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Darum ist der 1. FC Köln gegen den Investoren-Plan der DFL

Die DFL. (Foto: IMAGO / Huebner)
Die DFL. (Foto: IMAGO / Huebner)

Der 1. FC Köln wehrt sich gegen die Pläne der Deutschen Fußball Liga. Die DFL will den Einstieg eines Investors auf Liga-Ebene im Eilverfahren durchpeitschen. Das stößt auf große Gegenwehr.

Der Vorstand des 1. FC Köln hat sich am Sonntagabend in einem Newsletter an die Mitglieder der Geißböcke gewandt. Darin erklären Werner Wolf, Eckhard Sauren und Carsten Wettich, warum der FC gegen die Pläne der DFL ist, einen Investor ins Boot zu holen. Hier folgt der Newsletter im Wortlaut:

Was plant die DFL genau?

Die Zentralvermarktungsrechte der 1. und 2. Bundesliga sollen in ein gesondertes Unternehmen, die sogenannte MediaCo, ausgelagert werden. Dabei geht es vor allem um die nationalen und internationalen TV-Vermarktungsrechte und die ligaweiten Sponsoringrechte. An den jährlichen Erlösen dieser MediaCo soll ein Private-Equity-Investor mit einem Anteil von 12,5 % für die nächsten 20 Jahre beteiligt werden. Dafür möchte die DFL etwa 2 Milliarden Euro erhalten. 750 Mio. Euro davon – also rund 40 % – sollen für Investitionen auf Ligaebene genutzt werden, mit denen das Geschäftsmodell der DFL weiterentwickelt wird. Das restliche Investorenkapital soll über drei bis fünf Jahre an die 36 DFL-Clubs fließen – erstens zum Ausgleich für die Einnahmen, die an den Investor und nicht mehr an die Vereine fließen, zweitens für Investitionen in die Clubinfrastruktur, drittens für Investitionen in den Sport.

Insgesamt soll das Geld vor allem nach dem aktuellen TV-Verteilungsschlüssel auf die Clubs aufgeteilt werden. Dieser ist allerdings nur noch bis Mitte 2025 festgeschrieben. Anschließend muss neu verhandelt werden.

Bereits am 24. Mai sollen die 36 Clubs vorentscheidend über die Investorenbeteiligung abstimmen und der DFL-Geschäftsführung den Auftrag erteilen, in konkrete Verhandlungen mit vier möglichen Private-Equity-Investoren einzutreten.

Der 1. FC Köln sieht die geplante Beteiligung eines Private-Equity-Investors sehr kritisch. Warum?

Grundsätzlich unterstützt der 1. FC Köln die Pläne der DFL, das Geschäftsmodell weiterzuentwickeln, damit sich der deutsche Profifußball auch zukünftig in einem sich stark verändernden nationalen und internationalen Wettbewerbsumfeld behaupten kann. Die Pläne, auf Ligaebene zu investieren, gehen in die richtige Richtung. Dafür braucht es Kapital, konkret die oben bereits erwähnten rund 750 Mio. Euro, die über einen Zeitraum von vier bis fünf Jahren wieder eingespielt werden sollen.

Auf Ligaebene zusätzliches Geld für die Verwendung auf Clubebene zu generieren, lehnt der 1. FC Köln hingegen entschieden ab. Die Weiterentwicklung eines Clubs und deren Finanzierung sind Managementaufgaben jedes einzelnen Clubs, nicht des DFL-Managements.

Auch bei dem erforderlichen Investitionsbedarf auf Ligaebene stellt sich aber die Frage, wie er finanziert werden kann. Es wird mitunter der Eindruck vermittelt, als wären die Investitionen nur mit einem Private-Equity-Investor möglich.

Eine Beteiligung in Höhe von 12,5 % bedeutet zunächst, dass Einnahmen aus der Zukunft vorgezogen werden. Das wird dadurch gerechtfertigt, dass sich die Investitionen langfristig auszahlen und alle in der Liga nach vier bis fünf Jahren von höheren Gesamteinnahmen profitieren würden. Im Worst Case geht der Business Plan aber nicht auf. Dann haben alle Clubs langfristig weniger Einnahmen, weil der Private-Equity-Investor trotzdem seinen Anteil bekommt.

Gibt es denn Alternativen zur Private-Equity-Beteiligung?

Es gibt gute Alternativen. Ein denkbarer, aber für das DFL-Management anspruchsvoller Weg wäre es, die erforderlichen Mittel aus eigener Kraft zu generieren, indem bislang nicht genutzte Vermarktungspotentiale ausgeschöpft werden. So könnte das Namensrecht an der Bundesliga vergeben werden oder eine zusätzliche exklusive Anstoßzeit geschaffen werden. Beide Beispiele müssen einem nicht gefallen, sie sind aber auf jeden Fall besser als die Beteiligung eines Investors an den Bundesligen.

Ein weiterer möglicher Weg wäre die Fremdfinanzierung über einen klassischen Bankkredit oder Anleihen. Die NFL und die NBA in den USA haben ihr Wachstum z. B. über einen solchen Weg finanziert. Die Kosten für eine Kreditfinanzierung wären (exklusive Tilgung) bei aktuellen Marktgegebenheiten nur etwa halb so hoch wie die des Private-Equity-Modells. Für die DFL wäre aktuell ein Zinssatz von etwa 6,5 % realistisch, Private-Equity-Investoren haben in der Regel Rendite-Erwartungen von zwölf bis 15 Prozent.

Bisher werden Alternativen wie diese bei der DFL leider nicht hinreichend diskutiert oder geprüft. Ohne eine intensive Prüfung möglicher Alternativen darf eine Maßnahme, die den deutschen Profifußball in den nächsten 20 Jahren prägen würde, aber keinesfalls umgesetzt werden. Hier braucht es Ruhe und keinen Zeitdruck. Ein aufgebautes Narrativ, wonach nur jetzt die einmalige Chance auf eine Beteiligung eines Private-Equity-Investors bestehen würde, ist falsch.

Würde ein Private-Equity-Investor bei den DFL-Entscheidungen mitreden?

Ein Private-Equity-Investor wird immer auch bestimmte Mitbestimmungsrechte einfordern, um so die Rendite seines Investments zu schützen und aktiv zu steigern. Die von der DFL viel zitierten „roten Linien“, die eine zu starke Mitbestimmung des Investors verhindern sollen, werden bereits zum Einstieg kaum haltbar sein. Im Laufe der Zeit werden sie definitiv aufweichen. Ein Anteil an den Einnahmen bedeutet unabhängig von der vertraglichen Gestaltung immer auch eine Mitsprache des Investors.

Es ist zentraler Bestandteil des Geschäftsmodells von Private-Equity-Investoren, dass sie ihre Unternehmensbeteiligungen aktiv beeinflussen und verändern – direkt oder über Lobbyarbeit im Hintergrund. Deshalb würde ein Private-Equity-Investor auf allen Feldern versuchen, seine Erträge zu maximieren. Er würde eigene Vertreter in Geschäftsführung und Aufsichtsgremien entsenden. Er würde sich Vetorechte sichern. Er würde vor allem die Punkte beeinflussen, die das größte Ertragspotenzial haben – also z. B. die Spieltagsplanung.

So sehr sich mancher das auch wünschen mag: Es entspricht schlicht und ergreifend nicht der Realität, dass ein Private-Equity-Investor der DFL bis zu zwei Milliarden Euro gibt, ohne dass er entscheidende Mitbestimmung verlangt.

Unser aller Ziel muss sein, das DFL-Geschäftsmodell selbstbestimmt aus eigener Kraft weiterzuentwickeln. Bei der Beteiligung eines Private-Equity-Investors über 20 Jahre würden die beiden Bundesligen einen Teil ihrer Entscheidungsfreiheit verlieren.

Würde ein Private-Equity-Partner nicht auch Know-how einbringen?

Know-how-Transfer des Investors in die DFL hinein wird deshalb neben dem Kapitalzufluss von Befürwortern des Deals als ein zentrales Argument angeführt. Von den verbliebenen potentiellen Investoren-Kandidaten hat bislang aber nur ein einziger Erfahrung im Profifußball. Wir sind der Meinung, dass das erforderliche Know-how zur Weiterentwicklung des Geschäftsmodells zur Kernkompetenz der DFL gehören und im Zweifel selbst aufgebaut werden muss.

Kann der deutsche Fußball auch mit den alternativen Ansätzen konkurrenzfähig bleiben?

Die Erfahrung aus anderen Ligen und dem ein oder anderen Verein zeigt, dass waghalsige Finanzierungsmodelle langfristig nicht zum Ziel führen. Ganz im Gegenteil. Wenn die DFL langfristig 100 % ihrer Einnahmen behält und die Einnahmen durch Investitionen aus eigener Kraft ausbaut, ist das ein wichtiger Treiber, um weiterhin im Wettbewerb der europäischen Top-Ligen auf den vorderen Plätzen zu agieren. Eigenständigkeit zahlt sich langfristig immer aus.

Was würde die Beteiligung eines Investors denn für die Fans bedeuten?

Private-Equity-Investoren verfolgen ganz klar einen anderen Interessen-Mix als die 36 Bundesliga-Clubs. Für die Investoren geht es primär um die Steigerung der Rendite. Auch die Clubs sollten natürlich das Ziel verfolgen, erfolgreich zu wirtschaften. Aber gleichzeitig müssen sie die Interessen der Fans berücksichtigen und vertreten. Für einen Private-Equity-Investor ist die Aufrechterhaltung der Fußballkultur keine Zielsetzung. Auch außerhalb der allseits bekannten Negativbeispiele im Fußball gibt es weitere Beispiele, die zeigen, wie die unterschiedlichen Zielsetzungen aufeinanderprallen können.

In der Formel 1 z. B. ist seit ein paar Jahren die Gesellschaft Liberty Media der Rechtehalter für den Weltverband FIA. Saudi-Arabien war zuletzt interessiert an der Übernahme dieser Rechte. Nach kritischen Äußerungen des FIA-Präsidenten drohte Liberty Media umgehend mit juristischen Schritten, weil sie ihren Börsenkurs durch diesen Widerstand bedroht sah.

Ist denn davon auszugehen, dass ein möglicher Private-Equity-Investor schon vor Ablauf der zwanzig Jahre aussteigt?

Kaum ein Private-Equity-Investor bleibt zwanzig Jahre in einem solchen Projekt. In der Regel halten sie ihre Beteiligungen weniger als zehn Jahre. Die Gewinne aus dem Weiterverkauf sind ein wesentlicher Teil des Business-Plans. Dabei kann die DFL nur begrenzt Einfluss nehmen (beispielsweise über eine sogenannte Black List), dass die Anteile nicht an einen ungewollten Investor wie Saudi-Arabien verkauft werden. Aus vergleichbaren Fällen weiß man, dass diese Investoren deutlich mehr zahlen als andere, weil es ihnen vor allem um die weltpolitische Wirkung geht und nicht nur um den wirtschaftlichen Ertrag. Darum sind für die Zukunft ähnliche Diskussionen wie in der Formel 1 also auch in der DFL nicht auszuschließen.

Würde der angestrebte Deal bestehende Ungleichheiten verstärken?

Definitiv. Die im sportlichen Wettbewerb bereits bestehenden Ungleichheiten würde nicht nur zementiert, sondern weiter verstärkt, weil die absoluten Beträge viel höher sind. Die Schere würde durch die an der TV-Tabelle ausgerichtete Verteilung des Investorenkapitals an die Clubs noch einmal weiter auseinandergehen. Wir meinen die Schere zwischen den Topclubs und den anderen zwei Dritteln der 1. Bundesliga, die Schere zwischen 1. Bundesliga und 2. Bundesliga und die Schere zwischen den oberen beiden Ligen und der 3. und 4. Liga. Gerade die 3. und die 4. Liga wären die großen Verlierer. Schon heute gehen manche Clubs aus Liga 3 und 4 große wirtschaftliche Risiken ein, um den Sprung nach oben zu schaffen. Das dürfte sich noch mal verschärfen, wenn sich der Schritt nach oben finanziell noch mehr lohnt.

Wie ist das von der DFL gewählte Timing des Deals zu bewerten?

Der von der DFL angestrebte Prozess setzt darauf, nach der Mitgliederversammlung am 24. Mai möglichst schnell über den Sommer einen Abschluss mit einem Investor herbeizuführen. Das ist ein falscher Ansatz, weil er künstlich Zeitdruck erzeugt – in einem Umfeld, das voller Unsicherheiten steckt.

Die DFL wird derzeit in der Geschäftsführung bekanntlich von zwei Club-Vertretern übergangsweise geführt. Einer der beiden Interim-Geschäftsführer wird zum 30. Juni 2023, der andere mit Abschluss des angestrebten Investorendeals ausscheiden. Eine Nachfolge-Geschäftsführung ist bislang noch nicht einmal ausgewählt. Das größte „Restrukturierungsprojekt“ in der Geschichte des deutschen Profifußballs ausgerechnet in einer solchen Übergangsphase ohne etablierte Geschäftsführung zu starten, wirkt geradezu absurd. Außerdem ist die Finanzierung der DFL-Weiterentwicklung nur ein erster Schritt. Der viel entscheidendere Schritt ist die zielführende Verwendung des Kapitals. Einen Mittelverwendungsplan auf der Ligaebene hat die DFL bereits gut ausgearbeitet. Aber es braucht auch die richtigen Strukturen und das richtige Personal. Beides besteht aktuell aber nicht und muss erst noch geschaffen werden.

Warum spielen die kritischen Gedanken bisher noch keine große Rolle in der Debatte?

Ein Kernproblem des Profifußballs liegt darin, dass oft nur bis zur nächsten Saison, zur nächsten Amtszeit, zur nächsten Vertragsverlängerung gedacht wird. Aber Fan eines Clubs bist und bleibst Du ein Leben lang. Deshalb sehen wir es als unsere Aufgabe und Pflicht an, zu einer gesunden langfristigen Entwicklung des deutschen Fußballs beizutragen.

Eine große Zahl von Clubs in der 1. und 2. Bundesliga sieht das genauso. Das zeigt uns das positive Echo auf unsere Haltung. Das sehen wir auch an den Fanprotesten zum geplanten Investorenmodell, die seit ein paar Wochen in vielen deutschen Stadien zu sehen sind. Auch in Befragungen hat eine überwältigende Mehrheit der deutschen Fußballfans ihre Ablehnung zum geplanten Investorenmodell geäußert. Der Profifußball muss endlich lernen, dass er in allererster Linie für die Menschen da ist, und darf deren Stimme nicht abermals ignorieren. Veränderungen des DFL-Geschäftsmodells sind erforderlich – daran besteht kein Zweifel. Aber diese Veränderungen müssen so gestaltet werden, dass wir das Spiel an sich schützen und in den Mittelpunkt allen Handelns stellen. Zum Wohle der Clubs und allen voran zum Wohle all jener, die den Fußball lieben.

Wir werden in den nächsten Tagen bis zur Mitgliederversammlung am 24. Mai deshalb weiter alles daran setzen, möglichst viele Fußball-Funktionäre und Fußball-Fans in Deutschland über die DFL-Verkaufspläne zu informieren und kritisch darüber zu diskutieren. Denn es geht um nicht weniger als die Zukunft des deutschen Fußballs.

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