Die Spieler vor der Fankurve nach dem 2:2 gegen Schalke. (Foto: Mika Volkmann)

Tränen bei FC-Profis: “Die Fans sind auf keinen Fall zweitklassig”

[nextpage title=”Bittencourt lässt Schmährufe verstummen”]

Erst sah es so aus, als würde die Stimmung im RheinEnergieStadion schon in der ersten Hälfte kippen. Dem 1. FC Köln drohte nach gut 20 Minuten gegen den FC Schalke 04 ein Debakel. Dann kämpften sich die Geissböcke zurück, holten nach einem 0:2 noch ein 2:2 und wurden nach dem Spiel von ihren Fans gefeiert. Einige Spieler kämpften mit den Tränen.

Köln – Die Schimpftiraden hatten gerade eingesetzt: “Vorstand raus!” hallte es aus der Südkurve, die Ultras ließen eindeutig verlauten, was sie von Werner Spinner, Toni Schumacher und Markus Ritterbach halten. Ein Konflikt, der bekanntlich weit über diese Saison hinaus geht. Doch im Gemenge der Abstiegsangst auch etwas, das schnell auf andere Fans überschwappen kann.

Maroh mit persönlicher Abschiedsrunde

Dass dem nicht so war, lag an Leonardo Bittencourt. In die Rufe hinein erzielte der Offensivspieler in der 26. Minute das Anschlusstor zum 1:2 und verwandelte die “Vorstand raus”-Sprechchöre in einen Jubelsturm. Als dann auch noch Marcel Risse in der 83. Minute den Ausgleich erzielte, waren die Anhänger im mehr oder weniger ausverkauften Müngersdorf zumindest wieder mit den Spielern versöhnt. Der Abstieg ist zwar auch mit dem Punktgewinn wohl nicht mehr aufzuhalten. Doch zumindest bescherten die Spieler den Fans noch einmal einen Moment, stolz auf die Mannschaft sein zu können. Nach einer erschreckend schlechten ersten Halbzeit hatte das Team Moral gezeigt.

Dafür gab es hinterher Standing Ovations der Fans – und umgekehrt. Nach dem Abpfiff, als einige FC-Spieler noch am Boden lagen, stand bereits Dominic Maroh vor der Südkurve und applaudierte den Fans. Es war wohl auch sein persönlicher Abschied aus Müngersdorf. Der Routinier weiß nicht, ob er im letzten Heimspiel gegen den FC Bayern noch einmal zum Einsatz kommen wird. Und so nutzt der 31-Jährige die Chance, schon mal Danke zu sagen für die letzten sechs Jahre. Denn seine Zeit, das scheint inzwischen klar, läuft beim FC ab. Marohs Vertrag wird nicht verlängert. Es war sein Moment, sein Abschiedsapplaus, den er den Fans spendete und der postwendend zurückkam.

Ein Moment des gegenseitigen Dankes

Anschließend schlichen die FC-Profis in die Kurve. Marcel Risse, Jonas Hector und andere Spieler kämpften mit den Tränen. Thomas Kessler umarmte den Torschützen zum 2:2 und tröstete ihn. Maroh stand bei seinem Freund Timo Horn, fast alle Profis gingen schließlich in die Kurve und warfen ihre Trikots in die Menge. Diesmal – nicht wie in Berlin – kam keines zurück. Diesmal war es ein Moment des gegenseitigen Dankes. Die Fans feierten die Mannschaft, die Spieler revanchierten sich mit einer Geste des Respekts vor der Südkurve.

[nextpage title=”Spieler sind den Fans sehr dankbar”]

Unbeschreiblich und sehr emotional

Timo Horn sprach von einem “persönlich sehr emotionalen Moment”. Die Fans hätten gesehen, “wie aufopferungsvoll die Jungs kämpfen”, beschrieb der Torhüter den Weg in die Kurve. “Dass man bei einem möglichen Absteiger, der auf dem letzten Tabellenplatz steht, nach dem Spiel in die Kurve geht und applaudiert wird, ist schon unbeschreiblich und sehr emotional. So etwas gibt es nur Köln.” Bittencourt sagte hinterher dem GEISSBLOG.KOELN: “Die Fans sind auf keinen Fall zweitklassig.” Obwohl es die Mannschaft wohl nach dem 12. Mai 2018 wieder sein wird.

Marcel Risse sprach hinterher über “eines der traurigsten Tore” seiner Karriere (mehr dazu hier) und konnte seine Gefühle kaum verbergen. Insbesondere Risse, der Kunstschütze, der in den letzten anderthalb Jahren zwischen Torschütze des Jahres, Kreuzbandriss, Europa League und dem drohenden Karriereende emotional alles mitgemacht hat und nun mit dem FC erneut in die Zweite Liga gehen wird. “Die Fans waren nach Abpfiff extrem bemerkenswert. Da fällt mir persönlich auch ein Stein vom Herzen. Dafür bin ich extrem dankbar. Trotzdem ist es sehr schwer, zu sehen wie traurig und enttäuscht der ein oder andere Fan ist. Aber so ist es auch bei uns Spielern.”

Was passiert beim letzten Heimspiel?

Das 2:2 gegen den FC Schalke 04 dürfte zwar längst nicht alle Wunden geheilt haben. Der Dank zwischen Spielern und Fans galt nur für die Zeit bis zum Ende des 31. Spieltags. Man darf gespannt sein, wie die Fans, insbesondere die Ultras, reagieren werden, sobald der Abstieg auf rechnerisch besiegelt ist. Das letzte Heimspiel gegen den FC Bayern München – die große Parallele zum Abstieg im Jahr 2012 – wird daher unter genauer Beobachtung stehen. Eine schwarze Wand wie damals wird es wohl kaum erneut geben. Doch das Verhältnis zum amtierenden Vorstand ist scheinbar irreparabel beschädigt. Insofern bleibt die Frage, inwieweit die Liebe zu den Spielern und zum Verein dem Frust und der Abneigung dem Vorstand gegenüber weichen wird. Gänzlich friedlich wie das vorletzte Heimspiel gegen Schalke wird das letzte gegen die Bayern wohl nicht verlaufen. So sehr man es sich wünschen mag.

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