Salih Özcan bleibt also beim 1. FC Köln. Monatelang standen die Zeichen auf Abschied. Nun die Kehrtwende. Zu den Gründen, so ehrlich wird der 23-jährige zu sich selbst sein müssen, dürften auch mangelnde Alternativen gezählt haben. Der Mittelfeldspieler ist längst nicht der Bundesliga-Profi, der er sein könnte. Zu diesem muss er nun werden – und vom FC gemacht werden.
Ein Kommentar von Marc L. Merten
Salih Özcan und der 1. FC Köln sind mit der Unterschrift unter den neuen Zwei-Jahres-Vertrag eine gegenseitige Verpflichtung eingegangen. Spieler, Trainerteam und Klub müssen dafür sorgen, dass diese Verbindung doch noch eine Erfolgsgeschichte wird und Özcan kein ewiges Talent bleibt, das bei seinem Heimatklub den Durchbruch nicht schafft.
Der Kieler Özcan und der Kölner Özcan
Özcan Anlagen sind unbestritten groß. Das Problem: Gezeigt hat er sie bislang vor allem in einer Saison – bei Holstein Kiel. Dort war er ein dominanter, robuster, laufstarker, torgefährlicher Box-to-Box-Spieler mit dem Auge für den Mitspieler sowie für öffnende Räume offensiv und zu schließende Räume defensiv. Özcan hatte Selbstvertrauen, Ruhe und das Vertrauen des Trainerteams. Das, was er in Köln noch nie wirklich hatte.
Die Unterschrift unter den neuen Vertrag beim FC ist auch ein Eingeständnis, dass es keine attraktiven Alternativen für den 23-jährigen gab. Denn eigentlich wollte Özcan weg, wollte zu einem ehrgeizigeren Klub, wollte auch ein bisschen mehr verdienen als das, was ihm der FC wegen Corona nur noch bieten konnte. Doch die letzte Saison war kein Bewerbungsschreiben des U21-Europameisters. Nur 15 Mal in der Startelf, viel zu schnell immer wieder raus, konnte der gebürtige Kölner den Ausfall von Jonas Hector nicht nutzen, um sich selbst festzuspielen.
Gisdols Mangel – Baumgarts Aufgabe
So sehr dies auch an den schwankenden Leistungen des Spielers lag, so sehr lag das auch an Markus Gisdol. Echtes Vertrauen spürte der zentrale Mittelfeldspieler von seinem Cheftrainer nie, war mit der Erste, der seinen Platz in der Startelf wieder verlor, wenn es bei der gesamten Mannschaft nicht lief. So sehr Gisdol auf junge Spieler setzte, so unfähig war er, diesen Spielern – ob Özcan, Katterbach, Thielmann oder Cestic – kontinuierliches Vertrauen mitzugeben und den Glauben an die eigene Stärke zu vermitteln. Allzu häufig ließ er die Youngster allzu früh wieder fallen.
Steffen Baumgart und der 1. FC Köln haben nun die Verpflichtung, es besser zu machen. Nicht nur der Spieler muss sich an die eigene Nase fassen und seine fehlende Konstanz hinterfragen. Auch Baumgart und der FC müssen aus den Fehlern der Vorgänger lernen. Wie gut Özcan sein kann, hat er bei der U21-EM gezeigt. Jetzt liegt es auch am Trainerteam, dieses Potential dauerhaft aus dem Spieler herauszukitzeln. In der letzten Saison wurde nur eine Hand voll Spieler besser. Ein Armutszeugnis für einen Klub, der auf Eigengewächse setzen will.
Wie glaubhaft ist der FC-Weg mit eigenen Talenten?
Wenn es der FC nicht schafft, Özcan zu einem beständigen Bundesliga-Profi zu entwickeln, sendet dies ein fatales Signal an die zahlreichen weiteren Talente, die es schaffen wollen. Die erfolgreiche (Weiter-)Entwicklung junger Spieler gehört zu den Kernaufgaben eines Trainerteams. Daran werden sich Baumgart und Co. messen lassen müssen – und auch Özcan sowie die weiteren Talente selbst. Denn klar ist: Zu einem erfolgreichen Weg gehören immer zwei.
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