Wohin führt der Weg des 1. FC Köln in der kommenden Saison? Aufgrund der großen personellen Probleme werden die Geißböcke wohl von Glück sagen können, wenn sie sich halbwegs stabil durch die Spielzeit manövrieren und nach 34 Spieltagen über dem Strich stehen werden. Doch wie will der FC die Corona-Krise überwinden und womöglich gar gestärkt daraus hervorgehen? Fünf Thesen, wie die Pandemie den Klub verändern wird.
1. Der FC wird die Vertragsstruktur der Spieler verändern.
Armin Veh beschwerte sich, der Kader der Geißböcke sei zu teuer und habe zu lange Vertragslaufzeiten. Statt etwas zu ändern, setzte er als Sportchef der Entwicklung der vorangegangenen Jahre mit zahlreichen Transfer-Flops aus dem Zweitliga-Jahr die Krone auf. Horst Heldt und vor allem Alexander Wehrle müssen nun beweisen, dass sie aus den Fehlern der Vergangenheit lernen. Der FC kann die Krise nutzen, wenn er seine Vertragsstrukturen den neuen Bedingungen anpasst. Neben einer Pandemie-Klausel für Geisterspiele braucht es eine stärkere Kontrolle der Vertragslängen und der Gehaltsstruktur. Darüber hinaus darf der FC nicht mehr abhängig werden von Spielerberatern wie mit Sportstotal. Damals sollen auch Transfers oder Vertragsverlängerungen mit dem einen Spieler an Gehaltserhöhungen und Vertragsverlängerungen mit anderen Spielern gekoppelt worden sein. Wenn die Corona-Krise zu einem Umdenken bei den Verantwortlichen geführt hat, dann liegt darin eine Chance für den FC.
2. Leihgeschäfte werden zu einem strategischen Instrument.
Noch immer ist kaum zu verstehen, warum Armin Veh im Januar 2018 die Verpflichtung von Spielern auf Leihbasis ausschloss. Diese Entscheidung war der letzte Sargnagel, der zum Abstieg führte. Horst Heldt hat diese fragwürdige Strategie bereits im vergangenen Winter erfolgreich über den Haufen geworfen. Der FC muss und wird wohl zwangsläufig mindestens in diesem Sommer, aber auch in näherer Zukunft auf Leihgeschäfte angewiesen sein – nicht nur auf Seiten der Abgänge, sondern auch der Zugänge. Leihgeschäfte machen den FC finanziell flexibler, nicht mehr abhängig von langen Verträgen und bergen das Potential im Falle von zugesicherten Kaufoptionen, überraschende Entdeckungen von Leistungsträgern zu veredeln – so wie Eintracht Frankfurt dies mehrere Jahre erfolgreich schaffte. Übrigens auch aus der Not finanzieller Knappheit heraus geboren.
3. Die Talente brauchen ältere Spieler, die ihnen den Erfolg nicht neiden.
Das klare Bekenntnis zum Nachwuchs gibt es bereits. Nun muss es vollzogen und finanziell gestützt werden (Lest hierzu den GBK-Kommentar!). Dabei gilt es, den Spielern einerseits die Chance zu Spielpraxis und damit das Vertrauen zu geben, andererseits erfahrene Spieler an die Seite zu stellen, die diese Talente führen. Wie wichtig das sein wird, zeigte die Rückrunde. In der erfolgreichen Phasen blühten Katterbach und Co. auf, weil Hector und Co. voran gingen. Als letztere jedoch in Formtiefs versanken, gingen auch die Talente unter. Niemand kann und darf von den Youngster erwarten, dass sie den FC bereits in der nächsten Saison zum Erfolg tragen. Diese Last müssen andere Spieler schultern. Die Aufgabe von Horst Heldt wird sein, den Talenten verlässliche Kräfte an die Seite zu stellen und keine älteren Spieler, die den jungen Spielern ihre Spielzeit neiden. Denn solche gibt es im heutigen FC-Kader auch – und können zum Problem werden.
4. Die FC-Mitglieder und -Fans werden wieder wichtiger.
Wer seine Dauerkarten-Inhaber um Geld anpumpt, zeigt damit die Abhängigkeit von der Anhängerschaft und muss etwas zurückgeben. Das ist die Meinung vieler Fans und Mitglieder der Geißböcke. Sie erwarten für die Zukunft, von ihrem Verein wieder mehr mitgenommen zu werden als in den letzten Jahren. Die Fan-Nähe existierte schon länger nur noch vordergründig. Die einigende Kraft, die das im vergangenen Jahr gewählte neue Präsidium mit dem Slogan “Gemeinsam gewinnen alle” entfesseln wollte, wirkt noch nicht. Auch, weil sich Mitglieder einzelner Gremien und Arbeitsgruppen immer dann opportunistisch aus der Verantwortung ziehen wollen, wenn ihnen ein eisiger Fan-Wind entgegen zu schlagen droht – wie nach GBK-Informationen jüngst in der Dauerkarten-Frage passiert, als sich Mitglieder der AG Fankultur nicht ausreichend berücksichtigt gefühlt hatten. Corona könnte helfen, den Klub zu einer neuen Einigkeit zu zwingen, auch in Form einer stärken Digitalisierung der Vereinsangebote, insbesondere der Mitgliederversammlung. Denn wenn es der Klub ernst nehmen will mit seiner Demokratie, dann muss diese Demokratie für alle 111.000 Mitglieder gelten und nicht nur für jene, die die örtlichen, zeitlichen und finanziellen Möglichkeiten haben zu einer Präsenz-Mitgliederversammlung in die KölnArena zu kommen. Vor-Ort-Debatten als einzig wahre Vereinsdemokratie zu deklarieren und alle, die nicht kommen können, als zweitklassige Mitglieder abzustempeln, ist scheinheilig und dient nur der Machtzementierung jener, die glauben, sich nur die Stimmen der FC-Mitglieder vor Ort sichern zu müssen. Corona hat dazu geführt, dass der FC sich mit den virtuellen Optionen auseinander setzen muss. Der Klub muss nun beweisen, dass es ihm mit der Einheit ernst ist.
5. Die Stadt und der FC stehen vor einer Zerreißprobe.
Schon länger ist Köln keine Sportstadt mehr. Diese Lüge hat die Politik selbst entlarvt. Doch jetzt wird es wirklich ernst: An der Trainingsgelände- und der Stadion-Frage wird sich entscheiden, ob Politik und FC auf absehbare Zeit noch einmal zusammenfinden werden. Die Geißböcke machten deutlich, indem sie alle Politiker aus dem Beirat rausschmissen, wie kühl das Verhältnis geworden ist. Im September wird die Kommunalwahl entscheiden, wie der Ton ab September gegenüber den Geißböcken sein wird. Klar ist: Die Corona-Krise hat die Situation des FC verschärft, sodass der Klub die Hilfe der Politik in einigen zentralen Bereichen gut gebrauchen könnte. Will die Stadt einen starken FC, will der FC sich selbst aus der Krise befreien, wird es zweierlei brauchen: Erstens ein neues Trainingsgelände – entweder in Form eines Ausbaus am Geißbockheim oder in Form eines (politisch unkomplizierten und nicht jahrelang blockierten) Umzugs an einen anderen Standort. Zweitens eine perspektivische Lösung, dass das Stadion in den Besitz des FC übergeht – so wie vor 20 Jahren zwischen der Politik und dem Klub vereinbart. Wenn sich beide Seiten an ihr Wort halten, können Stadt und Klub viel erreichen. Wenn nicht, wird es zu Grabenkämpfen kommen, die beiden Seiten auf lange Sicht schaden werden. Die Stadt Köln wird sportlich in der Bedeutungslosigkeit versinken – mit allen wirtschaftlichen Konsequenzen -, und mit ihr der FC.
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