Der 1. FC Köln hat sich am Samstag beim SV Werder Bremen nicht nur blamiert, sondern auch das eigene Image arg ramponiert. Der beschämende Auftritt beim 1:6 in einem Abstiegsfinale war nur deswegen keine Wettbewerbsverzerrung, weil Fortuna Düsseldorf sich parallel in Berlin in sein Schicksal ergab. Das darf für den FC aber keine Ausrede sein. Doch nicht nur die Profis auf dem Rasen gaben am letzten Spieltag ein schlechtes Bild ab. Auch Markus Gisdol verpasste die Chance auf klare Worte und hat sich damit selbst beschädigt.
Ein Kommentar von Marc L. Merten
Wochenlang hatte sich der 1. FC Köln in die Tasche gelogen. Die Leistungen seit der Corona-Pause seien gar nicht so schlecht wie die Ergebnisse. Die Mannschaft habe einen guten Charakter, es sei für sie nur viel schwieriger als für andere Teams mit der Situation ohne Zuschauer umzugehen. Übersetzt hieß das eigentlich nur: Rein fußballerisch ist der FC nicht gut genug für die Bundesliga. Wenn es auf Qualität alleine ankommt, wenn die Unterstützung der Fans fehlt, ist der Kader nicht konkurrenzfähig.
Fakt ist: Hätte es den Zwischensprint mit acht Siegen aus zehn Spiele im Winter und Frühjahr nicht gegeben, müssten die Geißböcke nun ernsthaft über eine Entlassung von Markus Gisdol nachdenken. Vier Punkte aus zehn Spielen wären überall in der Liga ein Grund für eine Trennung.
Achselzuckend in die Sommerpause
So einfach ist das freilich nicht. Schließlich hatte Gisdol die Truppe schon einmal hinbekommen. Vielmehr müssen sich die Verantwortlichen endlich fragen, ob sie sich wirklich auf die Spieler verlassen können – und sie müssen die Konsequenzen ziehen. Das 1:6 war ein kraft-, lust- und willenloser Auftritt, für den die Düsseldorfer den Kölnern zu Recht hätten vorwerfen können, dass niemand sich noch einmal hatte wehren wollen – hätte es die Fortuna nicht selbst in Berlin vergeigt. Selten hat sich der FC derart achselzuckend ergeben wie am Samstag. Zahllose FC-Fans brachten noch während der Partie ihre Scham via Social Media zum Ausdruck. Der FC wurde zur Lachnummer der Liga.
Wenigstens einige Spieler schienen nach dem Spiel zu wissen, was sie angerichtet hatten. Marco Höger entschuldigte sich via Fernseh-Mikrofon für die Nicht-Leistung. Markus Gisdol hingegen überraschte mit seinen Aussagen auf der Pressekonferenz. Hatte der FC-Coach am Donnerstag noch davon gesprochen, wie gelöst und locker die Mannschaft trainiere, was für besondere Dinge er wieder im Training bewundern könne, war davon am Samstag nichts mehr zu hören. Der 50-jährige betonte, wie schwierig die Woche für die Spieler gewesen sei. Dass der Fokus aufgrund des tragischen Todes von Lucas Hector (Bruder von Jonas Hector) verloren gegangen sei. Eine verständliche Erklärung, menschlich für jedermann nachvollziehbar. Niemand hätte es dem FC aufgrund dessen verübeln können. Das Problem: Am Donnerstag hatte alles noch ganz anders geklungen.
Am Donnerstag hatten die Verantwortlichen betont, wie wichtig dieses Spiel sei, für die Liga, für den Verein, für die Spieler. Von einer Verantwortung gegenüber der Konkurrenz im Abstiegskampf war die Rede gewesen. Es hatte ein Gespräch mit dem Mannschaftsrat gegeben, um darauf hinzuweisen, dass es für den Klub noch um fünf Millionen Euro gehe. Und alle beim FC, von den Bossen bis zum letzten Platz im Mannschaftsbus, hatten gewusst: Nach neun sieglosen Spielen in Folge hätte es eigentlich noch mal eines Erfolgserlebnisses bedurft, um mit einem guten Gefühl in die Sommerpause zu gehen. Stattdessen folgte eine Leistung, für die sich die Spieler schämen müssten, die den FC am Ende nicht nur sehr viel Geld gekostet haben wird, sondern auch derart viele Fragen aufwirft, dass schon jetzt klar ist: Sollte der FC in der nächsten Saison einen Fehlstart hinlegen, dürfte schon nach drei Spieltagen alles wieder in Frage stehen. Nicht nur der FC hat am Samstag einen erheblichen Schaden erlitten, sondern auch die Mannschaft und Markus Gisdol. Nur ein guter Saisonstart 2020/21 wird diesen wieder reparieren können.
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