Die Fusion von Sülz 07 und KBC wurde am 13. Februar 1948 feierlich im goldenen Buch der Spielvereinigung Sülz 07 festgehalten. (Bildmaterial: Die Werkstatt Verlag)

Die Fusion von Sülz 07 und KBC wurde am 13. Februar 1948 feierlich im goldenen Buch der Spielvereinigung Sülz 07 festgehalten. (Bildmaterial: Die Werkstatt Verlag)

“Hier wohnt der Mörder von Sülz 07”: So emotional wurde um den 1. FC Köln gerungen

Der 1. FC Köln feiert sein 75. Jubiläum. Im Werkstatt Verlag ist dazu jüngst das Buch “1. FC Köln. Die Chronik.” von FC-Archivar Dirk Unschuld und Frederic Latz vom Klubmagazin GeißbockEcho erschienen. Das Autoren-Duo hat darin die Vereinsgeschichte von 1948 bis heute auf über 500 Seiten zusammengefasst. In Kooperation mit dem GEISSBLOG erscheint hier exklusiv das erste Kapitel – die Gründungsgeschichte der Saison 1947/48 (hier die FC-Chronik kaufen).

“Während man bei der Spielvereinigung Sülz 07 leidenschaftlich diskutiert, kann man sich beim Kölner Ballspiel-Club sofort für die geplante Fusion begeistern. Und so kommt es dann auch: Am 13. Februar 1948 versammeln sich die Vorstände zur Gründung des mittlerweile ruhmreichen 1. Fußball-Club Köln 01/07 e.V. Der Name zeigt deutlich die hohen Ansprüche, Franz Kremer will von Beginn an nicht weniger als die ganz großen Titel nach Köln holen. Den geplanten Aufstieg in die Oberliga West vermasselt am Ende aber Rhenania Würselen.

Schon Ende 1947 merkte man sowohl beim Kölner Ballspiel-Club als auch im Lager der Spielvereinigung Sülz 07, dass es unter den bestehenden Bedingungen für größere sportliche Ziele sehr schwer werden würde. Die zur Spielzeit 1947/48 neu eingeführte Oberliga West war für beide Clubs aus eigener Kraft kaum erreichbar. Eine Bündelung der Kräfte schien also die einzige Möglichkeit zu sein, im Konzert der Großen mitzumischen. Nachdem Fritz Plate, Fußball-Obmann von Sülz 07, und sein Amtskollege Franz Bolg sich bereits mehrfach über eine mögliche Fusion unterhalten hatten, wurden zunächst Heinz Bremm, damaliger Vorsitzender der Sülzer, sowie der einflussreiche Ehrenvorsitzende Karl Büttgen informiert.

Erhitzte Gemüter und Drohungen

Besonders Büttgen war von der Idee eines Sülz-Klettenberger Großvereins begeistert. Auch Heinz Bremm konnte als Befürworter gewonnen werden. Einig war man sich darin, dass es kaum einen besseren Mann für das Präsidentenamt des neuen Großvereins geben würde als Franz Kremer. Der gebürtige Kölner verfügte über beste Kontakte zu einflussreichen Personen aus Sport, Politik, Wirtschaft und Kultur. Außerdem war Franz Kremer, der in seiner Jugend im KBC Fußball, Handball und Hockey gespielt hatte, selbst ein erfolgreicher Geschäftsmann. 

Anfang Februar 1948 war man sich nach einem Gipfeltreffen innerhalb der Vorstände einig. Nun mussten die Mitglieder entscheiden, ob es zur Fusion kommen sollte. Am 12. Februar 1948 versammelten sich im Hörsaal IV der Kölner Universität 165 Mitglieder der Spielvereinigung 07 zur Abstimmung. Ludwig Kelter, Zeitzeuge und langjähriger Stammtorwart, erinnert sich: „Es ging heiß her. Leidenschaftliche Diskussionen zwischen Fusionsbefürwortern und Gegnern erhitzten die Gemüter. Nicht wenige fürchteten den Verlust eines liebgewonnenen ‚Pöstchens‘, der ein oder andere Spieler sorgte sich um seinen Platz in der 1. Mannschaft. Einige der anwesenden Mitglieder drohten sogar mit Vereinsaustritt.“

Ich verstand nicht, warum wir ausgerechnet mit dem KBC fusionieren sollten

Fusionsgegner Hans Bons

Am Ende siegte die Vernunft. 121 Mitglieder stimmten für die Fusion, bei 35 Gegenstimmen und 9 Enthaltungen. Einer der 35 „Fusionsgegner“ war Hans Bons, Stammspieler in der 1. Mannschaft der Sülzer, der seinen Widerstand Jahrzehnte später so erklärte: „Ich verstand nicht, warum wir ausgerechnet mit dem KBC, der eine Klasse unter uns auf dem letzten Tabellenplatz stand, fusionieren sollten.“ 

Auch Karl Plate, Sohn von Fritz Plate, erinnerte sich viele Jahre später an unruhige Zeiten: „Als ich am Morgen nach der Abstimmung mit meinem Vater zu dessen Geschäft ging, hatte jemand mit roter Schrift ‚Hier wohnt der Mörder von Sülz 07‘ auf das Firmentor geschrieben.“ 

Beim KBC lief es friedlicher

Nur einen Tag später hatten sich die KBC-Mitglieder in der Stadtküche Bertram in der Luxemburger Straße eingefunden, um über die Fusion zu entscheiden. Angesichts der sportlich wesentlich schlechteren Situation war man sich bei den Schwarz-Roten schneller einig. Von 166 anwesenden Mitgliedern stimmten 156 für den Zusammenschluss, bei 10 Enthaltungen stand dem kein Veto gegenüber. 

Noch am selben Abend versammelten sich dann im „Schlauch“ der Gaststätte Roggendorf in der Luxemburger Straße 188, die vom ehemaligen Torwart des KBC betrieben wurde, Vorstände und etliche Mitglieder beider Vereine zu einer improvisierten Gründungsversammlung. 

Die ersten Trikots waren von Sülz 07

Formal traten die Mitglieder des KBC zunächst der Spielvereinigung Sülz 07 bei, da diese sportlich besser platziert war. Auf Vorschlag von Karl Büttgen erhielt der neue Club den Namen 1. Fußball-Club Köln 01/07 e.V. Franz Kremer wurde einstimmig zum 1. Vorsitzenden gewählt, Heinz Bremm zu seinem Stellvertreter. Als Vereinsfarben entschied man sich für die Kölner Stadtfarben Rot-Weiß, was den Vorteil hatte, dass man in der gleichfarbigen Spielkleidung von Sülz 07 auflaufen konnte und keine neuen Trikots kaufen musste.

Das vom Grafiker Walter Hertel (Spitzname „Spiechelei“) entworfene Vereinswappen mit dem Dom wurde einige Tage später präsentiert. Nachdem alle Formalitäten erledigt und eine provisorische Satzung niedergeschrieben war, hielten der Ehrenvorsitzende Karl Büttgen und Franz Kremer eine alle Anwesenden begeisternde Ansprache. 24 Stunden später erhielt der 1. FC Köln vom Verband die Spielgenehmigung. 

Der “Erste” Fußball-Club nicht der Älteste

Der Zusammenschluss der Traditionsvereine aus Klettenberg und Sülz sorgte für einigen Wirbel innerhalb der Kölner Fußballszene. Einige Vereine zogen sogar in Erwägung, gegen den „Emporkömmling“ nicht anzutreten, um so am „grünen Tisch“ die Fusion rückgängig zu machen. 

Besonders am Namen „Erster“ Fußball-Club störten sich viele, denn der 1. FC war keineswegs ältester Club der Domstadt. Doch beim FC wollte man den „Ersten“ auch gar nicht mit dem Alter in Verbindung bringen. Franz Kremer und seine Mitstreiter hatten sich zum Ziel gesetzt, den 1. FC Köln ganz nach oben zu führen: „Wollt ihr mit mir Deutscher Meister werden?“ Eine mittlerweile legendäre Frage vom „Boss“ Kremer, die eher als eine Aufforderung zu verstehen gewesen ist. 

„Bubi“ Weyer der erste Spielführer

Am 15. Februar 1948 fand das erste Spiel der Vereinsgeschichte statt. In der Gruppe 1 der Rheinbezirksliga hatte man den Platz von Sülz 07 eingenommen. 2.432 zahlende Zuschauer in der Radrennbahn hatten ihre Freude am 8:2-Erfolg gegen Nippes 12. Walter Radant, der bei der gelungenen FC-Premiere fünf Treffer erzielen konnte, war erster Torschütze der Vereinsgeschichte, „Bubi“ Weyer ging als erster Spielführer in die Historie ein.

Die erste Geschäftsstelle befand sich auf dem Sülzgürtel Nummer 12, unweit der damaligen Privatwohnung von Franz Kremer. Im Mai 1948 erschien mit der Nummer 1 des „Nachrichtenblatts 1. FC Köln e.V.“ die erste offizielle Publikation des Clubs. Dem nur an Mitglieder vergebenen Heft merkte man die Papierknappheit der Nachkriegsjahre deutlich an. Dennoch fand man auf acht Seiten alle Neuigkeiten aus allen Abteilungen. Neben Fußball wurde im FC der Anfangsjahre auch Leichtathletik sowie Herren- und Damenfeldhandball betrieben. 

So wurde das Geißbockheim das Geißbockheim

Ein großes Problem waren mangelhafte Spiel- und Trainingsbedingungen. Die Plätze von Kölner BC und Sülz 07 waren von den Kriegseinwirkungen stark beschädigt. Die 1. Mannschaft trainierte in der damaligen Westkampfbahn oder auf den Wiesen vor dem Stadion. Übungsleiter und somit erster FC-Trainer war Karl Flink, der als Spieler beim KBC erfolgreich gewesen war. Seine Heimspiele bestritt der FC in der alten Spielstätte von Sülz 07, der Müngersdorfer Radrennbahn. Die verfügbaren Sportplätze reichten aber längst nicht aus, um den Bedarf der unteren Mannschaften sowie der Jugend-, Handball- und Leichtathletikabteilung zu decken. Neben dem Platz in der Radrennbahn konnte lediglich der Aschenplatz am Sülzer Fort VIb benutzt werden.

Das Fort VIb wurde auch erstes FC-Vereinsheim. An selber Stelle errichtete man 1953 das Geißbockheim. An der ehemaligen KBC-Spielstätte am Militärring (Fort VIIa) arbeiteten Vereinsmitglieder in ihrer Freizeit, um sie wieder in einen bespielbaren Zustand zu bringen. Die Sanitäreinrichtungen konnte man mangels ge- eigneter Dusch- und Umkleideräume jedoch nur als unzureichend bezeichnen. Da in der gesamten Stadt viele Häuser vom Krieg zerstört waren, herrschte überall Platznot. Die Umkleideräume am alten KBC-Platz waren beispielsweise von einer örtlichen Kunstschlosserei belegt, die dort erst auszog, als man durch Vermittlung von FC-Mitgliedern andere Räumlichkeiten organisiert hatte. 

Schnell stellte sich heraus, dass der 1. FC Köln eine erstklassige Mannschaft aufbieten konnte. Das Tor wurde vom schon beim KBC unter Vertrag stehenden Routinier Harry Nelles sicher gehütet, Stephan Langen und Hennes Weisweiler sorgten für Sicherheit in Abwehr und Mittelfeld, und im Sturmzentrum besaß man mit Franz Alexius und Walter Radant zwei gefürchtete Goalgetter. Natürlich blieb der FC auch von Rückschlägen nicht verschont, im ersten Aus wärtsspiel am 22. Februar 1948 musste man sich dem FV Bad Godesberg mit 2:3 geschlagen geben. Bis zum Saisonende wurde aber kein Spiel mehr verloren und die Spielzeit als souveräner Tabellenführer beendet. 

Um den ersehnten Aufstieg in die Oberliga West zu realisieren, mussten zwei Entscheidungsspiele gegen den Meister der Rheinbezirksliga, Gruppe 2, Rhenania Würselen, ausgetragen werden. Das Los bescherte dem FC zunächst ein Auswärtsspiel. Rund 1.500 Kölner Anhänger, die per Sonderzug aus der Domstadt angereist waren, unterstützten die Rot-Weißen auf dem Würselener Lindenplatz. Insgesamt wurden 12.700 Besucher gezählt, die in einem kampfbetonten Spiel keine Tore zu sehen bekamen. Nur eine Woche später, am 13. Juni 1948, kamen mehr als 20.000 Fußballfreunde nach Müngersdorf, um beim sicher geglaubten Oberliga-Aufstieg des FC dabei zu sein.

Doch es sollte anders kommen. Angetrieben von Sturmführer Jupp Derwall, dem späteren Bundestrainer, gelang den Würselenern nach 30 Minuten das 1:0. Trotz unzähliger Angriffe und einer drückenden Überlegenheit der Kölner vor allem in der zweiten Halbzeit gelang kein Tor. Der Traum vom Aufstieg war geplatzt, und man musste eine weitere Spielzeit in der Rheinbezirksliga antreten. 

Von Lückenbüßern und Kalorienspielen

Probleme ganz anderer Art bescherte die am 20. Juni 1948 erfolgte Währungsreform. Im ersten Mannschaftsbuch des 1. FC Köln steht hierzu: „Die verbandsseitig angeordnete Sommersperre musste infolge der Währungsreform, welche die Kassen der Vereine und Verbände vollständig leer machte, aufgehoben werden. Die erlaubten ‚DM-Spiele‘ sind deshalb von einer niedrigeren Warte aus zu beurteilen, da bei ihnen Spieler Verwendung fanden, die ein einheitliches Mannschaftsgefüge nicht zuließen, und als ‚Versuchskarnickel‘ und ‚Lückenbüßer‘ anzusehen sind. Der Zweck heiligte hier die Mittel! Die Einnahmen der ach so kostbaren DM ermöglichten es, den Club bis zum Beginn der Spielzeit 1948/49 über Wasser zu halten und dabei auch dem ‚nimmersatten Verband‘ zu helfen, dessen Notlage wir ausnahmsweise anerkannten.“ 

Die Freundschaftsspiele waren aber nicht nur für den Verein von Bedeutung, sondern auch für die Spieler. Stephan Langen, Mitglied der damaligen FC-Mannschaft, erinnerte sich: „Die ‚Kalorienspiele‘ waren immer etwas ganz Besonderes. Schon im Vorfeld freuten wir uns auf das deftige und reichhaltige Essen auf dem Land. Bei einem Spiel beim TuS Derschlag an Pfingsten 1948 hatten wir bereits vorher riesige Mengen Eintopf verschlungen. Während der Begegnung plagten uns daher natürlich einige Blähungen und unsere ungewohnt vollen Bäuche, dennoch siegten wir mit 7:1 – und verzehrten nach der Partie erneut große Mengen der leckeren Suppe. Die Einheimischen haben Bauklötze gestaunt, als sie sahen, was wir alles in uns hineinschlagen konnten.“ Erst nach Beginn der neuen Saison konnte man wieder auf regelmäßige Einnahmen aus dem Pflichtspielbetrieb zurückgreifen. 

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