Einen Platzsturm wie nach dem Erreichen der Europa League vor zwei Jahren wird es gegen Darmstadt 98 zunächst nicht geben. (Foto: MV)

Wie ein 1993 geborener FC-Fan den Erfolg verkraftet

Trotz allem habe ich nie einen einzigen Gedanken daran verloren, meinem Verein den Rücken zu kehren. Ich habe den Effzeh immer und ausnahmslos verteidigt. Vermutlich, weil es das ist, was die kölsche Mentalität ausmacht. Während in Kaiserslautern oder Nürnberg die Stadien sukzessive leer gespielt wurden, hielt Rut un Wiess zum Effzeh. “Un mer jon met Dir wenn et sin muss durch et Füer.” Seit ich meine Südkurven-Dauerkarte das erste Mal in der Saison 2013/2014 in den Händen hielt, verpasste ich nur noch eine Handvoll Heimspiele. Und das, obwohl ich im letzten Zweitliga-Jahr in Trier wohnte und alle zwei Wochen 200 Kilometer nach Köln fuhr. Egal, ob an einem Freitagabend, Sonntagmittag oder Montagabend, egal ob gegen Sandhausen, Greuther Fürth oder St. Pauli.

Entschädigung für Jahre des Leidens 

Und vielleicht ist das, was am 20. Mai 2017 im RheinEnergieStadion passiert ist, der Lohn für diese unnachgiebige Treue. Der 1. FC Köln spielt in der nächsten Saison international. Wer hätte das noch vor vier Jahren für möglich gehalten? Jahrelang mussten wir Vereinen wie Gladbach oder Leverkusen auf europäischer Ebene zusehen. Manch Ahnungsloser meinte gar, man müsse ihnen die Daumen drücken, weil “es doch deutsche Vereine sind”. Welch Hohn! Doch damit ist nun Schluss.

Der 1. FC Köln feiert freudentrunken den Einzug in die Europa League. (Foto: MV)
Anders als ältere Generationen, die europäische Spiele des Effzeh live miterlebt haben, habe ich nie darauf gehofft, “wieder” nach Europa zu kommen. Geträumt, ja. Mir vorgestellt, wie es wohl wäre, sollte es wirklich einmal mit der Europa League klappen. Irgendwann. In ferner Zukunft. Aber es war nie Teil dessen, was ich vermisst habe. Wie hätte es das auch sein sollen? Kann man etwas vermissen, das man nicht kennt, das noch nie da gewesen ist?

Aus dem müden Lächeln wird Neid

Vor vier Jahren war mein größter Wunsch, den Effzeh als graue Maus in der Bundesliga zu erleben. Ein Verein, der solide Leistungen abliefert und am Ende der Saison nichts mit dem Abstieg zu tun hat. Jetzt, im Sommer 2017, ist alles so viel mehr, so viel größer. Ich wusste bis heute nicht, wie es sich anfühlt, Fan eines erfolgreichen Vereins zu sein, der sich kontinuierlich verbessert. Jetzt weiß ich es. Es entschädigt für viele Jahre des Leidens. Und es lässt die Hoffnung aufsteigen, dass dies keine Momentaufnahme ist. Denn ab sofort weiß ich, wie es ist, nicht mehr von anderen Fußballfans belächelt, sondern beneidet zu werden.


Sonja Eich wurde im Juni 1993 in Köln geboren, wuchs aber in Trier auf. Erst nach ihrem Abitur kehrte sie in ihre Heimat zurück und studiert seitdem an der Deutschen Sporthochschule. Sie schreibt seit Jahren als freie Journalistin für den “Trierischen Volksfreund”. Seit November 2016 berichtet sie für den GEISSBLOG.KOELN über “ihren” Effzeh.

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