Nach dem sportlichen Absturz drohen dem 1. FC Köln politische Grabenkämpfe. Jetzt ist der Vorstand gefragt – und muss weiteren Schaden vom Club abwenden. Um das zu erreichen, sollte das Präsidium endlich verkünden, 2025 nicht noch einmal anzutreten.
Ein Kommentar von Marc L. Merten
Der Vorstand mit Werner Wolf, Eckhard Sauren und Carsten Wettich ist gescheitert. Fast fünf Jahre ist das Team schon im Amt. Die sportliche Bilanz: vier Sportchefs (Veh, Heldt, Jakobs, Keller), fünf Trainer (Beierlorzer, Gisdol, Funkel, Baumgart, Schultz), ein Fast-Abstieg 2021, ein Komplett-Absturz 2024 und natürlich eine historische Transfer-Sperre.
Der von Anfang an lächerliche Masterplan, den FC mit Phantasie-Zahlen und Stammtisch-Parolen innerhalb von sieben Jahren dauerhaft in die Top Ten der Bundesliga führen zu wollen, hatte mit der Realität nie etwas zu tun. Und der einstige Wahlkampf-Slogan des Vorstands-Teams (“Gemeinsam gewinnen alle”) klingt heute mehr denn je nur noch wie eine misslungene Zote eines zweitklassigen Comedians.
Dieser Abstieg war kein Betriebsunfall
Zweitklassig ist nun auch wieder der 1. FC Köln, und das auf allen Ebenen. Es darf kein Vertun geben: Dieser Abstieg war kein Betriebsunfall, keine Verkettung unglücklicher Zufälle. Er war auch nicht knapp, auch wenn er erst am letzten Spieltag zustande kam. Die Wahrheit lautet vielmehr: Der FC stand nur an fünf von 34 Spieltagen über dem Strich, belegte im Gegensatz dazu an 19 von 34 Spieltagen einen der beiden direkten Abstiegsplätze.
Die Verantwortlichen haben diesen Abstieg sehenden Auges selbst herbeigeführt. Dafür gibt es viele Begriffe, von denen alle ihre Berechtigung haben: Ignoranz, Besserwisserei, Dilettantismus. Schlimmer aber noch: Viel zu lange haben die FC-Bosse ihre eigenen Fehler schön geredet. Stürmer? Braucht der FC nicht. Sechser? Kann der Kainz auch spielen. Führungsfiguren? Wachsen an ihren Aufgaben. Der Kader im Liga-Vergleich? Es wird schon drei Schlechtere geben. Transfer-Sperre? Eine Ungerechtigkeit fremder Kräfte. Finanzsorgen? Haben die Vorgänger mit ihren Altlasten zu verantworten.
Die verheerende Bilanz des Vorstands
Bei all diesen Themen zwar immer mittendrin: Christian Keller. Doch der Sport-Geschäftsführer ist am Ende nur ein Angestellter, auserwählt und kontrolliert vom Vorstand. Für die neue Saison wurde Keller vom Vorstand bereits wieder mit allen Befugnissen ausgestattet, noch ehe es eine Aufarbeitung gab, noch ehe das Gutachten zur Transfer-Sperre vorlag, noch ehe das ganze Ausmaß des sportlichen Scheiterns klar war.
Der Vorstand hat entschieden, und er will bei dieser Entscheidung bleiben. Das Problem: Der Vorstand blickt auf eine “Erfolgs”bilanz zurück, die in der freien Wirtschaft längst zu Wolfs, Saurens und Wettichs Entlassung geführt hätte. Wer so schlechte Entscheidungen trifft, dem gehört eigentlich längst das Mandat entzogen. Zur Erinnerung: Der Vorstand hatte Keller ausgesucht. Der Vorstand hatte Jörg Jakobs ausgesucht, dem derselbe Vorstand bereits die Schuld an der Transfer-Sperre um den Hals gehängt hat. Der Vorstand hatte Horst Heldt gegen interne Widerstände durchgesetzt. Und der Vorstand hatte eigentlich mit Armin Veh verlängern wollen.
Vorstand in höchstem Maße verantwortlich
Kurzum: Dieser Vorstand ist für einen Großteil der sogenannten Altlasten höchstselbst verantwortlich. Ein Vorstand, mit dem die alten und neuen Geschäftsführer bis heute machen können, was sie wollen. Ein Vorstand, der sich kommunikativ disqualifiziert hat. Ein Vorstand, der seine Kontrollfunktion spätestens beim FIFA- und CAS-Verfahren ad absurdum geführt hat, hinterher Bauernopfer suchte und bei der Aufarbeitung die Mitglieder belog.
Dieser Vorstand erklärte bislang stets: Verantwortung zu übernehmen, heiße, gemachte Fehler selbst zu korrigieren. Das stimmt – bis zu einem gewissen Punkt. Verantwortung heißt aber auch, irgendwann zu erkennen, dass man einer Aufgabe nicht mehr gewachsen ist – und dann für einen geordneten Übergang zu sorgen. Und dieser Zeitpunkt ist jetzt gekommen.
Eine außerordentliche MV würde für Chaos sorgen
Im Herbst 2025 läuft die Amtszeit des amtierenden Vorstands aus. Dann sollen die Mitglieder ein neues Präsidium wählen. Der Machtkampf ist im Hintergrund längst entfacht. Dieter Prestin und sein Team schließen eine außerordentliche Mitgliederversammlung nicht aus, um den Vorstand sofort zu stürzen. Manche Fans sehen darin ein gutes Szenario, obwohl sie nicht einmal wissen, wer hinter Prestin steckt und welche Pläne Prestin hat. Viele Fans sorgen sich aber auch, denn ist wäre völlig unklar, was im Fall einer aMV passieren würde und welche Figuren dann versuchen würden an die Macht zu drängen.
Deshalb sollten Werner Wolf, Eckhard Sauren und Carsten Wettich nun aufstehen und ihren Verzicht auf eine weitere Amtszeit erklären. Ein frühzeitig angekündigter Rückzug des Trios nach Ende der Amtszeit im Herbst 2025 könnte die Wogen glätten, die Fans beruhigen und klar machen: Der Vorstand hat verstanden. Er wird sich zurückziehen und für ein neues Präsidium – welches sich in einem geordneten Prozess und in einem geordneten Wahlkampf durchsetzen kann – Platz machen. Inklusive, und das ist am wichtigsten, einer geordneten Übergabe.
Der Vorstand muss weiteren Schaden vom Club abwenden
Dieser Schritt wäre selbstlos, würde den FC in den Vordergrund stellen und weiteren Schaden vom Club abwenden. Er würde der Opposition den Wind aus den Segeln nehmen und die politischen Grabenkämpfe beruhigen. Und er würde, wie es die Satzung vorsieht, dem nächsten Mitgliederrat (gewählt im Herbst 2024) ein starkes Mandat und eine große Verantwortung geben, ein würdiges Präsidium zu finden, welches im Herbst 2025 zur Wahl antreten kann.
Vorstand und Geschäftsführung mögen sich im Hinterzimmer geeinigt haben, dass alles so weitergehen soll. Doch mit diesem “Weiter so” werden sich die Fans, aber schon gar nicht die Opposition zufrieden geben. Es fehlt an Demut und Respekt vor dem Willen der Mitglieder. Und zu dieser Demut gehört auch zu erkennen, wann es vorbei ist. Im Herbst 2025 wird dieser Zeitpunkt gekommen sein – und es wäre jetzt der richtige Moment, das endlich einzugestehen.
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