Matthias Heidrich ist Leiter des Kölner NLZ. (Foto: Bopp)

NLZ-Boss Heidrich: “Wir hoffen, dass wir in Europa dabei bleiben”

Die Saison hatte für den Nachwuchs des 1. FC Köln vielversprechend begonnen: Die U19 und die U17 starteten aussichtsreich in die außergewöhnliche Spielzeit im Schatten der Pandemie. Der Einzug in die Endrunde um die Meisterschaft lag in Reichweite. Dann bremste das Virus alles aus. Im Interview blickt NLZ-Leiter Matthias Heidrich zurück und übt zugleich Kritik am kommenden Saisonstart.

Das Interview führte Daniel Mertens

GBK: Herr Heidrich, es war ein bemerkenswertes Spiel. Am 23. Oktober 2020 fegte die Kölner U19 den Erzrivalen aus Leverkusen mit 5:0 vom Platz, die U17 zog einen Tag später mit einem 5:2 gegen Wuppertal nach. Danach fiel der Vorhang. Welche Wirkung hatte diese Situation auf den FC?

Matthias Heidrich: „Ich hatte die Ergebnisse ehrlich gesagt gar nicht mehr so präsent. Es war damals aufgrund der pandemischen Lage aber schon zu vermuten, dass der Spielbetrieb unterbrochen wird.“

Was wäre in dieser Saison für die U19 und die U17 möglich gewesen?

Sportlich hätten wir sicher eine wichtige Rolle gespielt. Für was das am Ende gereicht hätte, das weiß man nicht.

Wie lange hatten Sie noch die Hoffnung, dass die Saison fortgesetzt werden könnte?

Noch sehr lange, auch wenn klar war, dass eine reguläre Fortsetzung immer unwahrscheinlicher wurde, je länger die Pause dauerte. Es war wichtig, die Motivation bei den Jungs aufrechtzuerhalten und die Kommunikation beizubehalten. Die älteren Spieler waren ohnehin vor Ort, da war der Kontakt etwas einfacher. Bei den jüngeren Jahrgängen fand vieles online statt. Die Jungs konnten die Pause unterschiedlich nutzen. Für Spieler, die im 18. Stock eines Hochhauses wohnen, war es natürlich schwieriger, mit dem Ball zu trainieren als für die Jungs mit einem Garten zuhause.

Seit wann stehen die U19 und die U17 wieder auf dem Trainingsplatz?

Die U19 konnte als direkter Anhang der U21 nahezu durchtrainieren. Die U17 startete Mitte Januar, zunächst noch in kleinen Gruppen.

Sie sind seit 2013 als NLZ-Leiter tätig, zunächst in Cottbus und seit 2018 in Köln. War das vergangene Jahr das anstrengendste in der gesamten Zeit?

Mit Sicherheit, zumal es keinerlei Erfahrungswerte gab, wie man mit so einer Situation umgeht. Das war für uns alle völlig neu.

Eine Lücke wird bleiben

Besonders für den älteren U19-Jahrgang, der im Sommer in den Seniorenfußball aufrückt, war die Pause besonders dramatisch, konnten sich die Spieler doch nicht mehr für neue Verträge empfehlen. Beim FC wurden die Spieler vorzeitig in die U21 integriert. Wie fällt Ihre Bilanz aus?

Ich denke, wir haben die Situation ganz gut gelöst, indem wir viel Spielpraxis an die jungen Jahrgänge verteilt haben. Ein Meiko Sponsel etwa hat 20 Partien in der Regionalliga bestritten. Klar ist aber auch: Ein Philipp Wydra hat beispielsweise mit drei Spielen in der U19 und drei Spielen in der U21 viel zu wenig Wettkampfpraxis. Durch die Testspiele gab es aber auch für die Talente immerhin wieder mehr Struktur im Wochenablauf.

Inwiefern konnten die Testspiele die fehlenden Meisterschaftsspiele kompensieren?

Ein Meisterschaftsspiel ist natürlich etwas anderes, eine Lücke wird also bleiben. In den Testspielen fehlen die letzten Prozente an intensiven Metern und auch am Willen. Das möchte ich den Jungs aber keineswegs als Vorwurf auslegen.

Viele Spieler mit auslaufenden Verträgen hatten zuletzt keine Möglichkeit mehr, sich mit sportlichen Leistungen für eine Verlängerung zu empfehlen. Ist der FC daher in diesem Jahr möglicherweise großzügiger gewesen als in den Vorjahren?

Wir sind noch verantwortungsvoller mit der Situation umgegangen. Wir haben uns aber schon eher im Zweifel für den Spieler entschieden. Das war ein Bekenntnis zu den Jungs, zumal wir deren Potenzial auch kennen. Wenn wir dafür einen externen Spieler verpflichten würden, hätten wir diesen davor gar nicht mehr sichten können. Dennoch muss man aber auch festhalten, dass wir nicht alle Spieler für die kommende Saison übernommen haben.

Welche Auswirkungen hat das fehlende Wettkampf-Jahr für die Entwicklung der Spieler?

Du kannst die Zeit nicht zurückholen. Aber die Auswirkungen sind bei der U19 natürlich anders als in der U9, wo du noch viele Jahre Zeit für die Entwicklung hast. Insgesamt werden die Jungs aber schnell wieder Fahrt aufnehmen.

Interventionen beim DFB blieben leider unerhört

Wie schwer wiegt die Absage der Youth League für den FC, insbesondere mit Blick auf die Strahlkraft des FC bei anderen Talenten, für die der FC möglicherweise attraktiver geworden wäre?

Das war schon ein Tiefschlag, insbesondere nach der Auslosung. Wir hoffen aber, dass wir als 1. FC Köln dabeibleiben und in der neuen Saison einen Startplatz erhalten. Entsprechende Signale gab es bereits aus den Gesprächen mit dem DFB, offiziell bestätigt ist aber noch nichts.

Wann soll die neue Saison starten?

Mitte September, jeweils wieder mit 17er-Ligen mit einer einfachen Serie ohne Rückrunde. Ich verstehe aber nicht, warum wir so viel Zeit ins Land gehen lassen. Die Jungs haben jetzt ohnehin schon so lange nicht mehr unter Wettkampfbedingungen auf dem Platz gestanden, und wer weiß, wie sich die Pandemie im Herbst entwickelt. Wenn die Fallzahlen wieder steigen, würde dies genau in den Saisonstart der Junioren fallen. Entsprechende Interventionen beim DFB blieben jedoch leider unerhört.

Wie schnell können die U19 und die U17 wieder im normalen Wettkampfrhythmus sein?

Über die Spiele wird das schnell gehen. Bis zum Winter könnten wir wieder Normalität haben.

Um die geplante Reform des Jugendfußballs mit einer Umstellung auf reine NLZ-Ligen ist es zuletzt sehr ruhig geworden. Stimmt der Eindruck, dass das Projekt vorerst auf Eis liegt?

Es sind hierbei viele verschiedene Interessen vorhanden. Zudem muss ein DFB-Bundestag die Reform beschließen. Die NLZ-Ligen werden wohl erst 2022/23 kommen oder noch später, wenn überhaupt.

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