In der Hinrunde war der 1. FC Köln mit seinem Minimalismus erfolgreich. Doch schon damals absolvierte der FC einen Ritt auf der Rasierklinge. Jetzt werden die Geißböcke dafür bestraft, dass sie nicht mehr umschalten können.
Der 1. FC Köln trifft das Tor kaum mehr. Fünf Tore in sieben Ligaspielen in 2025 sind eine erschreckend schwache Bilanz für eine Mannschaft, die in die Bundesliga aufsteigen will. Das Ergebnis: Die Geißböcke haben die Tabellenspitze verloren, sind aus den Aufstiegsrängen herausgefallen. Ein Warnsignal, das am Geißbockheim laut schrillen dürfte.
Nach dem 0:1 beim Karlsruher SC gibt es entsprechend Gesprächsbedarf beim FC. Auch, weil die Spieler sich beim KSC offenbar nicht an Absprachen gehalten hatten. Trainer Gerhard Struber sieht sich in der Pflicht, Sportchef Christian Keller vermutet ein mentales Problem. Auch die Spieler zeigen sich selbstkritisch, wussten am Samstagabend nach der bereits dritten Niederlage in der Rückrunde: So kann es nicht weitergehen.
Ein größeres Problem als die Chancenverwertung
„Wir haben es heute auch nach der Umstellung in der zweiten Halbzeit nicht geschafft, Druck über die Außen zu machen und über die Außen zum Flankenspiel zu kommen“, kritisierte Florian Kainz nach dem 0:1 beim KSC. „Das müssen wir klar ansprechen und analysieren, wie wir das gerade auch nach Rückstand besser machen können. Hinten raus war das zu wenig.“
Zur Wahrheit gehört aber auch: Es war nicht nur in der zweiten Halbzeit zu wenig. Bis auf zwei gute Chancen durch Damion Downs und Dejan Ljubicic früh in der Partie kam vom FC nichts mehr. Wieder einmal in der Rückrunde lag der Expected-Goals-Wert (xG) nach 90 Minuten bei einem Wert von unter eins. Der FC hat kein Problem damit, seine zahlreichen Torchancen zu verwerten – der FC erspielt sich nicht einmal diese Chancen. Ein weitaus größeres Problem als nur die Chancenverwertung.
Wir müssen inhaltlich wieder besser werden, das müssen wir klar sagen
Timo Hübers
„Wir haben den Gegner heute echt schlecht bespielt“, gestand daher auch Kapitän Timo Hübers. „Den Ballbesitz, den wir hatten, hatten wir in ungefährlichen Zonen und nicht in der Box. Den Vorwurf müssen wir uns gefallen lassen. Klar können wir in der ersten Halbzeit auch in Führung gehen, aber diese Spiele haben wir in der Hinrunde auf unsere Seite ziehen können, jetzt nicht mehr. Wir müssen inhaltlich wieder besser werden, das müssen wir klar sagen.“
Weder der Innenverteidiger von hinten raus noch Kreativspieler wie Kainz im Mittelfeld konnten das Heft des Handelns an sich reißen. „Wir müssen es schaffen, den Ball in die gefährliche Zonen zu kriegen. Gerade wenn wir mit zwei klaren Stoßstürmern spielen, müssen die Bälle in die Box“, sagte Hübers und fügte vielsagend an: „Da müssen wir mehr mitdenken, mehr in die Positionen kommen. Wir müssen im Ballbesitz wieder besser werden. Wir lassen defensiv wenig zu, aber das geht zu Lasten des Offensivspektakels.“
Das sagen Struber und Keller
Von Spektakel spricht in Köln schon lange keiner mehr. Dieses wurde in der Hinrunde zunächst sehr erfolgreich abgeschafft zugunsten eines ergebnisorientierten Minimalismus. Doch aus den 1:0-Siegen vor Weihnachten sind in der Rückrunde enttäuschende Unentschieden (1:1 gegen Düsseldorf) oder knappe Niederlagen (0:1 in Hamburg und in Karlsruhe) geworden. Spiele, die der FC eigentlich hätte gewinnen müssen, um die Tabellenführung zu behaupten und sich weiter abzusetzen.
Dafür aber fehlen die Tore – und die Ideen im Ballbesitz. „Wir sind nicht zufrieden“, gestand auch Struber. „Ich bin ein Trainer, der das genau anschauen wird, um vielleicht auch systemisch variabler zu sein. Wir müssen etwas bauen, was uns mehr Power in die gegnerische Box bringt, auch was alleine schon die Anzahl an Spielern angeht.“ Für den Österreicher geht es vor allem um Selbstvertrauen und Mut, in Karlsruhe aber mangelte es auch an Laufwegen, Pässen und Handlungsschnelligkeit.
2018/19 funktionierte die Offensive trotz Dreierkette
Sportchef Christian Keller stellte in Karlsruhe fest: „Es ist vielleicht auch eine mentale Frage. Mit den vielen 1:0-Siegen hat es recht gut geklappt, aber wir verstehen es nicht, selbst wenn wir führen, konsequent nachzulegen und entschieden auf das zweite Tor zu gehen – oder heute auf das erste Tor.“ Kurzum: Nach nur fünf Toren in sieben Spielen steht der FC vor dem umgekehrten Dilemma wie im Herbst, als man defensiv viel zu offen war.
Struber muss nun Lösungen finden. Vier Monate nach der Umstellung auf die Dreierkette hat der Österreicher das Problem der harmlosen Offensive noch immer nicht lösen können. Eine Rückkehr zur Viererkette wäre da nicht zwingend nötig. Zur Erinnerung: In der Saison 2018/19 stieg der FC mit einem 3-5-2 auf, mit enormer Wucht in der Offensive, weil die Geißböcke dauerhaft mit zwei echten Stoßstürmern spielten und die Gegner so reihenweise erdrückten. Ob es dem FC in den kommenden Wochen endlich gelingen wird, die nötige Balance hinzubekommen?
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