Der 1. FC Köln hat den Trainingsbetrieb vorübergehend eingestellt. Erst am 27. März will sich die Mannschaft erneut am Geißbockheim zusammenfinden, um wieder mit dem Ball zu trainieren. Bis dahin hat jeder Spieler einen individuellen Trainingsplan an die Hand bekommen, um sich bestmöglich fit zu halten. Doch wie effektiv sind diese Maßnahmen für einen Fußballprofi wirklich?
Köln – Toni Leistner trainiert aktuell mit seiner kleinen Tochter im Garten. Dabei absolviert der Kölner Innenverteidiger Kraft- und Stabilisationsübungen auf der Matte oder am Slingtrainer. Auch Florian Kainz erledigt seine Übungen im Garten, hat dabei Fitnessbänder zur Hilfe. Jorge Meré trainiert derweil auf seiner Dachterrasse oder absolviert genauso wie Jhon Cordoba Läufe auf dem heimischen Laufband in der Wohnung. In den sozialen Medien lassen die FC-Profis ihre Fans daran teilhaben, wie sie sich während der trainingsfreien Zeit angesichts der Corona-Krise fit halten. Denn mit dem Ball am Fuß haben die Geißböcke im Grunde seit der Derby-Niederlage im Geisterspiel gegen Gladbach nicht mehr trainiert. Während der Aussetzung des Spielbetriebes in der Bundesliga bis mindestens zum 2. April haben auch die Kölner ihren Trainingsbetrieb bis zum 27. März ausgesetzt. Erst dann will man sich am Geißbockheim wieder treffen. Ob und wie es dann mit dem Mannschaftstraining auf dem Platz weiter gehen wird, dürfte erst die erneute Entscheidung der DFL über die Wiederaufnahme der Spiele in der letzten März-Woche mit sich bringen.
Trainingsbelastung soll Spiele abbilden
“Wir alle hätten am liebsten einen normalen Mannschaftstrainingsbetrieb mit Ball und Zweikämpfen, aber das ist momentan nicht möglich”, erklärte Markus Gisdol am Donnerstag über die Vereinskanäle. “Wir müssen unserer Vorbildfunktion gerecht werden, auch wenn unsere Spieler allesamt den Anschein machen, als seien sie gesund. Und wir müssen die Situation ernst nehmen. Das tun wir vollumfänglich. Daher haben wir uns dazu entschieden, dass die Spieler zehn Tage individuell trainieren.” Jeder Spieler habe einen individuellen Trainingsplan bekommen. Dabei sollen sie Lauf- und Krafteinheiten sowie Stabilitätsübungen eigenständig durchführen, ohne sich in Gruppen dafür zu treffen. Dabei hat jeder Spieler ausgeliehene Spinning-Räder vom DFB erhalten, die diese aufgrund der ausgefallenen Länderspiele nicht benötigen. “Wir haben die Belastung so gewählt, dass die Jungs dabei möglichst Spiele abbilden können. Aber wir wissen auch, dass das nie zu hundert Prozent möglich ist. Dennoch sind wir alle davon überzeugt, dass es aktuell die bestmögliche Variante ist, um Profisportler auf einem vernünftigen Niveau zu halten”, sagte der Trainer hinsichtlich der Belastungssteuerung. Dabei hofft man beim FC, dass die Spieler ihre Pläne diszipliniert und verantwortungsvoll durchführen. “Bisher konnten wir uns immer gut auf unsere Jungs verlassen”, meinte Gisdol diesbezüglich.
Nach GBK-Informationen geht man derweil beim FC davon aus, dass zwei bis drei Wochen lang über ein individuelles Training zuhause das Fitnesslevel der Spieler ohne signifikante Defizite gehalten werden könnte. Anders als in Vorbereitungen oder Sommerpausen sind die Pläne darauf ausgerichtet, dass die Spieler schnellstmöglich wieder einsatzbereit wären, sofern sich eine Verbesserung der gesundheitlichen Situation in Deutschland ergeben sollte.
Man verliert recht das schnell das Gefühl für Räume, Zeit und Gegnerdruck
Doch nicht nur die Profiligen sind aktuell von der Aussetzung des Spielbetriebes betroffen. In ganz Deutschland kann aktuell kein Ligabetrieb stattfinden. Damit müssen sich auch die Spieler in den unterklassigen Ligen ohne Ball und geregeltes Training fit halten. Dort teilt man die Einschätzung des FC aber nur geringfügig. “Das Stabilisations- und Dehnprogramm hilft, um ein wenig das Körpergefühl zu erhalten. Aber im Endeffekt ist die Pause eine Katastrophe”, sagte Kisolo Deo Biskup, Spieler des Fünftligisten 1. FC Kaan-Marienborn, dem GEISSBLOG.KOELN. “Zehn Tage ohne Ball, aber vor allem ohne Abläufe und Wettkämpfe sind mies. Es hat also richtig große Auswirkungen”, erklärte der Spieler. Durch das heimische Training können die Profis zwar ihre Kraft- und Ausdauerfähigkeit vorübergehend aufrechterhalten, die fußballspezifischen Abläufe gehen durch die Pause allerdings verloren. Welche Auswirkungen das genau auf einen Fußballer hat, der üblicherweise fast täglich trainiert, erklärt Deo Biskup wie folgt: “Man verliert recht schnell das Gefühl für Räume, Zeit und Gegnerdruck. Das sieht man ja nicht selten bei Spielern, die aus einer Verletzung wiederkommen: Man hat das Gefühl, die Spieler kommen immer einen Schritt später. Der Kopf hat zwar die richtige Idee, aber die motorische Umsetzung dauert zu lange.”
Aktuell gilt: Besser so, als gar nicht
Eine Studie von englischen Wissenschaftlern und Trainern um Ryland Morgan zu den Grundsätzen und Praktiken des Fußballtrainings beschreibt zudem die Wichtigkeit des Ausmaßes, in dem der Trainingsreiz dem tatsächlichen Wettbewerb ähnelt und reproduzieren kann. Der Empfehlung nach sollten alle im Trainingsprogramm enthaltenen Übungen für die Anforderungen und Bewegungsmuster des entsprechenden Sports relevant sein. Derzeit lässt sich diese Empfehlung für alle Fußball jedoch nur schwierig bis überhaupt nicht umsetzen. Daher gilt wohl auch in diesem speziellen und so noch nie da gewesenen Fall: Besser so trainieren, als überhaupt nicht.
Aktuell ist noch ungewiss, wann die Liga tatsächlich ihren Spielbetrieb wieder aufnehmen kann. Auch wenn der Ball vorläufig nur bis zum 2. April ruht, geht man bei der DFL aktuell nicht davon aus, am ersten Aprilwochenende tatsächlich wieder Fußball spielen zu können. Umso schwieriger gestaltet sich dabei auch die Trainingssteuerung für die Profis. “Da man nicht genau weiß wie es weiter geht, ist es schwierig, die Intensität vorzugeben”, erklärt auch Sportwissenschaftler Florian Gauer. “Theoretisch bräuchte man wieder eine kleine Vorbereitung. Es ist schwer vorzustellen, direkt wieder in den Wettkampf einzusteigen.” Sollte der Spielbetrieb tatsächlich wieder am ersten Aprilwochenende aufgenommen werden, hätten die FC-Profis genau eine Woche, um sich nach knapp zweiwöchiger Pause wieder auf den Wettkampf in der Bundesliga vorzubereiten. Doch davon geht momentan ohnehin kaum jemand aus.
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