Sargis Adamyan hofft beim 1. FC Köln auf einen Neustart. (Foto: Bucco)

Sargis Adamyan hofft beim 1. FC Köln auf einen Neustart. (Foto: Bucco)

Adamyan offen und selbstkritisch: “Ich will einen Neustart!”

Sargis Adamyan hat beim 1. FC Köln eine Saison zum Vergessen erlebt. Im Interview mit dem GEISSBLOG spricht der Armenier über das schwierigste Jahr seine Karriere und seine Ambitionen für die neue Saison.

Das Interview führten Sonja Gauer und Marc L. Merten

GEISSBLOG: Herr Adamyan, Sie und Ihre Frau erwarten in Kürze Ihr erstes Kind. Sind Sie nervös, dass es während des Trainingslagers jeden Moment losgehen könnte? 

SARGIS ADAMYAN: „Meine Frau war gestern noch in der Uniklinik. Es scheint aktuell nicht so, als dass es jeden Moment losgehen würde. Aber man weiß ja nie. Die Notfall-Tasche ist in jedem Fall schon gepackt. Und von Steffen Baumgart gab es die Ansage: Sollte es losgehen, muss ich nicht mal ‚Tschüss‘ sagen, sondern soll einfach abhauen (lacht). Aber Anna und dem Kind geht es aktuell sehr gut. 

Wie fällt Ihr persönliches Fazit nach den ersten Tagen der Vorbereitung aus? 

Ich fühle mich gut und vor allem fit. Ich denke, dass ich gut gearbeitet habe. Das hat man auch im ersten Testspiel gesehen. Es macht Spaß hier mit den Jungs, auch wenn wir intensiv arbeiten. 

Wir haben gehört, dass Sie mit sehr guten Laufwerten aus der Sommerpause gekommen sind.  

Auf jeden Fall habe ich alle Läufe gemacht und fühle mich richtig gut. 

Wie genau sah denn der Laufplan, den Sie vom FC für die Sommerpause bekommen haben, aus?

Am 14. Juni, also knapp dreieinhalb Wochen vor dem Trainingsstart, sind wir mit den ersten Läufen gestartet. Ich hatte vorher schon ein bisschen was gemacht. Am Ende konnte jeder Spieler selbst entscheiden, wann und wo er laufen wollte. Insgesamt waren es 16 Läufe, die wir in der Zeit absolvieren mussten, wobei es um die Dauer und nicht um die Distanz ging. Unsere Daten mussten wir über die Uhr an die Athletik-Trainer schicken, die dann sehen konnten, wie viel wir gelaufen sind und bei welcher Herzfrequenz. Bescheißen kann man da also nicht (lacht).  

Das klingt nach der Vorbereitung auf die Vorbereitung. 

Daran führt kein Weg vorbei. Für diese Spielweise brauchen wir die Fitness einfach. 

In der vergangenen Saison sind Sie erst später zur Mannschaft gestoßen, haben Teile der Vorbereitung entsprechend verpasst. Sind Sie diesem Rückstand womöglich die gesamte Saison hinterhergelaufen? 

Damals war ich zunächst noch bei der Nationalmannschaft, hatte deswegen noch zwei Wochen frei bekommen und sollte in Hoffenheim langsam wieder einsteigen. Dann kam jedoch der Wechsel zum FC, ich hatte also noch keine Läufe absolviert und kannte die Spielweise auch noch nicht. Mein Fitnesszustand war damals nicht annährend so wie jetzt. Aber ich würde es nicht nur auf die Kondition schieben. Aber es war natürlich ein Grund, dass mir dieses intensive Spiel schwerer gefallen ist. 

Christian Keller hatte Sie im letzten Sommer als Vorgriff auf einen möglichen Abgang von Anthony Modeste bezeichnet. Welche Rolle wurde mit Ihnen bei Ihrem Wechsel besprochen? 

Ich sollte vorangehen und ein Führungsspieler sein. Leider konnte ich das in der letzten Saison mit meinen Leistungen nicht so einbringen, wie ich es gewollt hatte – und wie wir es uns vorgestellt hatten.

Ich habe noch nie bei einem so großen Verein gespielt, mit so vielen Fans, mit so viel Druck.

Sargis Adamyan

Dabei hatten Sie zuvor bei Ihrer Leihe nach Brügge eine sehr erfolgreiche Zeit und mit sechs Toren maßgeblichen Anteil am Gewinn der Meisterschaft. Warum fällt es dann so schwer, solche Leistungen von Verein zu Verein zu transportieren? 

Das hat natürlich auch etwas mit der Spielidee und der Spielweise zu tun. In Brügge hatten wir sehr viel Ballbesitz, fast 70 bis 75 Prozent. Man kann die belgische Liga auch nicht mit der Bundesliga vergleichen. Die Intensität in Deutschland ist sehr viel höher. 

Jetzt kennen Sie das System beim FC seit einem Jahr. Auf welcher Position sehen Sie sich überhaupt? Letzte Saison konnte Sie Ihre Position ja nicht wirklich finden. 

Ich bin flexibel. Ich kann im Sturm spielen, aber auch rechts oder links außen. Tatsächlich habe ich keine Wunschposition. Es kommt immer auf den Gegner an und mit welcher Abwehrkette dieser spielt. Wenn wir nur mit einem Stürmer spielen, kommen eher Spielertypen wie Davie Selke oder Steffen Tigges in Frage. Dann würde ich eher auf der Außenbahn spielen. Wenn wir mit zwei Spitzen spielen, kann ich als zweiter Stürmer drum herum spielen. 

Wenn Sie auf das letzte Jahr zurückblicken: War das für Sie persönlich die schwierigste Saison Ihrer Karriere? 

Ja. Ich habe noch nie bei einem so großen Verein gespielt, mit so vielen Fans, mit so viel Druck. Natürlich hatte ich mir etwas völlig anderes vorgenommen. Es war definitiv nicht einfach. 

Wie sind Sie mit diesen Rückschlägen umgegangen? 

Ganz offen eigentlich. Ich habe viel mit dem Trainerteam und Christian Keller gesprochen, natürlich gab es da auch einige Kritikpunkte. Ich versuche ganz klar, das zu verbessern.  

Hat es Sie überrascht, dass die Verantwortlichen auch in der Öffentlichkeit solch kritische Worte gefunden haben? 

Nein, weil wir ja auch intern darüber gesprochen hatten. Sie sind die Chefs und können sich öffentlich darüber äußern. 

Sie sind vor einem Jahr zwar neu zum 1. FC Köln gekommen, Christian Keller kannten Sie aus Ihrer Zeit in Regensburg aber schon länger. Konnten Sie mit ihm noch einmal anders über Ihre Situation sprechen? 

Ja, er hat mir ganz klar gesagt, dass ich nach der Sommerpause zurückkommen und nochmal völlig neu angreifen soll. Das ist auch mein Ziel. Ich will hier einen Neustart. 

Ich möchte korrigieren, was schiefgelaufen ist

Sargis Adamyan

Welche Ziele setzen Sie sich nach dieser schwierigen Saison jetzt? 

Ich will in jedem Training und jedem Spiel Gas geben, performen und zeigen, dass ich fit bin und torgefährlich sein kann. Dazu meine Kreativität besser einsetzen. Ich möchte dieses Jahr das korrigieren, was in der vergangenen Saison schiefgelaufen ist. 

Wie gut tut Ihnen dann direkt ein Tor wie am Sonntag im Testspiel gegen Gornik Zabrze? 

Jedes Tor gibt Selbstvertrauen, egal ob es ein Testspiel oder ein Bundesligaspiel ist. Ich weiß gar nicht, wie lange ich in einem Spiel kein Tor mehr erzielt habe. Daran will ich jetzt anknüpfen. 

Haben Sie das Gefühl, dass sich das System taktisch zurzeit beim FC verändert? 

Nein, es wird ähnlich zu dem bleiben, was wir bisher auch gespielt haben. Natürlich versuchen wir uns in Kleinigkeiten zu verbessern. Das ist sehr gut, weil wir den nächsten Schritt gehen wollen. Aber der Spielstil wird gleichbleiben, da bin ich mir sicher. 

Es sind dieses Jahr sehr viele Fans mit im Trainingslager. Welche Rückmeldung bekommen Sie von denen? 

Es sprechen mir eigentlich alle Mut zu und sagen mir, dass ich mehr kann. Die Fans wünschen mir viel Glück und Gesundheit für die neue Saison. Das tut sehr gut und ist natürlich schön zu hören. Und es ist wirklich verrückt, was hier in dem kleinen Dörfchen los ist. 

Wie wichtig ist es Ihnen, den Fans zu zeigen, dass Sie zu viel mehr im Stande sind? 

Vor allem will ich es mir selbst beweisen. Ich habe eine andere Erwartungshaltung an mich als das, was ich letzte Saison gezeigt habe. 

Um dann in einem Jahr mit Armenien bei der Europameisterschaft in Deutschland dabei zu sein? 

Da hätte ich nichts gegen (lacht). Armenien war noch nie bei einer EM oder WM dabei. Das wäre schon etwas Besonderes, vor allem in Deutschland. Armenien ist auch ein sehr Fußball-verrücktes Land. Es macht sehr viel Spaß, dort zu spielen. Wenn es richtig gut für uns läuft, könnte es klappen. Aktuell sind wir Gruppenzweiter. Ich würde dabei natürlich gerne mithelfen. 

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