Christian Keller. (Foto: Bucco)

Christian Keller. (Foto: Bucco)

Vor dem sechsten Transfers: Der neue FC nimmt Formen an

Der 1. FC Köln ist eine Woche vor Trainingsstart in seiner Kaderplanung weiter als gedacht. Die Geißböcke haben fast alle bisherigen Abgänge nicht nur kompensiert, sondern an Qualität dazu gewonnen. Jetzt geht es um den Feinschliff – und darum, neben Salih Özcan keinen weiteren Substanzverlust hinnehmen zu müssen.

Christian Keller war froh, die Verpflichtung von Kristian Pedersen verkünden zu können. “Damit haben wir einen weiteren wichtigen Schritt bei unserer Kaderplanung getätigt”, sagte der FC-Sportchef. Inzwischen gilt auch der Transfer von Eric Martel als perfekt, auch wenn die Geißböcke den Wechsel des 20-Jährigen von RB Leipzig noch nicht als perfekt gemeldet haben. Dies soll jedoch in dieser Woche noch geschehen.

Ein Vergleich der Zu- und Abgänge zeigt, dass der FC in seiner Kaderplanung bereits weit fortgeschritten ist und damit weiter, als vor dem Start in die Vorbereitung erwartet. Keller hatte nach der vergangenen Saison angekündigt dass der FC einen Linksverteidiger, zwei Außenbahnspieler und einen Mittelstürmer suche. Das Ziel: möglichst flexible Spieler, die auf mehreren Positionen zum Einsatz kommen können. Dies scheint gelungen – und das zu einem Zeitpunkt, da der FC bislang nur einen Spieler abgegeben hat, der sportlich in der Vorsaison eine Rolle gespielt hat.

Vier Spieler positionsgetreu getauscht

Abgang: Jannes Horn
Zugänge: Luca Kilian, Kristian Pedersen
Analyse: Dass Luca Kilian bleiben und mit Timo Hübers auch 2022/23 die Innenverteidigung bilden würde, hatte man erwartet. Hier hat sich also nichts verändert. Dagegen wurde der Vertrag mit Jannes Horn nicht verlängert, stattdessen Kristian Pedersen verpflichtet. Der Däne gilt als zweikampfstark, bringt viel Körperlichkeit mit (1,89 Meter), ist zwar kein Flankenläufer, aber das ist Stamm-Linksverteidiger Jonas Hector auch nicht. Stattdessen ist Pedersen mehr als nur ein Back-up für Hector, sondern der erste Kandidat für eine Dreierkette und auch als Back-up für Hübers, nachdem Jeff Chabot und Bright Arrey-Mbi in der Rückrunde keine Akzente setzen konnten. Mit dem zuverlässigen Pedersen ist der FC also defensiv flexibler als mit Horn und bekommt mehr Zweikampfhärte dazu (hier geht’s zur Daten-Analyse von Pedersen).

Abgang: Louis Schaub
Zugang: Linton Maina
Analyse: Louis Schaub musste den FC nach vier Jahren verlassen. Der Österreicher wäre gerne geblieben, passte aber wegen mangelnden Tempos nicht mehr ins FC-Konzept. Der FC verliert einen Edel-Techniker, der ein wichtiger Joker war. Dafür kommt mit Linton Maina ein Spieler, der nicht nur ca. 4 km/h schneller ist als Schaub, sondern auch auf Anhieb der schnellste Spieler im FC-Kader sein wird. Maina ist dribbelstark, verfügt über eine gute Technik und hat das Tempo, um diese Qualitäten zu nutzen. Er wird Zeit brauchen, um sich zurecht zu finden. Doch sollte er sich auf die Baumgart-Philosophie und den mannschaftsdienlichen Fußball einlassen, wäre er mit seinen Fähigkeiten prädestiniert, um unter Baumgart durchzustarten. Im Vergleich zu Schaub daher ein Gewinn, da Maina Qualitäten mitbringt, die es sonst im Kader bislang nicht gibt (hier geht’s zur Daten-Analyse von Maina).

Abgang: Tomas Ostrak
Zugang: Denis Huseinbasic
Analyse: Tomas Ostrak hatte zu Beginn der vergangenen Saison auf seinen Durchbruch in der Bundesliga hoffen dürfen. Doch dieser blieb dem Tschechen verwehrt. Stattdessen wechselte er nun ablösefrei in die USA. An seiner Stelle kommt Denis Huseinbasic aus der Regionalliga zum FC. Der 20-Jährige übernimmt praktisch Ostraks Rolle 1-zu-1. Der zentrale Mittelfeldspieler kann auf mehreren Positionen von der Sechs über die Acht bis zur Zehn spielen (hier geht’s zur Daten-Analyse von Huseinbasic). Von ihm werden, wie von Ostrak in der Vorsaison, keine Wunderdinge erwartet. Setzt er sich durch, profitieren alle. Stellt sich der Sprung als zu groß heraus, verliert niemand. Huseinbasic ist ein Experiment, eine Wette auf ein großes Talent – wie bei Ostrak in der Vorsaison.

Abgang: noch keiner
Zugang: Steffen Tigges, Florian Dietz
Analyse: Es ist kein Geheimnis, dass der 1. FC Köln mit einem Abschied von Sebastian Andersson rechnet. Der Schwede ist allerdings noch beim FC. So lange der 30-Jährige weiter für den FC spielt, hat der Angriff personell keinen Verlust hinnehmen müssen. Doch die Nachfolger stehen schon bereit. Steffen Tigges bringt vieles mit, um Andersson ersetzen und Anthony Modeste mittelfristig Konkurrenz machen zu können (hier geht’s zur Daten-Analyse von Tigges). Florian Dietz soll derweil Profi-Luft schnuppern und ggf. verliehen werden. Der FC hat hier seine Optionen erweitert und würde selbst mit einem Andersson-Abgang im Vergleich zur Vorsaison nicht an Qualität einbüßen.

Abgang: Salih Özcan
Zugang: Eric Martel
Analyse: Der Abgang von Salih Özcan tut dem 1. FC Köln weh. Als Chef-Zweikämpfer, Dauerläufer und Spielgestalter war der türkische Nationalspieler ab Mitte der Hinrunde 2021/22 der Kopf des FC-Teams. Ob Dejan Ljubicic diese Rolle sofort übernehmen kann? Ob Ellyes Skhiri bleibt? Viele Fragezeichen! Auch mit dem Transfer von Eric Martel, bei dem nur noch die offizielle Bekanntgabe durch den FC fehlt. Der 20-Jährige könnte ein echtes Juwel sein, in Wien überschlagen sich die Verantwortlichen mit Lob, und in Leipzig ist es wie so häufig: Für die eigenen Talente ist dort nur selten Platz. Der FC hofft, sich Özcans Kronprinzen geangelt zu haben. Wichtig ist: Martel sollte man Zeit geben. Er wird die Lücke nicht sofort schließen können. Doch wenn die Vorschusslorbeeren auch nur annähernd passen, dann wird sich der sportliche Substanzverlust durch Özcans Verkauf zumindest perspektivisch in Grenzen halten. Kurzfristig werden es andere Spieler auffangen müssen.

Offene Positionen

Abgang: Marvin Obuz
Zugang: noch keiner
Analyse: Marvin Obuz soll bei Holstein Kiel zu Spielpraxis auf Zweitliga-Niveau kommen. Die perfekte Lösung für den offensiven Flügelspieler, der unter Steffen Baumgart zwar mittrainieren, aber nicht mitspielen durfte. Obuz kann nun ein Jahr lernen und sich entwickeln. Sein Abgang schmerzt den FC nicht, er war fest eingeplant. Stattdessen soll ein zweiter Spieler der Kategorie Linton Maina zum FC kommen, der deutlich weiter ist als Obuz und eine sofortige Hilfe darstellen soll. Sollte den Geißböcken dies Verpflichtung gelingen, würde dies einen sofortigen Qualitätssprung im Kader bedeuten.

Fazit

Sobald die Verpflichtung von Martel fix ist, hat der 1. FC Köln noch vor dem Start in die Vorbereitung auf fünf Positionen nicht nur Spieler abgegeben und neue Spieler verpflichtet, sondern auf fast allen Positionen einen Qualitätsgewinn erzielt. Pedersen für Horn, Maina für Schaub und Tigges für den abwanderungswilligen Andersson bescheren dem FC neue Möglichkeiten: Zweikampfhärte defensiv, Tempo über die Außen, neue Wucht und besseres Anlaufverhalten in der Sturmspitze.

Huseinbasic bleibt zunächst eine Unbekannte, ist aber ebenso wie Florian Dietz nicht als sofortige Hilfe eingeplant. Dafür ist sicher, dass mit Salih Özcan dem FC eine große Qualität im Zentrum verloren gegangen ist. Dieser Verlust ist bislang allerdings der einzige von Substanz, und so haben die Geißböcke nun noch über zwei Monate Zeit, mit dem Feinschliff am Kader zu beginnen. Mehrere Spieler werden den Klub aus finanziellen Gründen noch verlassen müssen. Doch durch die frühen Neuzugänge ist der FC nicht nur handlungsfähig, sondern in seinen Planungen schon viel weiter als erwartet. Der Kader hat bereits jetzt klare Konturen angenommen.

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