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Streitfall Timo Horn: Zwischen Vertrauen und neuer Konkurrenz

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Timo Horn. (Foto: Bopp)

Timo Horn hat in den Tagen nach dem 1:6 des 1. FC Köln beim SV Werder Bremen Morddrohungen via Social Media erhalten, womöglich von einem Anhänger von Fortuna Düsseldorf. Der Torhüter der Geißböcke steht derweil auch bei der Kölner Anhängerschaft schon länger aufgrund schwankender Leistungen in der Kritik. Nun sprang ihm Sportchef Horst Heldt zur Seite. Seine Äußerungen machten klar, dass der FC seinen Spieler nicht alleine lassen wird, definierten aber auch die Suche nach einem sportlichen Herausforderer für Horn neu. 

Köln – Am Mittwoch ging der 1. FC Köln in die Offensive. Mehrere Tage lang hatte sich der Klub nicht öffentlich zur Kritik einerseits und zu den teilweise strafrechtlich relevanten Anfeindungen auf Social Media zu Timo Horn geäußert. Dann traf sich Sportchef Horst Heldt mit der Bild und dem Express zum Interview und holte zum Gegenschlag aus. “Es wurden Grenzen überschritten. Wir sind kein Freiwild. Morddrohungen sind für keinen Menschen zu ertragen und zu dulden – auch nicht bei Fußballern”, sagte Heldt.

Die Polizei ermittelt

Viele Bundesliga-Klubs kämpfen für einen faireren Umgang mit ihren Spielern in den sozialen Netzwerken. Horn selbst hatte sich zwischenzeitlich schon einmal aus den diversen Kanälen zurückgezogen, um dann doch wieder den Austausch mit den Fans zu suchen. Neben den positiven und unterstützenden Stimmen gehören kritische Auseinandersetzungen dort zum Alltag, manche berechtigt, manche notorisch, manche anfeindend und manche derart abstoßend und kriminell, dass man es manchem Spieler nicht verübeln könnte, wenn er seinen Account privat schaltet oder gleich wieder löscht. Dass dies kein Fußball-spezifisches Problem ist, versteht sich von selbst.

Im Fall des Timo Horn wurde zweifellos eine Grenze weit überschritten. Die Polizei ermittelt, und es wäre wohl es wichtiges Zeichen im Kampf gegen ungezügelte Hassbotschaften im Netz, sollten die Ermittlungen erfolgreich sein. Der Verdacht liegt nahe, dass der Täter aus dem Umfeld von Fortuna Düsseldorf kommt. Horn hatte sich öffentlich dazu bekannt, den Abstieg des rheinischen Rivalen gerne zu sehen. Dass seine schlechte Leistung in Bremen maßgeblich dazu beitrug, erzürnte zahlreiche Düsseldorf-Anhänger und könnte letztlich zu der Morddrohung geführt haben.

Horn statistisch einer der schwächsten Torhüter der Saison

Davon gänzlich unabhängig muss Timo Horn schon länger im eigenen Fan-Lager viel Kritik aushalten. Die FC-Anhänger sehen ihre Nummer eins seit der Saison 2017/18 deutlich kritischer. Jahrelang war Horns Stern stetig gestiegen, das Kölner Eigengewächs schien auf dem Weg in die Nationalmannschaft. Dann verletzte sich der Torhüter in der Saison 2016/17 schwer, fiel mehrere Monate aus, kehrte im Saisonendspurt zurück und führte die Geißböcke nach Europa. Doch danach fand er nie wieder zu seiner früheren Konstanz zurück. Im Sommer 2017 kam Horn mit Übergewicht aus dem Urlaub und spielte eine schwache Abstiegssaison. In der Zweiten Liga schien er sich zwischenzeitlich wieder stabilisiert zu haben, leistete sich aber auch dort immer wieder Aussetzer, die man aus früheren Zeiten nicht von ihm kannte. Und auch in dieser Saison gehörte Horn zu den schwächsten Stammtorhütern der Liga: Mit 69 Gegentoren in 34 Spielen kassierte Horn im Schnitt zwei Treffer pro Spiel. Mit nur 56,6 Prozent wies er die mit Abstand niedrigste Paradenquote aller Stammtorhüter auf, spielte nur sechs Mal zu Null und landete im kicker-Ranking auf dem vorletzten Platz in der Liga.

Hat der FC ein Torwartproblem?

Die Zahlen zeigen: Der 1. FC Köln hatte in der vergangenen Saison ein Torwartproblem. Horns Entwicklung stagnierte, der 27-jährige konnte einzig in der Phase der acht Siege aus zehn Spielen häufiger glänzen und dem FC Punkte festhalten. Steckte seine Mannschaft jedoch in der Krise, war Horn nicht in der Lage seinen Vorderleuten zu helfen oder Sicherheit zu geben. Und es schien, als hätten auch die FC-Verantwortlichen dieses Problem erkannt.

Denn unter Sportchef Heldt und Torwarttrainer Andreas Menger fiel die Entscheidung nicht mit Thomas Kessler zu verlängern, sondern einen neuen Torhüter zu verpflichten, um Horn Konkurrenz zu machen. Ein Umstand, den es seit Horns Beförderung zur Nummer eins vor acht Jahren nicht gegeben hat. Kessler sollte stets die loyale Nummer zwei sein, ein Zweikampf zwischen den Pfosten war nicht gewünscht. War Horn fit, spielte er auch. Egal wie. Nun aber schien es so, als sei der FC gewillt, diesen Umstand zur neuen Saison zu ändern.

Nimmt Heldt wegen Corona Tempo aus der Torwart-Diskussion?

Nun aber überraschte Heldt mit seinen Aussagen zu Horns Leistungen. “Timo war unser konstantester Spieler der Saison”, sagte der Sportchef. Freilich wollte Heldt seinem Keeper moralisch zur Seite springen und ihn nach den Angriffen aus dem Netz nicht auch noch sportlich in Frage stellen. Doch Heldt machte zudem deutlich: “Ja, wir suchen eine Nr. 2, Timo ist natürlich unsere Nr.1. Ich erwarte Loyalität vom neuen Mann, aber keine Zufriedenheit nur Ersatzmann zu sein.” Eine Aussage, die nach GBK-Informationen intern monatelang gänzlich anders geklungen hatte. Der FC wollte einen Torhüter verpflichten, der Horn sofort in seinem Status als Nummer eins angreifen kann, kein Nachwuchstalent wie in den letzten Jahren, sondern einen gestandenen Torhüter, der bereits über Profi-Erfahrung verfügt und den Anspruch hätte Horn als Nummer eins abzulösen.

Ein solcher Torhüter jedoch ist schwer zu finden. Und womöglich hat die Coronavirus-Krise diesen Prozess noch einmal verändert. Denn die Geißböcke haben eigentlich kein Geld, um für einen neuen Torhüter eine beträchtliche Ablöse zu zahlen, der dann im Zweifel 34 Spiele auf der Bank sitzt. Wohl auch deswegen dürfte Heldt aus der Diskussion um den Kampf zwischen den Pfosten etwas Tempo herausgenommen haben. Ein Hintertürchen hielt er allerdings offen. “Jeder Spieler, der hier spielt, will das Maximale erreichen, also spielen. Wir wollen Reize setzen. Die Jungs sollen sich gegenseitig zu Höchstleistungen pushen.” Heißt im Klartext: Der Wettbewerb um die Rolle der Nummer eins soll im Sommer tatsächlich beginnen – allerdings mit Horn als klarem Platzhirsch und mit dem Neuen als klarem Herausforderer.

Wer sind die Kandidaten?

Bleibt die Frage, welche Torhüter für diese Rolle in Frage kämen. Der FC hat kein Geld, Ablösesummen wären kaum zu stemmen. Benjamin Uphoff vom Karlsruher SC wird immer wieder genannt, doch im April hieß es aus dem Geißbockheim, der 26-jährige sei keine Option. Allerdings ist er ablösefrei und könnte daher doch noch mal interessant werden. Allerdings soll er bei Union Berlin ganz oben auf der Liste stehen. Ralf Fährmann vom FC Schalke 04 hat dort keine Zukunft mehr, aber seit anderthalb Jahren fast kein Spiel mehr bestritten. Leopold Zingele vom SC Paderborn geht womöglich nicht mit dem Absteiger in die Zweite Liga. Frederik Rönnow von Eintracht Frankfurt würde eigentlich perfekt in das Kölner Anforderungsprofil passen, dürfte aber eine Millionen-Ablöse kosten. Sven Ulreich vom FC Bayern will wieder spielen, hat aber wohl bessere Optionen als die Nummer zwei in Köln. Yvon Mvogo von RB Leipzig sucht eine neue Herausforderung, will aber bei seinem neuen Klub als Nummer eins gelten und nicht als Herausforderer. Und so könnten womöglich eher Torhüter aus der Dritten Liga in den Kölner Fokus rücken, ambitionierte Stammkeeper, die es in die Bundesliga schaffen wollen, aber wissen, dass sie sich erst einmal beweisen müssen. Wie Kevin Brol von Dynamo Dresden oder Christian Früchtl vom FC Bayern II. Wer es auch immer wird, Heldt hat die Herausforderer-Rolle mit seinen Aussagen verändert und Horn den Rücken gestärkt. Horn weiß nun aber auch: Er wird dieses Vertrauen mit Beginn der Vorbereitung zurückzahlen müssen. Ansonsten soll es künftig einen Torhüter geben, der seinen Posten übernehmen kann.

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