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Gisdol wollte Kruse: FC scheute vor Skandalnudel-Image

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Max Kruse spielt bei Union Berlin bislang groß auf. (Foto: imago Images / Contrast)

Drei Tore und fünf Assists in sieben Spielen: Max Kruse ist beim 1. FC Union Berlin der Mann der Stunde. So manchem Fan des 1. FC Köln treiben diese Statistiken des Offensivspielers die Tränen in die Augen. Viele Kölner Anhänger hätten den 32-jährigen gerne als Nachfolger von Mark Uth beim FC gesehen. Doch die Verantwortlichen scheuten den Transfer, obwohl sie sich mit dem Stürmer beschäftigt hatten.

Köln – Es soll tatsächlich zu einer Begegnung gekommen sein. Im Juni besuchte Max Kruse die Stadt Köln. Der 32-jährige hatte gerade bei Fenerbahce Istanbul einseitig wegen ausstehender Gehaltszahlungen gekündigt. Topfit und schlank, gar nicht wie zu Bremer Zeiten mit Übergewicht, streifte Kruse durch Köln – und traf dem Vernehmen nach dort in einem Café in der Innenstadt auf Markus Gisdol. Ob Zufall oder nicht, so erzählt man sich am Geißbockheim, sollen sich der Stürmer und der FC-Trainer unterhalten haben.

Gisdol schwärmt von Kruse

Man stelle sich vor, Gisdol wäre damals im Anschluss an das Gespräch schnurstracks zu Sportchef Horst Heldt ins Büro marschiert und hätte in Guardiola’scher Manier erklärt: “Kruse oder nix!” Wäre der 32-jährige dann gekommen, hätte die Vorbereitung mit dem FC absolviert und inzwischen für die Geißböcke und nicht für den nächsten FC-Gegner Union Berlin die acht Scorerpunkte erzielt? Tatsächlich ließ Markus Gisdol nun auf GBK-Nachfrage verlauten: “Max Kruse ist ein Klasse-Spieler, der bei jeder Mannschaft den Unterschied machen kann.” Und unterschwellig schwang mit: Eigentlich hätte der 51-jährige den Stürmer gerne zum FC geholt.

FC wollte keinen zweiten Fall Modeste

Warum also spielt Kruse nun in Berlin und nicht in Köln? Die Gründe sind wohl vielschichtig, und alle haben mit den Erfahrungen der Geißböcke aus den vergangenen Jahren zu tun. Zunächst soll da die juristische Unsicherheit gewesen sein. Kruse hatte bei Fenerbahce gekündigt, war vermeintlich ablösefrei, doch die Türken drohten mit dem Gang vor den Internationalen Sportgerichtshof. Da jedoch klingelten beim FC die Alarmglocken – schließlich hat der FC bei Anthony Modestes Rückkehr aus China einen ähnlichen Fall bereits miterlebt. Im Gegensatz zu Tianjin Quanjian, dem einstigen Modeste-Klub, war aber klar, dass sich Fener nicht einfach als Klub auflösen und die Klage damit hinfällig werden würde. Im Gegenteil: Mitte September reichte der türkische Topklub tatsächlich Klage bei der FIFA ein. Man will 18 Millionen Euro Entschädigung.

Wie das Spielchen ausgehen wird, ist offen. Doch beim FC war die Causa Kruse deswegen zu heiß. Damit standen die Geißböcke im Übrigen nicht alleine da. Auch andere Klubs, Schalke und Werder darunter, sollen aus ähnlichen Gründen Abstand genommen haben von dem 32-jährigen. Die Berliner hingegen schlugen zu – und bis jetzt können sie sich über einen echten Coup freuen. Denn Kruse ist sportlich nicht zu ersetzen, aus dem Spiel heraus genauso wie bei Standards eine Waffe. Eine Waffe, die dem FC fehlt, mit allen Extras, die Kruse liefert: Extravaganz, Leidenschaft und das Körnchen Gift und Galle, das so manchem stillen Kölner auf dem Feld gänzlich abgeht. Während Kruse seine Gegner abkocht, verbrennen sich die Geißböcke bislang in der Liga viel zu häufig noch selbst.

Kölner Angst vor dem Lebemann Kruse

Doch beim FC scheute man auch die andere Seite des fußballerisch brillanten Stürmers. Zocker-Ausflüge in eine Shisha-Bar, Twitch-Livestreams von zuhause bei Call of Duty, nächtliche Ausflüge in die Social-Media-Welten, obwohl am nächsten Tag ein Training ansteht: Bei Eisern Union hält man eisern an Kruse fest, stützt den Star trotz dessen privaten Ausritten, die einem Profifußballer nur selten gut zu Gesicht stehen. Doch schon in Bremen hatte man ein Agreement gefunden, dass Kruse der Lebemann sein durfte, der er in all seinen Schrägheit ist. Er zahlt es bislang mit Top-Leistungen in der Bundesliga zurück. Und weil Kruse auf diese Art und Weise auch ein Aushängeschild für Union ist, freut man sich in Köpenick derzeit über eine klassische Win-Win-Situation.

Beim 1. FC Köln hingegen traute man sich nicht an die vermeintliche Skandalnudel heran. Man war sich offenbar nicht sicher, ob man einen Spieler der Marke Novakovic oder der Marke Maniche bekommen würde. Einen Spieler, der trotz aller Extravaganzen noch seine Leistung bringt. Oder einen Spieler, dessen Eskapaden abseits des Platzes zu nicht mehr tragbaren Verhältnissen auf dem Rasen führen würden. In Kombination mit den rechtlichen Unsicherheiten um Kruses Vertragsauflösung bei Fenerbahce war den Geißböcken der Deal am Ende zu heiß. Bislang steht allerdings fest: Union hat den besseren Deal gemacht. Ob das perspektivisch auch so bleibt, lässt sich erst im Laufe der Saison sagen.

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