Markus Anfang steht vor dem Aufstieg mit dem FC in die Bundesliga. (Foto: Mika Volkmann)

Unter Menschen: Emotionaler Anfang sucht Schulterschluss

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Es war sein erster öffentlicher Auftritt nach der 0:3-Blamage des 1. FC Köln bei Dynamo Dresden. Markus Anfang hat sich am Mittwoch den Journalisten gestellt und dabei einen bemerkenswerten Auftritt hingelegt. Der FC-Coach lebte vor, was seine Spieler an Ostersonntag schuldig geblieben worden waren. Dabei zeigte sich der 44-Jährige emotional und verriet dabei auch, wie nahe ihm die letzten Wochen gegangen sind.

Köln – Es mag Zufall sein. Doch dass die beiden Spiele gegen den Hamburger SV und bei Dynamo Dresden – jene enttäuschende Auftritte der Geissböcke, in denen der FC den Aufstieg hätte klar machen können – auf das persönliche Drama um den Vater von Markus Anfang folgten, lässt sich nicht vom Tisch wischen. Es war und ist Markus Anfang hoch anzurechnen, dass er in diesen nun zwei Wochen trotzdem seinem Job nachging, obwohl er stets zwischen der Familie und dem FC pendelte, örtlich, gedanklich und emotional.

So wild das 4:4 des 1. FC Köln beim MSV Duisburg war, so wild wurde es in den folgenden Tagen für den Klub, die Spieler und den Trainer auf und neben dem Platz. Erst die Sorgen um Anfangs Vater, dann die starke erste Halbzeit gegen den HSV, auf die ein kompletter Leistungsabfall in Hälfte zwei folgte, schließlich das blamable 0:3 in Dresden, auf das nun eine Grundsatzdiskussion folgte über den Zustand des FC. Eine Diskussion, die geführt werden muss, weil es um die Zukunft der Geissböcke geht. Aber auch eine Diskussion, die verlangt, die Begleitumstände zu berücksichtigen.

Wir haben es in allen Bereichen klar angesprochen

Wie sehr Markus Anfang noch von der Sorge um seinen Vater begleitet wird, zeigte sich am Mittwochmittag am Geißbockheim. Zwei Tage war über Anfang und dessen Zukunft diskutiert worden. Nun äußerte er sich, tat dies emotional und mit einer Verve, die den Anwesenden Respekt abnötigte. “Die Jungs haben mir in den letzten Tagen und Wochen wahnsinnig viel Kraft und Rückhalt gegeben”, sagte Anfang und erinnerte an die T-Shirt-Aktion vor dem HSV-Spiel für seinen Vater, von der Anfang nichts gewusst hatte. “Was das für eine Geste war, werde ich nie vergessen. Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch, dass ich zu meinen Jungs stehe, wenn sie einen schlechten Tag haben.”

Diesen schlechten Tag hatte der FC, hatten die elf Spieler auf dem Rasen am Sonntag in Dresden, ohne Frage. Nicht einfach nur schlecht, sondern leblos, kraft- und lustlos. Ein beängstigender Auftritt, eine “Nicht-Leistung”, wie Anfang unumwunden zugab. “Da gibt es keine zwei Meinungen: Das war ein richtig schlechtes Spiel von uns. Das haben wir auch offen und ehrlich mit den Jungs analysiert, da mussten wir schonungslos sein”, betonte der 44-Jährige. “Wir haben es in allen Bereichen mit allem, was das Spiel mitgebracht hat, analysiert und klar angesprochen. Das war wichtig.”

Voller Animositäten?

“In allen Bereichen mit allem, was das Spiel mitgebracht hat”: Dieser Zusatz galt insbesondere auch für Dominick Drexler und Florian Kainz, die sich auf dem Rasen ein Scharmützel geliefert hatten, das zu Drexlers Aussage “Das machen die Stars” geführt hatte (mehr dazu hier). Neben dieser persönlichen Geschichte voller Animositäten gab es eine ganze Menge anderer Dinge aufzuarbeiten. Sportlich, aber auch menschlich. Die Gerüchte um Probleme zwischen der Mannschaft und dem Trainerteam halten sich seit Monaten, immer wieder dringt nach draußen, dass es nicht gut um das Binnenverhältnis in der sportlichen Abteilung bestellt sein soll.

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Da ist etwas zwischenmenschlich entstanden

Am Mittwoch stellte sich Anfang, darauf angesprochen, dem entgegen. “Gehen wir weg vom Sport und gehen wir zum Menschen! Die Geste, die Stärke, die die Jungs mir gegeben haben, in der schweren privaten Zeit, die gar nicht mal lange her ist, mit einer Aktion, von der ich nichts wusste, die kann ich ihnen nicht hoch genug anrechnen”, sagte ein sichtlich bewegter FC-Trainer. “Damit haben sie alles gezeigt, es hat mir wahnsinnig viel Kraft gegeben. Wer das nicht versteht – so etwas macht man nicht einfach so. Da ist etwas zwischenmenschlich entstanden. Die Jungs geben mir Kraft. Und genauso gebe ich ihnen diese Kraft, damit wir gegen Darmstadt ein richtig gutes Spiel machen, um drei Punkte zu holen.”

Es war der entscheidende Hinweis, Anfangs Verbindung zwischen allem, was sich in den letzten Wochen entwickelt hat. Sechs Siege, die sichere Tabellenführung, danach der nächste Einbruch, zwei Unentschieden, eine Peinlich-Pleite, aber auch das persönliche Schicksal des Trainers, verbunden mit einer Diskussion um die Zukunft des 44-Jährigen beim FC, trotz Tabellenführung und acht Punkten Vorsprung auf Rang drei. Eine Mischung, die kaum nachvollziehbar ist für jemanden, der von weit draußen auf den FC schaut. Eine Konstellation, die jedoch wohl die Folge einer seit nunmehr fast zwei Jahren anhaltenden Entwicklung und chronischen Unzufriedenheit im und um den Klub herum ist.

Anfang gibt und hofft, etwas zurückzubekommen

Anfang zeigte sich dessen am Mittwoch ganz deutlich bewusst. Dass die Unzufriedenheit auch im Selbstverständnis des FC zu finden sei, dem Anspruch, eben nicht in der Zweiten Liga, sondern in der Bundesliga spielen zu wollen. In dem Wunsch, den Aufstieg endlich perfekt zu machen, damit sich die FC-Fans auf die Erste Liga freuen können. In der Hoffnung, dass der FC endlich aus seinen Fehlern lernt und das ständige Auf und Ab genauso abstellt wie das ständige Sich-selbst-Zerfleischen, das auch in dieser Saison fortgeschritten ist und das nicht, obwohl gerne von FC-Verantwortlichen behauptet, von außen herangetragen wird, sondern von innen selbst initiiert wird.

Diese Selbstzerfleischung muss und will Anfang für die letzten vier Spiele stoppen. Der FC-Trainer weiß, dass er die Mannschaft, die Spieler, das gemeinsame Streben nach dem Ziel Aufstieg, braucht, um den letzten Schritt zu gehen. Die Bundesliga ist ganz nah, aber sie ist eben noch nicht erreicht. Deswegen stellte sich Anfang am Mittwoch erneut vorbehaltlos vor sein Team. “Die Jungs dürfen auch mal einen schlechten Tag haben. Das ist menschlich. Trotzdem bleiben sie meine Jungs. Ich muss sie als Trainer schützen.” Und dann fügte er hinzu: “Das ist immer ein Geben und ein Nehmen.” Verbunden mit der Erwartung, dass die Spieler es verstehen und am Freitag in einen Sieg gegen Darmstadt ummünzen. Ein Schulterschluss also für die letzten Spiele der Saison. Was danach passiert, ist für Anfang noch weit weg.

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