Wenn ein Verein wie der 1. FC Köln ernsthaft demokratisch und mitgliedergeführt sein möchte, ist ein Gremium wie der Mitgliederrat ein wichtiges Instrument zur Kontrolle der Vereinsführung. Doch die Prozesse um die Neubesetzung des Vizepräsidenten lassen die Kritik an den gewählten Mitglieder-Vertreter lauter werden. Der Mitgliederrat hat ein Problem, und es ist hausgemacht.
Ein Kommentar von Marc L. Merten
Dass Carsten Wettich auf der nächsten Mitgliederversammlung des 1. FC Köln zum Vizepräsidenten gewählt werden soll, gilt als sicher. Seine Wahl muss durchaus keine schlechte sein, schließlich sprechen seine Qualifikationen für ihn. Ebenso haben sich Werner Wolf und Eckhard Sauren für Wettich als Dauerlösung im Vorstand ausgesprochen. Doch schon da beginnen die Probleme. Nicht mit der Person Wettich, sondern mit dem Prozess, wie der Anwalt vom Mitgliederrat als künftiger Vizepräsident ausgewählt wurde. Zunächst einmal waren Wolf und Sauren 2019 von Wettich ausgesucht worden, um die Vorstandsposten zu übernehmen. Es verwundert daher kaum, dass sich das Duo ein Jahr später umgekehrt für Wettich stark gemacht hat. Vor allem aber gab es seit dem Rücktritt von Jürgen Sieger nie einen anderen ernsthaften Kandidaten als Wettich. Und genau das hätte eigentlich nicht sein dürfen.
Die Suche nach einem neuen Vizepräsidenten war eine Alibi-Suche. Alleine schon deshalb, weil der Mitgliederrat nach Siegers Rücktritt nicht sofort mit der Suche eines Nachfolgers begann, sondern monatelang abwartete, ob sich Wettich vorstellen könne die Rolle dauerhaft zu übernehmen. Das zeigt: Von vorne herein sollte es keinen anderen Kandidaten als Wettich geben. In dem Moment, in dem Wettich seine Bereitschaft erklärte, war die Entscheidung gefallen. Die restliche Suche nach alternativen Kandidaten war scheinheilig. Und dass mit Ulf Sobek nur ein einziger weiterer Bewerber in acht Monaten ernsthaft geprüft und angehört wurde, ist eines transparenten, professionellen und alle Alternativen prüfenden Auswahlverfahrens für eine so wichtige Position wie jene eines Vizepräsidenten unwürdig. Nahezu jeder andere Job in der Geschäftsstelle des 1. FC Köln bis runter zu Volontären und Praktikanten wird nach einem aufwendigeren Bewerbungsverfahren besetzt als das, was der Mitgliederrat für eine Position im Vorstand durchgeführt hat.
Nur ein Problem der Öffentlichkeitsarbeit?
Die Kritiker des Gremiums sehen sich bestätigt und werfen dem Mitgliederrat vor, die Macht des Vorschlagsrechts für den Vorstand genutzt zu haben, um über Hinterzimmer-Politik den eigenen Einfluss innerhalb des FC zu stärken. Der Mitgliederrat tut wenig, diesen Eindruck zu zerstreuen. Statt sich über Monate hinweg mit mehreren Kandidaten zu treffen und den Auswahlprozess mit transparenter Kommunikation zu begleiten, wird nach GBK-Informationen intern nach dem Maulwurf gesucht, der den Namen Ulf Sobek ausgeplaudert hat. Am liebsten hätte man im Mitgliederrat keine einzige Information über die Suche nach dem neuen Vizepräsidenten nach draußen gegeben und letztlich nur Carsten Wettich als Kandidaten präsentiert. Waren die gewählten Vertreter der Mitglieder einst mit dem Versprechen angetreten, für Transparenz und Einigkeit im Verein zu sorgen, entsteht nun der Eindruck, dass sich das Gremium eine eigene Karriereleiter gebaut hat, um Schritt für Schritt mehr Einfluss auf das operative Geschäft auszuüben. Sollte dieser Eindruck lediglich die Folge schlechter Kommunikation sein, so würde dies durchaus zum 1. FC Köln dieser Tage passen. Andernfalls hätten die Geißböcke ein noch viel größeres Problem als eine mangelhafte Öffentlichkeitsarbeit.
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