Riesen Erleichterung beim FC nach dem Schlusspfiff. (Foto: Mika Volkmann)

Vier Trainer, zwei Sportchefs – und 2020 wieder ein Team?

[nextpage title=”Wie der FC in die Bundesliga aufstieg”]

Hinter den Profis des 1. FC Köln liegt ein turbulentes Jahr 2019 mit zahlreichen Höhen und Tiefen, die für viele Spielzeiten ausgereicht hätten. Der Klub kam in den vergangenen Monaten nie zur Ruhe, legte sich häufig selbst Stolperfallen und konnte sich auch durch den Aufstieg nicht finden. Der Personalverschleiß spricht eine eindeutige Sprache, und auch auf dem Rasen zeigte die Mannschaft viele Gesichter. Erst am Ende zeigte sich, dass in der Mannschaft doch mehr stecken könnte als lange Zeit befürchtet. 

Köln – Vor einem Jahr erlebte der 1. FC Köln das Weihnachtsfest noch als Tabellenzweiter in der 2. Bundesliga mit einem Zähler Rückstand auf den Hamburger SV und zwei Punkten Vorsprung vor dem FC St. Pauli. Dabei hatte die Liga bereits den ersten Rückrunden-Spieltag hinter sich gebracht. Mit einer 2:3-Niederlage gegen den VfL Bochum hatten sich die Geissböcke in die Winterpause verabschiedetet.

Am 4. Januar startete die damals noch von Markus Anfang trainierte Mannschaft in die Vorbereitung auf die Rückserie. Fünf Tage später ging es für den FC-Tross ins Trainingslager nach Palma de Mallorca, wo die Geissböcke ein Testspiel gegen den heimischen RCD Mallorca mit 0:1 verloren. In dieser Phase verließen mit Simon Zoller, Serhou Guirassy und Yann-Aurel Bisseck drei Spieler den FC, die mit ihrer Situation beim Absteiger unzufrieden waren. Gleichzeitig verstärkten sich die Kölner mit Johannes Geis (vereinslos) und Florian Kainz vom SV Werder Bremen.

Veh muss erstmals auf den Tisch hauen

Das erste Spiel im neuen Jahr bestritt die Anfang-Elf am 31. Januar bei Union Berlin, die bis dahin noch fünf Punkte Rückstand auf die Kölner hatten. Durch ein Traumtor von Ex-FC-Spieler Marcel Hartel nach nur wenigen Sekunden und dem 0:2 durch Florian Hübner unterlagen die Kölner am Ende trotz 25-minütiger Überzahl. Durch die Niederlage wuchs der Rückstand auf den HSV an, gleichzeitig stärkten die Kölner einen direkten Konkurrenten im Aufstiegskampf.

Es war der Beginn einer Berg- und Talfahrt der Geissböcke mit jedweder Art des inneren und äußeren Chaos. Das nächste Spiel in Aue fiel dem starken Schneefall im Erzgebirge zum Opfer. Der FC fegte am nächsten Spieltag St. Pauli mit 4:1 aus dem heimischen RheinEnergieStadion. Nur eine Woche später folgte jedoch der nächste Rückschlag, und das, obwohl alles für einen perfekten Freitagabend in Ostwestfalen vorbereitet war: Der FC führte mit 1:0 beim SC Paderborn, als Anthony Modeste seine Rückkehr im FC-Trikot feiern durfte und nach gerade einmal vier Minuten das 2:0 erzielte. Doch binnen zwölf Minuten stellte der SCP den Spielstand auf den Kopf und ging am Ende mit 3:2 als Sieger vom Platz. Nach der damit schon sechsten Saisonniederlage sah sich Geschäftsführer Armin Veh gezwungen, dazwischen zu hauen. “Nach der letzten Niederlage ist das Ziel gefährdet”, sagte der Sportchef und hielt eine Kabinenansprache ohne Trainer Markus Anfang ab. Es war jene Ansprache, die die “Spitzel-Affäre” auslöste – und den Machtkampf zwischen Veh und Präsident Werner Spinner.

Es folgten zwar drei Siege in einer englischen Woche mit Erfolgen über Sandhausen, im Nachholspiel in Aue und in Ingolstadt. Die Geissböcke übernahmen so am 23. Spieltag wieder die Tabellenführung und sollten sie schließlich bis zum Ende der Saison nicht mehr hergeben. Doch in Ingolstadt brach Veh offen mit Spinner und löste damit die nächste FC-Krise aus. Sportlich ging es mit überzeugenderen Siegen als zuvor weiter. Einem 5:1-Kantersieg über Arminia Bielefeld folgte ein 4:0 gegen Holstein Kiel und ein 2:0 in Heidenheim. Doch statt nun die Saison routiniert zu Ende zu spielen, bracht die Mannschaft erneut ein. Das Nachholspiel beim späteren Absteiger MSV Duisburg, das die Kölner nach 4:2-Führung nicht über die Bühne bringen konnten und sich am Ende mit einem 4:4 begnügen mussten, wurde von dem Herzinfarkt-Drama um Markus Anfangs Vater überschattet. Es folgten das noch akzeptable 1:1 gegen den Hamburger SV. Danach jedoch ging Köln auf desaströse Weise mit 0:3 bei Dynamo Dresden baden und verlor im darauffolgenden Heimspiel gegen Darmstadt 98 mit 1:2. Für Veh war die achte Saisonniederlage eine zu viel.

Der Geschäftsführer zog bei Trainer Markus Anfang die Reißleine. “Nach intensiver Aufarbeitung der letzten Spiele haben wir uns dazu entschieden, die Zusammenarbeit mit Markus und seinem Team zu beenden. Trotz der nach wie vor guten Ausgangslage gab es einen negativen Trend. In dieser Phase war es deshalb notwendig, etwas zu verändern, um unser Ziel nicht in Gefahr zu bringen”, erklärte Veh, obwohl der FC weiterhin Tabellenführer war. Je näher man dem FC zu dieser Zeit kam, so deutlicher wurde jedoch, dass dieser Schritt richtig gewesen, vielleicht sogar zu spät gekommen war. Trotz des negativen Trends hatten die Geissböcke drei Spieltage vor Saisonende noch sechs Punkte Vorsprung auf die Nichtaufstiegsplätze. Für die restlichen Spieltage übernahmen U21-Trainer André Pawlak und der kurz zuvor als Chefscout zum FC zurückgekehrte Manfred Schmid. Weil aber Hamburg, Paderborn und Union Berlin allesamt patzten, stieg der Effzeh bereits im Bus auf dem Weg nach Fürth wegen des besseren Torverhältnisses auf. Mit einem klaren 4:0-Erfolg bei den Kleeblättern machten die Kölner am 6. Mai aber auch rechnerisch alles klar. Dass die letzten beiden Saisonspielen mit 3:5 zuhause gegen Jahn Regensburg und dem späteren FC-Trainer Achim Beierlorzer sowie einem 1:1 gegen den Absteiger aus Magdeburg noch einmal in die Hosen ging, passte zur Saison.

Beierlorzer bringt den Optimismus mit

Nur wenige Tage nach der Niederlage gegen Regensburg gab der 1. FC Köln bekannt, dass Beierlorzer neuer Trainer der Geissböcke würde. Veh hatte sich schnell auf den offenherzigen Franken festgelegt und gab unverblümt zu, mit keinem anderen Trainer gesprochen zu haben. Beierlorzer kam mit dem Erfolg nach Köln, Regensburg in zwei Jahren auf den fünften und achten Platz der 2. Liga gebracht zu haben. In den ersten Wochen seiner Amtszeit bestätigte sich das positive Gefühl mit dem neuen Übungsleiter der Kölner. Beierlorzer brachte frischen Wind zum FC und schien den Spaß ans Geißbockheim zurückzubringen. Gleichzeitig erhielt Veh Lob für dessen auf den ersten Blick sinnvollen Neuverpflichtungen in Person von Sebastiaan Bornauw, Ellyes Skhiri, Birger Verstraete, Kingsley Ehizibue, Kingsley Schindler und Julian Krahl. Unterdessen suchten Tim Handwerker, Jannes Horn, Johannes Geis, Frederik Sörensen, Salih Özcan und Niklas Nartey woanders ihr Glück. Matthias Lehmann beendete derweil seine Karriere.

[nextpage title=”Wie der FC in der Bundesliga bleiben will”]

Pokal-Debakel vorerst abgewendet

In der Vorbereitung präsentierte sich die Mannschaft unter Beierlorzer zunächst noch vielversprechend, offenbarte gegen Ende aber offen ihre Probleme im Abwehrverbund und im Spiel nach vorne. Das erste Pflichtspiel im DFB-Pokal beim SV Wehen Wiesbaden ging dann auch beinahe schief. Erst im Elfmeterschießen avancierte der zuvor fehlerhafte Timo Horn mit drei gehaltenen Elfmetern zum Matchwinner. Eine Woche später jedoch verlor Köln zum Bundesligaauftakt beim VfL Wolfsburg mit 1:2. Simon Terodde hatte erst in der Nachspielzeit den Anschluss und damit das erste Bundesligator des FC nach dem Wiederaufstieg erzielt. Zudem war Darko Churlinov zu seinem Bundesliga-Debüt gekommen. Es sollten die einzigen beiden Lichtblicke des Tages – und für Churlinov bis heute der einzige Auftritt in der ersten Mannschaft bleiben.

Statt Mini-Serie kommt die Mega-Krise

Zum ersten Heimspiel erwartete den FC direkt ein Highlight, denn mit Borussia Dortmund gastierte der Vizemeister im RheinEnergieStadion. In einer starken Partie mussten sich die Kölner trotz Halbzeitführung am Ende mit 1:3 geschlagen geben. Doch eine Woche später gelang der lange ersehnte erste Saisonsieg: In der Nachspielzeit sicherte Ellyes Skhiri mit einem Wahnsinns-Solo der Mannschaft die ersten drei Punkte. Danach jedoch begann, was letztlich in der Entlassung von Achim Beierlorzer enden sollte. Ein lebloser Derby-Auftritt gegen Gladbach (0:1) und zwei deutliche 0:4-Niederlagen in Folge brachten Beierlorzer bereits zum Schwanken. Die Hoffnungsschimmer durch ein 1:1 auf Schalke und einen 3:0-Sieg gegen Paderborn brachten wieder Licht ins Dunkel, zumal mit Noah Katterbach der zweite Youngster aus dem FC-Nachwuchs zu seinem Bundesliga-Debüt kam. Doch statt einer Mini-Serie kam die Mega-Krise.

Erst verkündete Veh via Sky praktisch seinen Abschied zum Saisonende. Dann unterlag der FC in Mainz mit 1:3 und wurde durch eine skandalöse (Video-)Schiedsrichter-Entscheidungen um mindestens einen Punkt gebracht. Die Negativspirale hatte eingesetzt und war nicht mehr zu stoppen. Nur vier Tage später schied der Bundesligist sang- und klanglos in Saarbrücken in der zweiten Runde aus dem DFB-Pokal aus. Die ersten Rufe nach der Entlassung von Beierlorzer wurden laut, doch Veh stellte sich vor seinen Trainer. Das half trotzdem nicht. So vorhersehbar wie erneut leblos ging auch das zweite Derby der Saison, diesmal bei Fortuna Düsseldorf, verloren. Ein 0:2 statt einer Trotzreaktion – spätestens jetzt rechnete jeder mit der Trennung von Beierlorzer. Ein letztes Mal aber kämpfte Veh für seine Überzeugung und für Beierlorzer. Mehr als eine Gnadenfrist gab es allerdings nicht mehr. Wie zum Beweis für die bisherige Saison verlor der FC gegen Hoffenheim zuhause mit 1:2 – wegen eines Elfmeters in der Nachspielzeit. Zwar hatte Jhon Cordoba erstmals für Köln in der Bundesliga getroffen und Ismail Jakobs als nächstes FC-Eigengewächs erstmals in der Bundesliga auf dem Platz gestanden. Individuelle Fehler und ein Elfmeter durch Videobeweis besiegelten aber trotzdem die nächste Niederlage und schlussendlich auch das Beierlorzer-Aus. Zudem gab der FC nur Sekunden nach dem Schlusspfiff bekannt, die Zusammenarbeit mit Veh mit sofortiger Wirkung zu beenden. Der 1. FC Köln steckte tief in der Krise und war seine sportliche Führung los.

Heldt und Gisdol übernehmen

Nachdem zunächst alles danach aussah, als würden Erik Stoffelshaus und Pal Dardai den FC übernehmen, überraschte der FC am 18. November mit einer Doppel-Meldung: Horst Heldt als Geschäftsführer und Markus Gisdol als Trainer sollten Köln zurück in die Erfolgsspur führen. Die Skepsis war groß, gerade gegenüber Gisdol, und die ersten Ergebnisse schienen wenig vielversprechend. Der FC ging mit 1:4 bei RB Leipzig baden, aber immerhin sicherte Cordoba eine Woche später in einem kuriosem Spiel mit zwei Platzverweisen seiner Mannschaft gegen Augsburg einen Punkt. Doch am 14. Spieltag war dann der Tiefpunkt endgültig erreicht: Bei Mitaufsteiger Union Berlin lieferten die Kölner einen Offenbarungseid ab und verloren mit 0:2. Die Folge: Der 1. FC Köln rutschte mit nur acht Punkten aus 14 Spielen ans Tabellenende.

Kaum jemand rechnete zu diesem Zeitpunkt mit dem, was eine Woche später innerhalb von sieben Tagen passieren würde. Heldt und Gisdol kündigten zunächst personelle und strukturelle Maßnahmen an. Doch welche würden das sein? Im Derby gegen Bayer Leverkusen wurde es klar: Jan Thielmann, 17 Jahre alt, wurde Nachwuchs-Debütant Nummer vier – und auch wegen ihm schien sich etwas im Kader zu verändern. Gisdol verzichtete auf Marco Höger, brachte dafür die laufstärksten und schnellsten Spieler im Team und wurde belohnt. Das 2:0 durch Cordoba und Bornauw war mehr als nur ein Lebenszeichen. Dass die Geissböcke nur vier Tage später beim Europa League-Teilnehmer Eintracht Frankfurt ein 0:2 in ein 4:2 drehten und Jakobs erstmals für die FC-Profis traf, machte den Glauben an eine mögliche Wende greifbar. Denn schon stand der FC nicht mehr auf einem Abstiegsplatz, sondern auf Rang 15. Und tatsächlich konnten die Kölner ihren Jahresabschluss und die Englische Woche am Ende sogar noch veredeln. Gegen Bremen erzielte Cordoba sein viertes Heimspieltor in Folge und brachte den FC damit den Sieg – den dritten in Folge. Damit holten die Kölner in einer Woche mehr Zähler als in den vorherigen vier Monaten und beschenkten sich kurz vor Weihnachten selbst.

Kommt der FC 2020 endlich zur Ruhe?

Rafael Czichos sprach nach der perfekten Englischen Woche und nun 17 Zählern auf dem Konto vom „Minimalziel“ für die Hinrunde. In einem engen Abstiegskampf meldeten sich die Geissböcke im letzten Moment also noch zurück und stecken nun mit Selbstvertrauen und neuem Glauben an die eigenen Fähigkeiten in einer sogar halbwegs guten Ausgangsposition. Wirklich zur Ruhe gekommen ist der 1. FC Köln im Jahr 2019 aber nie. Vier Trainer und zwei Sportchefs waren in den vergangenen zwölf Monaten bei den Kölnern im Amt. Als wirkliche Einheit präsentierte sich die Profiabteilung nur selten. Erst Markus Gisdol und Horst Heldt schienen im Dezember den richtigen Ton getroffen zu haben. Die Mannschaften scheint gerade noch rechtzeitig verstanden zu haben, welche Tugenden für den Abstiegskampf von Bedeutung sind. Zudem hat der FC den Mut bewiesen und Spielern aus dem eigenen Nachwuchs erstmals seit vielen Jahren wieder das Vertrauen geschenkt. Diese haben es ihrerseits mit guten Leistungen zurückgezahlt. Die Ausgangslage mit nun 17 Zählern, vor allem aber der Trend der letzten Woche gibt für die Rückrunde Hoffnung auf den Klassenerhalt. Damit können die Kölner auf eine ruhige Wintervorbereitung hoffen und, personelle Verstärkungen inklusive, sich auf die schweren nächsten Monate einstellen.

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