andere Spielidee” und “System” umhängten, kommen bei den Fans alte Erinnerungen und Gefühle wieder hoch. Zumal Veh und Anfang nicht nur den Aufstieg zum Ziel ausgerufen hatten, sondern attraktiven Fußball. Ein Bumerang, der vorhersehbar im ersten Moment spielerischer Probleme zurückgekommen ist.

Und so präsentiert sich der FC aktuell aus der paradoxen Stimmung heraus, nicht nur Tabellenführer der Zweiten Liga zu sein, sondern auch nach drei sieglosen Spielen in der Pflicht, endlich wieder liefern zu müssen. Weniger am Mittwochabend im DFB-Pokal gegen den Favoriten FC Schalke 04, sondern mit Sicherheit am kommenden Montagabend beim Hamburger SV.

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