Steht wieder im FC-Kader: Salih Özcan. (Foto: GBK)

Ein neuer Effzeh: Die Lust auf ehrlichen Fußball

[nextpage title=”Der Reinigungsprozess brauchte Zeit”]

Einige Wochen lang, so schien es, wussten sie am Geißbockheim nicht so recht, wohin die Reise mit dem 1. FC Köln gehen würde. Nun kehrt Sicherheit auf dem Platz und damit auch gute Laune ein. Dass trotzdem keine Euphorie vorherrscht, sondern gespannte Erwartung, erscheint passend und angemessen.

Köln – Markus Ritterbach sprach von “großer Euphorie”, als er in Kitzbühel zusammen mit Werner Spinner die Situation des FC schilderte. Er bezog diese allerdings auf die Arbeit mit den Sponsoren, die dem FC die Treue gehalten haben und der FC für die kommende Saison trotz Zweiter Liga ausvermarktet ist.

Warum es mit dem guten Gefühl seine Zeit brauchte

Lange Zeit hatte man aber das Gefühl, diese Euphorie sei längst nicht bis zu den Fans oder den Spielern auf dem Platz vorgedrungen. Viele Anhänger machten stattdessen ihrem Unmut über Ausrüster uhlsport Luft, das Verhältnis zwischen Klubführung und Ultras hat sich über den Sommer nicht gebessert, auf Kitzbühel hatten verhältnismäßig nur wenige Anhänger Lust. Sie schien so dahinzuplätschern, die Vorbereitung, im Schatten der WM 2018, im Zeichen des Abstiegs, in Zeiten der Rückkehr in Liga zwei nach fünf erfolgreichen Jahren.

Auch bei den Spielern war dies zunächst zu spüren. Die letzte Saison sollte raus aus den Köpfen, sagten die Verantwortlichen zum Trainingsauftakt. Doch bis zum Trainingslager in Kitzbühel hatte man das Gefühl, die Abstiegssaison sei bei den meisten älteren Profis noch omnipräsent. Die Testspiele in Bonn und Wuppertal gaben Anlass zur Sorge. Nicht etwa, weil die Spieler mit dem Spielsystem des neuen Trainers zu kämpfen hatten, sondern weil die Spiele in Körpersprache und Chancenverwertung erschreckend an den Vorsommer erinnerten.

In der Mannschaft hat ein Reinigungsprozess stattgefunden

Kritische Tönen kamen auf, basierend auf einer Skepsis, mit der die Geissböcke leben mussten. Doch seit Kitzbühel hat sich etwas verändert. Auf dem Rasen durch die teils bemerkenswerten Testspiele gegen Watford und Bremen, in denen die Spieler plötzlich merkten, dass die Vorgaben des neuen Trainerteams in Automatismen übergingen und erfolgversprechend gut zu funktionieren begannen. Viele Spieler fanden sich in ihren neuen Rollen ein, wirkten motiviert, engagiert, fit und spielfreudig.

Von Timo Horn, der austrainierter wirkt als letztes Jahr, über Rafael Czichos, der ganz natürlich schon eine Führungsrolle auf dem Platz übernommen hat, bis hin zu Salih Özcan, Christian Clemens oder Jhon Cordoba, die unter Markus Anfang aufblühen: In der Mannschaft hat offenbar ein Reinigungsprozess stattgefunden, der nicht nur durch die Neuzugänge und Abgänge von der sportlichen Führung vorgegeben wurde, sondern der auch von innen heraus eingesetzt hat. Frisches Blut fließt durch die Blutbahn des FC-Teams, ohne dabei aus der Rolle des Favoriten in der Zweiten Liga arrogant an die Aufgabe heranzugehen.

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Der FC musste erst einmal ein neuer FC werden

Es scheint, als ob insbesondere das neue Spielsystem den FC-Profis die nötige Konzentration und Demut verliehen hat, dies es brauchte, um im Sommer fokussiert an die Aufgabe des sofortigen Wiederaufstiegs heranzugehen. Die Spieler mussten erst einmal all ihre Kräfte bündeln, um überhaupt zu verstehen und zu erkennen, was das neue Trainerteam von ihnen verlangte. Da blieb kaum Zeit für die Blicke auf die Konkurrenz oder mögliche Vergleiche mit anderen potentiellen Aufstiegskandidaten. Der FC musste erst einmal ein neuer FC werden, ehe sich herauskristallisierte, dass diese Mannschaft tatsächlich das Potential zu haben scheint, seiner Favoritenrolle gerecht zu werden.

Bislang waren alle Spiele und Trainingseinheiten nur Trockenübungen. Auch das Spiel am Freitagabend gegen Mainz wird lediglich ein weiterer Vorlauf sein, ehe es am 4. August in Bochum ernst wird. Doch der Glaube an die eigene Stärke im neuen System ist in den letzten zwei Wochen spürbar gewachsen. Die vielen engen Duelle im Konkurrenzkampf um die Kaderplätze tragen zur Ernsthaftigkeit bei, mit der die FC-Profis die Vorbereitung durchlaufen. Markus Anfang wirkt zufrieden, und er scheint kein Mensch zu sein, der sich leicht mit einer Entwicklung zufrieden gibt.

Die Wucht der Saisoneröffnung

Am Sonntag wird der Coach mit seinem Team erstmals vor die große Masse der FC-Fans treten. Die Saisoneröffnung mit den zehntausenden Anhängern wird sie mit voller Wucht treffen. Am Geißbockheim hatten sie es bislang noch beschaulich ruhig gehabt, trotz perfekten Sommerwetters und Urlaubszeit. Die rund 800 Fans zum Trainingsauftakt Ende Juni hatten sich auf dem weiten Gelände verlaufen, auch später kamen selten so viele zum Training, dass man das Gefühl bekam, der FC würde eine Euphoriewelle entfachen. Doch der echte Gradmesser für das neue “Mer sin eins”-Jeföhl, das die Geissböcke wecken wollen, wird die Saisoneröffnung am Sonntag sein. Dann, so ist auch aus Fankreisen zu hören, geht für viele FC-Anhänger die Saison überhaupt erst los. Der Neustart soll ausgerufen werden, wenn die neu formierte Mannschaft auf die Bühne kommt.

Kritische Fragen werden gelegentlich wieder aufkommen. Nur Erfolg wird diese im Keim ersticken. Doch dass dieser kommen wird, daran glaubt man am Geißbockheim inzwischen fest. Die Zweifel des vergangenen Misserfolgs sind abgeschüttelt, der neue Geist hat dem alten Geist in den Hintern getreten. Nicht ganz ohne Nachtreten, so sehr man beim FC auch die letzte Saison mit einem Cut versehen und vergessen machen wollte. Doch unter dem Strich wollen die Geissböcke nun nichts anderes mehr als den Aufstieg angehen und nach den kommenden neun Monaten auch erreichen. Ohne künstliche Euphorie, ohne Überheblichkeit, sondern mit Konzentration und Freude an dem ehrlichen Fußball, für den Markus Anfang steht. Es gibt definitiv schlechtere Voraussetzungen für einen Saisonstart.

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